EMPFEHLUNG, REVIEW

NEW MODEL ARMY „From Here“ (Independent Rock)

NEW MODEL ARMY

„From Here“
(Independent Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 23.08.2019

Label: earMusic / Edel

Webseite: Homepage

Dem eigenen Stil treu bleiben, aber trotzdem nicht langweilig werden – nur wenige Bands beherrschen das so gut wie NEW MODEL ARMY. Die neue CD „From Here“ bestätigt dies auf besonders eindrucksvolle Weise. Wie immer werden vorrangig bewährte Stilmittel verwendet. Neues findet nur punktuell statt. Doch dieser Hauch des Neuen entfaltet eine große Wirkung. So besitzt auch „From Here“ das, was bislang für jede NMA-Scheibe typisch war: eine eigene Identität. Worin besteht die Einzigartigkeit von „From Here“?

Lieder mit langen Spielzeiten waren bislang kein Markenzeichen von NMA, bei dieser CD ist das anders. Zwei Lieder weisen eine Länge von 6 Minuten auf, der Titelsong ist sogar 8 Minuten lang. Diese Stücke beinhalten epische Strukturen, wie man sie bisher von NMA nicht kannte. Das Neue wird sehr wirkungsvoll in Szene gesetzt, denn es befindet sich an den exponierten Stellen des Albums. Am Anfang steht „Passing Through“, am Ende der Titelsong. Der vorletzte Song heißt „Setting Sun“. Die drei epischen Lieder bilden einen kunstvollen Rahmen für das übrige Werk.

Die „Rahmen“-Lieder sind sehr schön gestaltet. Dank ihrer komplexen Struktur bleiben sie auch interessant, wenn man sie häufig anhört. Alle drei Stücke weisen eher einen ruhigen Charakter auf. Doch insbesondere der Titelsong besitzt auch eine dynamische und wilde Seite. Es ist sehr spannend, zu verfolgen, mit welcher Raffinesse sich die energiegeladene Seite im Lauf von 8 Minuten immer mehr Bahn bricht!

Innerhalb des „Rahmens“ gibt es 9 Lieder zu hören, sie sind alle zwischen 3 bis 5 Minuten lang. Diese Lieder sind relativ eingängig, es werden kompakte Strukturen präsentiert. Vor allem das – für NMA-Verhältnisse – heiter klingende „Where I Am“ ist ein echter Ohrwurm. Nichts gegen diesen Ohrwurm, doch die stärksten Tracks sind für mich „Never Arriving“, „The Weather“ und „End Of Days“. Sie stehen für das, was mich an NMA am meisten begeistert: druckvolle Rhythmik, packende Melodik, intensive Emotionalität! Wobei diese Emotionalität vor allem dramatische und melancholische Seiten hat. Die drei Stücke folgen direkt im Anschluss an den epischen Opener.

Eine besondere Erwähnung hat auch „Maps“ verdient. Während des gesamten Songs kommt ein Cello zum Einsatz. So entsteht eine sehr dunkle und unheilvolle Stimmung. „Maps“ ist eher ein langsames Lied, trotzdem wirkt es sehr unruhig. Dies liegt vor allem an einem wuchtig peitschenden Schlagzeug. Der beschwörende Gesang Justin Sullivans überwölbt die schaurige Szenerie auf perfekte Weise. Ein weiteres Stück, das den Hörer wirklich zu packen weiß, ist „Watch & Learn“. Der Track kommt wie eine Dampfwalze daher, ist sehr kompakt strukturiert und beißt sich tief im Gehörgang fest. „Watch & Learn“ klingt roh, unerbittlich und bedrohlich.

Es würde zu weit führen, alle Lieder zu beschreiben. Nur so viel: Alle sind hörenswert! Keines gleicht dem anderen, tatsächlich sind alle sehr verschieden. Erwähnenswert ist noch, dass Sullivans Gesangsleistung famos ist, auch weil sie dieses Mal besonders vielfältig ist.

Inhaltlich geht es um typische NMA-Themen: die Vergänglichkeit der Dinge, die Schönheit der Natur, die zwischenmenschlichen Beziehungen. Direkte politische Aussagen gibt es im Vergleich zu anderen NMA-CDs eher wenige. Dennoch wird deutlich: Die Zerstörung der Natur durch den Menschen beunruhigt Sullivan stark.

Fazit: Wie gewohnt legt NMA ein Werk vor, das sehr stark der eigenen Traditionspflege verpflichtet ist. Wie immer wird auch Neues integriert, auch „From Here“ besitzt eine eigene Identität. Das Neue wird vor allem durch drei epische Stücke zum Ausdruck gebracht. Man muss die CD einige Male anhören, bis sich ihre großartige Qualität vollständig offenbart. Es gibt NMA-CDs, die schneller zünden. Letztlich zählt aber: „From Here“ ist eine faszinierende, vielschichtige Scheibe. Sogar bei häufiger Rotation begeistert sie noch! Also: Es ist wieder einmal alles wunderbar bei NMA! (stefan)