EMPFEHLUNG, REVIEW

WILT „Into Nothingness“ (Old School Death / Doom Death Metal)

WILT

„Into Nothingness“
(Old School Death / Doom Death Metal)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 17.03.2023

Label: Eigenproduktion

Webseite: Homepage / Instagram / Bandcamp

Die aus Herford stammende Doom- / Old School Dampfwalze namens WILT veröffentlicht am 17.03.2023 ihren zweiten Longplayer mit dem Titel „Into Nothingness“. Gegründet wurde WILT bereits 2011. Nach ein paar Besetzungswechseln ist das Line Up jedoch seit 2013 fest und es gab keinen Neuzugang mehr. Lediglich die einschneidende Veränderung von einem Fünfergespann zu einem Quartett musste die Band nach Veröffentlichung der ersten Demo 2014 noch verkraften, da Sänger Susch die Band verließ. Man entschied sich daraufhin gegen die Suche nach einem neuen Mitglied und Basser Matze übernahm zusätzlich den Job des Sängers, denn während der Proben merkte man schnell, dass die geplante Übergangslösung, ihn am Mikro einzusetzen, hervorragend funktionierte. 2018 wurde dann das erste Full-Length „Faces Of The Grave“ veröffentlich. Nachfolgend veröffentlichte man 2020 mit der EP „Regorged“ eine Neuauflage von 4 Songs der ersten Demo mit der aktuellen Besetzung. Nun steht endlich „Into Nothingness“ vor der Tür.

Wer meine Review zur ersten Singleauskopplung „Dracunculus Medinensis“ (Link: https://magazin.amboss-mag.de/wilt-dracunculus-medinensis-old-school-death-doom-death-metal/ ) bereits gelesen hat, der weiß, WILT spielen gradlinigen, doomlastigen Old School Death Metal der schwedischen Gangart. HM2 war stehts die Hauptwaffe der Instrumentalgestaltung und das hat sich bei „Into Nothingness“ nicht verändert. Was sich jedoch merklich zum ersten Album verändert hat und sich bereits in der zuvor erschienen EP ankündigte, ist die Entscheidung in der Soundausrichtung, weniger Dreck mitwirbeln zu lassen und ein wenig mehr Klarheit einzusetzen. Das tut dem Ganzen sehr gut, denn Einzelheiten kommen viel besser zur Geltung. Das Arrangement der Songs fühlt sich nach Bandgefüge an und der Sound lässt jedem seinen Platz. Wurde das erste Album ebenso wie das jetzige Neuwerk bereits im „The Basement“ des bandeigenen Gitarreros Marko Sundermann aufgenommen, lässt die bemerkte Veränderung darauf schließen, dass die Wahl den Mix und Master an Laurent Teubl (Sculpt Sound Studios) zu übergeben damit zu tun haben muss. Dieser hat unter anderem schon bei ähnlich angesiedelten Bands wie CARNAL TOMB für das finale Abrunden des Sounds gesorgt. Laurent ist Meister seines Fachs und weiß, wie man aufräumt, ohne es überproduziert und unauthentisch klingen zu lassen. WILT haben meiner Meinung nach mit dieser Wahl alles richtig gemacht. Aber kommen wir zurück zum Vor-der-Tür-stehen.

Das Album wird mit dem namensgebenden Song „Into Nothingness“ eingeläutet. Noch etwas zurückhaltend und gar ein wenig melodiös wird mit dem Intro an die Tür des Hörers geklopft. Das wiegt in Sicherheit und schafft Vertrauen und öffnet die imaginäre Eingangstür zum Einlass. Doch plötzlich verschwindet die Melodie und ein tiefes, drückendes Riff in Begleitung von grollenden Tiefvocals steht im Türrahmen und bewegt sich langsam wie Nebel in die Eingangshalle. Der Song ist nun endgültig drin. Zu schwer und zu bedrückend, um ihn wieder loszuwerden und er will keinen Tee, er will in Dunkelheit hüllen.

„No Vital Signs“ startet hingegen direkt. Kein Introriff, gleich rein. Gehaltene Noten in schnellem Anschlag, treibendes Schlagzeug und ebenfalls sofort die tiefen Growls. Gelegentlich mischt sich ins Growling kurzes, tiefes Brüllen. Der Song hat Energie und in genau den richtigen Momenten kehrt er zum Anfangsriff zurück. Zu meinem Erfreuen wurde dem Basssound ein gutes Stück Zerre entfernt. Er ist zwar dumpf gehalten, jedoch kommt er besser (oder in dem Kontext lieber: bässer) zur Geltung und verschwindet nicht in den Gitarren. Zum Schluss wird ein sehr schönes, melodiöses Solo gespielt. An dieser Stelle hätte etwas weniger Hall und ein bisschen mehr Tiefmitten vielleicht gutgetan, denn ganz fügt es sich soundtechnisch nicht in den Song und wirkt etwas alleine, auch wenn die Rhytmusfraktion dem Solo ein wirklich gutes Teppichgeflecht gelegt hat und es spieltechnisch klasse in den Song einbindet.

Ähnlich wie „No Vital Signs“ startet der nächste Song „The Tank“, welcher die zweite Singleauskopplung des Albums darstellt. Direkter Einstieg. Jedoch ist das Riffing langsamer von der Spielweise her. Kein schneller Wechselschlag, sondern Anschlagstempo raus, aber keineswegs weniger aggressiv. Der Song macht seinem Namen alle Ehre und walzt über den Hörer hinweg, wie ein Panzer über das Schlachtfeld. Die palmmuted strokes, die im Song wiederkehrend zur Verwendung kommen erinnern an schnellen, panischen Herzschlag von Menschen, die sich versuchen versteckt zu halten. Das Schlagzeug klingt wie Einschläge und Maschinengewehrfeuer und untermalt das Chaos eines Schlachtfeldes.

Als Nächstes folgt sehr doomig „Charon“. Die schweren Riffs werden durch raffinierte Zwischenparts geschickt voneinander getrennt und gleichzeitig halten diese kurzen, schnellen Einspieler den Song zusammen und am Laufen. Drückende Schwere durchdrungen von nervösem Aufschrecken. Auch hier fällt mir besonders das Schlagzeug auf, welches zusätzlich Spannung in den Song bringt und genau das bietet, was der Song an den jeweiligen Stellen benötigt.

Mit dem Song „The Blackest Of Soil“ ändert sich die Ausrichtung des Albums ein wenig. Nicht, dass er komplett anders ist und nicht passt, man erkennt die Zugehörigkeit des Songs zum Album definitiv. Dennoch hat er im Gegensatz zu den Songs zuvor einen gewissen Thrash Metal-Einschlag, gerade zum Start. Das Riff sowie die Vocals zu Beginn fallen durch ihre Death-Trash-Attitüde sofort auf, gehen dann aber wieder in das WILT typische Spiel mit Doom-Hauch über. Beides wechselt sich ab und mündet in einen instrumentalen Bridge-Part, der dem Bass viel Raum eingesteht und richtig gut funktioniert. Auch wenn der Bass keine extra Ausschweifungen hinlegt, macht er dieses Riff durch die gesteigerte Wahrnehmbarkeit im Mix an der Stelle dennoch knackiger. Anschließend endet der Song im gradlinigen Riff und hinterlässt den Hörer überrascht, aber sehr angetan.
Das Anfangsriff zu „The End Is Near“ setzt der Thrash-Attitüde nochmal einen drauf und einem wird bewusst, dass „The Blackest Of Soil“ auf diesen Song hinarbeitete. Ich bin schwer angetan vom Gesamtpaket des Songs und auch von der Platzierung im Album. Wäre er früher gekommen, wäre das Herausstechen zu groß gewesen und der Song hätte im Album gegebenenfalls nicht funktioniert aber so, an dieser Stelle, ist er einfach die logische Schlussfolgerung im Ablauf des Albums. Großes Lob extra an dieser Stelle, für die Platzierung des Songs. Passt wie die Faust auf’s Auge. Das kurze Solo in dem Song hat ebenso Hall abbekommen wie das zuvor erwähnte, passt sich aber dennoch super ins Gefüge und den Sound ein, was vermutlich daran liegt, dass um das Solo herum in den Rhytmuseinheiten mehr Noten eingearbeitet sind und es kein Teppich gibt, sondern parallellaufende Spuren. Gefällt mir sehr gut.

„Convulsive Possessions“ startet im Gegensatz zu den zwei Songs zuvor wieder als klassisches Death Metal-Brett und bleibt auch dabei. Diesmal wechselt der Song auch nicht in drückend schwere Doomigkeit und ist von vorne bis hinten Death Metal Reingenre und sägt einfach durch. Headbanger für Liveauftritte würde ich meinen. Die Idee das Soloriff in der Mitte des Songs sowie nochmal zum Schluss zu verwenden, funktioniert sehr gut und man freut sich, das Riff zum Ende erneut zu hören, auch wenn hier wieder das Hallproblem etwas auftaucht, nur nicht so ausgeprägt, wie bei „No Vital Signs“.

Abschluss findet das Album in „Dracunculus Medinensis“. Da ich diesen Song als Singleauskopplung wie erwähnt bereits ausführlich betrachtet und reviewt habe, braucht es an dieser Stelle keine Detailierung dazu. Der Song ist ein absolut gelungener Abschluss für das Album und fasst dieses hervorragend zusammen, wie man nun mit einem Komplettblick auf das Album erkennen kann.

Passend zum Albumcover, welches dieses Mal von Juanjo Castellano Rosado erschaffen wurde, besitzt das Album an vielen Stellen eine schwere Düsternis und Finsterheit. Gerade der Titelgeber des Albums und „Charon“ schlingen sich drückend wie eine 8-Meter-Anakonda um deine Beine und pressen dir das Blut aus den Fesseln, bis du deine Füße nicht mehr spürst und hart zu Boden gehst und dann ist es für sie ein Leichtes, dich in der Finsternis ihres Verdauungstraktes verschwinden zu lassen. Nach hinten raus wird das Album immer mehr zum Old School Death Metal-Sägeblatt, gipfelt in „The End Is Near“ und verlässt den Schauplatz mit einem nachhaltigen Eindruck. Mit der Songreihenfolge wurde hier meines Erachtens schwer gepunktet. Der Spannungsbogen ist genau richtig gesetzt. Potenzielle Längen werden nicht zur Langatmigkeit und im genau richtigen Moment werden sie mit spannenden Elementen unterbrochen. Fast so, wie eine Fahrt auf der Route 66. Unglaublich cool aber bevor einem die Länge der Strecke langweilig wird, wird diese durch eine Tankstelle oder kleine Örtchen durchschnitten und vertrieben und schon kann es motiviert und freudig weitergehen. Der Sound ist bis auf das Soloproblem hervorragend gesetzt worden. Die Gitarren untereinander ergänzen und nehmen sich nicht den Raum, der Bass kommt zur Geltung, legt Fundament und beißt sich nicht mit den Tieffrequenzen der Bassdrum. Die Vocals sind kraftvoll, tief und die Phrasierung ist spannend. Besonders positiv ist mir an vielen Stellen das Schlagzeug aufgefallen. Großartiger Job! Und im Gesamten ergibt alles einen ausgewogenen, authentischen Sound.

Ich kann jedem, der auf ehrlichen Old School Death und Doom steht dieses Album einfach nur ans Herz legen. Hört rein und supportet die Jungs aus Herford! Cheers! (yves)