REVIEW

HUMAN „Human“ (Goth Rock)

HUMAN

„Human“
(Goth Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 12.12.2018

Label: Icy Cold Records

Webseite: Bandcamp / Facebook

Während sich verschiedene Magazine damit überbieten, wer denn bitteschön die neueste Entdeckung im Bereich Post Punk ist und damit teilweise das Exotische vor Qualität stellen, scheint ein Genre in Vergessenheit zu geraten. Auch wenn Grenzen rein musikalisch fließend sind, ordne ich diese Band doch klar dem Goth Rock zu. Ein Melodiewunder voller hübscher Linien, ein dunkles Timbre und ein Gespür, Gefühle mit einer galanter Tragik zu transportieren. Eine dreiviertel Stunde Rückzug und des Genießens. Atmosphärisch dichte Kompositionen mit einer verspielten Elegie, welche dezent an Film Noir Klangspektren erinnern und doch immer der Eingängigkeit ein düsteres Aufstehen der Körperhaare entgegensetzen.

https://www.facebook.com/humanbandfr/videos/321327278734973/

Franck Ligabue, Gründungsmitglied, Gitarrist und Drummer von Soror Dolorosa und Kopf dieses Solo-Projekts überzeugt mit seinem Timbre und auch die Arrangements lassen keine Wünsche offen. Traditionelle Wurzeln werden gewässert und verschnörkelte Frucht dann mit feiner Fingerfertigkeit geerntet.

Die Franzosen liefern hier ein perfektes, modernes Goth Rock Album ab, welches geschickt die Tradition beherbergt, aber auch die neuen Einflüsse nicht ausschließt. Ein feines Timbre, ein wenig Punk, ein wenig Romantik, ein wenig Verschmelzung von Fun und Tanzbarkeit mit eindringlicher Eleganz. Der Opener „Last exit before the crash“ beginnt getragen, bevor die Saiten ein druckvolles Intermezzo inszenieren, bei dem die Melancholie immer eine tragende Rolle spielt. Textlich beschreibt es eine innere Leere, den Ausbruch, das Alte ins Neue zu führen und der damit verbundene Zwiespalt.

Mit verspielten Tasten unterlegt folgt das verführerische „Feeding the ocean“. Welches nuanciert mit experimentellen Kreationen spielt und galant die Sperrigkeit zur Einheit führt. Während „Cage the monster“ mit reichlich Saiten-Gefrickel in Richtung Prog-Rock tendiert, überzeugt das ruhig dahinfließende „This part of me“ mit balladeskem Charme. „Window pain“ ist etwas schwungvoller inszeniert. Die Saiten sphärisch, der Bombast reduziert. Ein Song der sich auf das Wesentliche beschränkt. Das Schlussepos „Breakin’up the shackles“ beherbergt ein ausladendes Outro, welches die Gitarre zum Spielzeug erhebt. „Hypnophobia“ ist abgedreht wie ein LSD Trip, erzeugt Farben vor dem Augen und besitzt dennoch diese elegische Schwere, die es braucht, um das Schwarzherz zu betören.

Fazit: Franck Ligabue hat mit HUMAN ein interessantes Projekt am Start, welches dezent neue Wege beschreitet und dennoch die Liebe zu „alten“ Bands wie The Mission durchscheinen lässt. Der Wechsel zwischen progressiven Tonagen und eingängigem modernen Düsterrock ist gelungen. Eingeworfene Sprengsel aus Klassik, orientalische oder Western- Eruptionen fügen sich ebenso perfekt ins Gesamtbild wie die von Saiten getragene Prog-Rock Komponente. Die Einleitung sollte dazu dienen, Aufmerksamkeit zu erzeugen, mir ist auch klar, dass HUMAN mit den Genres Cold Wave und/oder Post immer kokettiert. Das Gesamtkonstrukt ist aber in sich rockiger strukturiert. (andreas)

Covern können sie auch:
https://www.facebook.com/humanbandfr/videos/1695842890473452/