REVIEW

KING DUDE „Sex“ (Dark Rock)

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„Sex“
(Dark Rock)

Wertung: gut

: 28.10.2016

Label: Ván Records

Webseite: Facebook

Das neue KING DUDE-Album ist definitiv anders, als ich es erwartet habe. „Fear“ und „Songs of flesh & blood – In the key of light“ sind wahre Götteralben in meiner Welt und ich liebe seinen düsteren Klang und seine Geschichten von Liebe, Tod und Teufel. Leider finde ich das Album nicht so unglaublich genial wie die Vorgänger, denn er variiert seinen eigenen Sound und klingt mitunter wie andere, vielleicht ist es der Sinn des Daseins als Künstler, sich neu zu erfinden? Auf jeden Fall! Der Sprung von „Burning Daylight“ zu „Fear“ war ja auch schon beachtlich. Leider empfinde ich das Album, gemessen an meinen ureigenen KING DUDE-Maßstäben, musikalisch manchmal etwas zu beliebig.

Auf „Sex“ schlägt er mitunter andere Töne an und vielleicht hat sein Tourleben abgefärbt, aber er widmet das neue Album in Gänze der schönsten Nebensache der Welt… dem Sex. Dafür ändert er, wie bereits erwähnt, auch sein musikalisches Auftreten und klingt bei „Holy Christos“ nach TIAMAT, „Who taught you how to love“ erinnert an TYPE O NEGATIVE und bei „I wanna die at 69“ (nein, er meint damit nicht das Alter) packt er endlich die Teufelsmusik schlechthin, den Blues, aus.

Bei „Sex Dungeon USA“ regiert der Rock’n’Punk… jawoll. Der Song dürfte der punkigste sein, den der King jemals aufgenommen hat; roh ungestüm und mit beinahe Black Metal-artigen Vocals knattert er durch den Song. „Conflict & Climax“ ist ein Instrumental, mit genial verstörenden Sounds und Gitarren und wie ich „The Leather One“ einordnen soll, weiß ich auch nicht… vielleicht ganz grob in die experimentelle Nick Cave-Schublade? Hätte er bei „Swedish Boy Drum“ etwas mehr Twang in die Gitarren gepackt, wäre das subliminale Surffeeling noch evidenter, aber der Song rockt einfach geil nach vorne und macht tatsächlich Spaß. An Spaß auf einem KING DUDE-Album muss man sich auch erst einmal gewöhnen… bei „Prisoners“ denke ich an Wave-Bands der Achtziger und mit „The Girls“ hat er einen Fake-Livesong untergebracht, bei dem er so klingt, als würde er in einer Cocktailbar spielen; weniger musikalisch, eher von seinen und den Publikumsreaktionen her. Auch dieser Song ist ziemlich gut geraten und mit vielen Soundspielereien gemischt worden, was besonders mit Kopfhörern Spaß macht.

Es gibt auch noch das bekannte und typische KING DUDE-Stück „Our love will carry on“ von der Split-7“ mit (DOLCH) und so mag ich meinen Dude am liebsten. Schwer, dunkel, mysteriös, die Geschichte erzählt von Liebe und Tod; großartig. In die gleiche Kerbe schlägt „Shine your light“… lediglich der Dude und sein Klavier und dezente Hintergrundchöre tragen dieses wunderschöne Lied.

Um nicht missverstanden zu werden: der Dude kann gar nicht schlecht klingen, denn auch auf „Sex“ ist sein Charisma spürbar. Da ich ihn oft genug mit NICK CAVE verglichen habe, darf ich auch seinen Werdegang mit „Sex“ in diesen Kontext rücken: wer NICK CAVE über die Jahrzehnte verfolgt hat, wird sehen, dass er niemals vor Experimenten gescheut, sich permanent neu erfunden und (was das Wichtigste für ein menschliches Wesen sein dürfte) entwickelt hat. Wer wäre ich, wenn ich es dem King vorhalten würde, wenn er macht, wonach ihm der Sinn steht? So ein Verhalten steht keinem Fan zu und das ist gut so. Auch wenn die musikalische Ausrichtung nicht immer meinen Geschmack treffen oder vielmehr an meiner Erwartungshaltung zerkratzen, sind die meisten Songs feinste Kunst und so klingt KING DUDE Anno 2016; als ich mich selbst ein wenig von meiner Erwartung gelöst hatte, konnte ich das Album durchaus genießen. (chris)

P.S. Hört euch unbedingt mal das neue NICK CAVE AND THE BAD SEEDS-Album „Skeleton Tree“ an! Wahre Kunst, geboren aus Schmerz. Großartig!