REVIEW

[SOON] „Better Days“ (Melancholic Dark Rock)

soon[SOON]

„Better Days“
(Melancholic Dark Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 23.09.2016

Label: Oscillation Music/AL!VE

Webseite: Facebook / Homepage / Wikipedia

Die Hamburger Formation setzt 3 Jahre nach „Dead-End Street“ ihren Weg konsequent fort, wobei der dezente Depeche Mode/Paradise Lost Anteil weiter zurück geschraubt wurde. Hard Rock mit Synthklängen und eine fein eingeflochtene Melancholie treffen auf brettharte und trocken geriffte Saiten. Ihre Stärken hat die Band sicherlich in den ruhigen Songs/Phasen. Teils sphärische Songs wie „Blessing in Disguise“ oder „Truth“ verbinden diese Passsagen mit einer galanten Härte, wobei Sänger Eric geschickt zwischen Shouter und Erzähler variiert.

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Im Gesamtkontext bildet „Better days“ ein druckvolles, teilweise brachiales Werk, welches die zivilisationskritischen Texte perfekt untermalt. Entfremdung des Individuums ist der Lyrik immanent und bildet den Hauptbestandteil von „Blessing in Disguise“, welches melancholisch bis verträumt beginnt und plötzlich von einer wütenden Rhythmusfraktion gebreakt wird. Das Spiel wiederholt sich und der Hörer wird hin und her gerissen, wobei die Vocals sowohl in Strophe wie Refrain von Verzweiflung nur so strotzen und Hoffnungslosigkeit mit Aggressivität verschmelzen lassen. Der Titelsong gibt sich trotz der harschen Saitenattacken sehr eingängig. Erneut thront der Refrain, der sich nicht scheut den Bombast mit puristischem Soundgewitter zu unterlegen. Gelungen der Prog-Anteil, der einfach da ist, unerkennbar. Gelungen die Synths, die einfach da sind, unerkennbar. Gelungen das Riffing, immer auf die Zwölf, dennoch verspielt. Gelungen der Gesang, prägnant, Ausdrucksstark, teils verloren, teils fragile, teils mit enormer Wut.

Wie schon gesagt, die ruhige Seite ist enorm gelungen, am deutlichsten manifestiert in der wunderschönen Piano Ballade „Out of Mind“, der kurze Rausschmeißer berührt, ohne die zuvor gehörten Soundkreationen zu manifestieren. Eher ein Ruhepol, ein autogenes Kurztraining, quasi Tabula Rasa, die Blaupause zum Gedanken machen. Und dann… bleibt der Gedanke, nicht an der Musik hängen, sondern befüllt das Gehirn mit Nachdenklichkeit.

Fazit: Ja, ja, ich geb es zu, am Anfang, bei den ersten Durchläufen fesselte mich das Werk nicht (Das Kulturbanausertum ist ständiger Begleiter des Gehörs). Die Review wäre anders ausgefallen, die Fokussierung auf die Rhythmusfraktion verhinderte den Blick zur Tiefe. Erst später, wenn man den Fokus auf einzelne Songs lenkt und das Songwriting aufsaugt, die Energie nicht nur in Riffs erkennt, sondern im Gesamtkosmos von „Better Days“ und zu guter Letzt die Dunkelheit in Texten und Musik erkennt, erst dann eröffnet dieses Album seine ganze Faszination. Sicherlich ist das Album mit 35 Minuten sehr kurz geraten (keine Phrasen diesbezüglich), aber die Zeit wird relativ, wenn weder Fans noch Zufallshörer einen Füller zu beklagen haben. (andreas)