REVIEW

SMELTZ „Schön ist anders“ (NÖH)

SMELTZ

„Schön ist anders“
(NÖH)

Wertung: Gut+

VÖ: 09.11.2018

Label: Deliciuos Releases

Webseite: Facebook / Homepage

Humor und Musik… Zynismus und Musik… Sarkasmus, schwarzer Humor und Wiener Schmäh, Tarantino trifft Karl Valentin. Das alles trifft auf straighte Gitarren, welche sich leicht grungig dem textlichen Treiben lächelnd entgegenstellen. Und im Hinterzimmer umarmen sich Huxley, Orwell und Sartre und können vor Lachen gar nicht mehr dem feuchten Trunk frönen. Bis Hume aus der Ecke kommt, etwas von Empirie erzählt und das Lachen im Halse stecken bleibt.

SMELTZ kommen aus Österreich und machen daraus auch keinen Hehl, zumindest verleugnet man nicht den Dialekt. Ich würde sogar sagen, des Öfteren wird er betont. So klingt das Gesagte nicht ganz so Extrem. Die Formation um Markus Testroy (Die Kammer) spielt mit den Zuhörer und legt ihm ein textliches Schmankerl nach dem Anderen vor die Tür des Gehirns.

„Architekten“ beginnt mit straighten Saiten und rhythmischen Drums, darüber legt sich dann ein druckvoller Gesang, der den Erzähler mimt und über Dingen philosophiert, welche zum Mahnmal einer modernen Welt geworden sind. Die Architekten sind die Vertreter der Wahrheit und der Realität, wobei zwischen den Zeilen immer wieder die Kausalität oder der Zusammenhang beider Empirien in Frage gestellt wird. Dieses Spiel wird im folgenden „schöne neue Welt“ vollendet.

Harte Gitarren, ein wildes Treiben, durchdringende Härte und mittendrin, ein Sänger, der fast lächelnd von Revolution und/oder Modeerscheinungen singt. Wild eruptiv, elektrische Gitarren, Rückkopplungen, dezent angedeutete Hookline- Härte, progressives Zwischenspiel usw.

Noch besser geeignet für alle Zyniker des Landes ist „Früher war alles besser“. Nicht aus der Sicht des 80er Romantikers, sondern aus Sicht des Menschenfressers, des Sittlichkeitsverbrechers oder von Mecky Messer. Anstand und Moral aus der Sichtweise einer ganz anderen Richtung. Den alten Straftätern geht es nun mal so, dafür gibt es Neue? Immobilienmakler, Aktionäre, Vorsitzende, Politiker usw. Dazwischen immer wütende Ausuferungen, wie in „diese Seite der Wahrheit“, hernach wieder diese klangvolle Ruhe, welche das Sofa besetzt, um ganz langsam die Rohheit in die Szenerie zu werfen. SMELTZ fahren Achterbahn mit dem Hörer, das Atemholen ist eher nicht vergnügungssteuerpflichtig. Das Gesamtgefüge braucht das Zuhören, das Achten auf die Texte, ansonsten verliert man den Anschluss und fährt nur beiläufig in den Abgrund. So bleibt „B72“ hängen. Allein wegen der dauernd (meist mit Inbrust) gestellten Frage bzgl. des Stillstands der Welt an einem ganz bestimmten Tag.

Fazit: Wiener Mundart im bluesigen Heavy-Rock Gewand und spannende Texte, welche das aktuelle Spiel der Moderne spielen, welches besagt, dass Polit-Kabarett heuer nur noch zitieren muss um das zu erzeugen, wovon vorherige Generationen um Hildebrandt, Hader oder Richling ganz mühsam recherchieren mussten. Smeltz sind die Lisa Eckhart des Rocks, ein ungeschöntes Beschreibungs-Mahnmal des guten Geschmacks für den nicht herrschenden Common Sense, oder das genaue Gegenteil. Passend für ein Land, dessen Präsident die Pubertät zum pickeligen Arsch der FPÖ werden ließ und nicht nur bei Merkel Muttergefühle hervorluken ließ. Aber die Beschreibung der Moderne ist das augengezwinkerte Maß für das halbvolle Glas. Der Mensch an sich…. (andreas)