REVIEW

MOLLLUST „In Deep Waters“ (Symphonic Opera Metal)

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„In Deep Waters“
(Symphonic Opera Metal)

Wertung: Gut+

VÖ: 25.09.2015

Label: Eigenproduktion

Webseite: Homepage / Facebook

MOLLLUST sind nicht die erste Band, welche Klassik mit Metal verbindet, allerdings merkt man den Musikern in jeder Faser, auch in der heftigsten, die klassische Ausbildung an. So besticht man auf dem Zweitwerk (2012 erschien das Debüt „Schuld“, hinzu kommt noch ein Mini Album mit Bach Coverversionen) mit ausgefeilten Arrangements. Geschickt auch die Balance zwischen Bombast und getragener Dramatik. Im Gegensatz zum Debüt wird diesmal auch in Englisch gesungen, was der Band auf dem internationalen Markt mehr Chancen einräumen dürfte.

Bereits der Einstieg mit „Ouvertüre 2“ zeigt die glänzende Handhabung der Instrumente. Ein dramatisches Kleinod, dessen Spiel mit Laut/Leise ebenso begeistert wie der Wechsel zwischen verworrenen Tönen und gefühlvoller Instrumentierung. Das folgende „Unschuld“ variiert zwischen Tasten (Atonal), Streichern (Harmonie) und Percussion (Bedrohlich). Der Gesamteindruck wechselt zwischen treibender Energie und wohlfeiner Strukturunterbrechung. Je feiner das Streich-Ensemble agiert, je verworrener das Riffing. Die Arie kombiniert sich zum Choral. Die Tasten zeugen von unterdrückter Aggressivität, als wollten sie die Saiten tragen.

„Evenfall“ ist durchzogen von wildem Riffing, während die klassischen Instrumente zwischen atonaler Vehemenz und barocker Opulenz rocken, jazzen oder orchestrieren. Die weiblichen Stimmbänder sind betörend, während das tiefe männliche Pendant zwischen Romantik und Wucht pendelt. Wesentlich getragener erklingt „Paradis perdu“, welches sich langsam entwickelt und zu Beginn eine sakrale Stimmung verbreitet. Die Violinen erstreichen sich eine Träne zwischen Verzweiflung und Wut. Das Arrangement ist von reichlich Breaks durchsetzt, welche den Hörer zwischen Dramatik und Harmonie wandeln lassen. Die strukturell eingeflochtene Schrägheit wird durch den Sopran konterkariert, wobei die Stimmlage in Phasen extrem hoch erklingt. Die Tasten sind zudem von einer ungezügelten Wildheit beseelt, was perfekt in die Koexistenz mit den Saiten passt.

Aufgezogen als Rock-Oper überzeugt „Visions of Dead“ durch seine stringente Energie, welche sich in einem voluminösen Refrain ergießt. Dann sind wieder diese weichen Tonagen bestimmend, welche eine ungeahnte Ruhe ausstrahlen, der Sturm ist aber immer in Wartestellung und bricht oftmals als Ensemble aus. Selbst in den krachend bis exzessiven Momenten gelingt es der Band, das einzelne Instrument hörbar zu machen. Hier ist nichts dem Zufall überlassen, auch wenn man den Eindruck einer Verarbeitung der Chaostheorie hat, übernimmt irgendein Instrument die Führung und legt den roten Teppich für Sängerin Janika aus. Das Besondere sind die Disharmonien, die den Hörer verstören und der galante Weg daraus in Melodiebögen, welche als kurze Verschnaufpausen das Klanggebilde in sphärische Eleganz verwandeln und zum Innehalten ermutigen. Insgesamt ist man damit vom Mainstream-Opera-Metal soweit entfernt wie der Pluto von der Sonne, wo wir dann bei der kühlen Ästhetik angelangt wären, welche gerade in ruhigen Facetten erscheint.

Mit einer fröhlichen Leichtigkeit präsentiert man „Spring“, das durchaus Mozart-like daherkommt. „König der Welt“ ist ein Zwiegespräch zwischen Narzißmus und Bewunderung, wobei am Ende nur Blendwerk übrig bleibt und insgesamt auch die feine Ironie nicht auf der Strecke bleibt. Musikalisch trifft hier Lieblichkeit auf trockene Härte. „Papu“ ist eine Melange aus Huldigung und leiser Kritik an den Papa, der nicht versteht oder nicht verstehen will, das sein kleines Mädchen erwachsen wird und eigene Wege geht. Sehr getragen inszeniert und doch mit Nachdruck dargeboten.

Fazit: MOLLLUST gehören mit Sicherheit zu experimentellsten Vertretern des Genres. Dem Hörer bleibt nur die Wahl, sich von einem anstrengenden Hörgenuss entführen zu lassen oder ein Klangerlebnis der besonderen Art zu verpassen. Entmainstreamter Opera Metal mit vielen kleinen Finessen. Aufmerksamkeit trägt zum Genuss bei. (andreas)