THALIA NÊMÊSIS
„S/T“
(Dark Chanson Wave/ Cold Wave)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 16.01.2014
Label: Eigenproduktion/Infrastition/ Swiss Dark Nights distro
Hinter THALIE NÊMÊSIS steckt die Sängerin und Multiinstrumentalistin Thalie, welche das Projekt vor zwei Jahren ins Leben rief. Auf ihrem Zweitwerk (2012 erschien „Winter Songs“) glänzt die Französin mit einer ganz eigenen Art von Dark Wave. Die musikalischen Strukturen besitzen einen orchestralen Klang und der Gesang wird von dunklen Stimmbändern mit unglaublicher Ausstrahlung intoniert.
Thalie lässt ein Klangspektrum entstehen, dessen bedrückende Atmosphäre geprägt ist von wunderschönen, schwarzen Melodielinien. Die Vocals, welche sich einem dunkel-erotischen Leiden nähern, agieren kraftvoll und voluminös. Im Mark der stimmlichen Eleganz offerieren sich verschiedene Gefühlswelten zwischen Verzweiflung, unterdrückte Aggression, Erhabenheit und Wehmut.
Der Opener („The Hunting“) entsteht aus einem dunkel-wavigen Intro, welches ein wenig an die Songeinleitungen von Cure’s „Pornography“ erinnern. Sobald dann die galanten Vocals einsetzen, ist man zunächst gefangen vom Klang der Stimme, hinzu kommt eine leicht schräge Elektronik, die sich hypnotisch austaffiert. „NÊMÊSIS“ kommt etwas getragener daher und mit coldwavigen Touch behaftet führt uns der Song hin zu einem eindringlichen Refrain, der im Ausmaß des Volumens einer Beschwörungsformel gleicht. Eingeflochtene Shoegaze Saiten sorgen für dunkel rockige Facetten, ohne die dichte Atmosphäre zu sezieren und zum Ausklang gibt es tief gestimmte Tasten. Das eher von Minimal Elektronik getragene“I’m a witch“ zeigt Thalie als Chansonette mit Eartha Kitt- Gesang. Eine bedrückende Eleganz durchfährt den Hörer. „Waste“ ist eins der abgedrehteren Stücke. Zunächst erinnert man sich mit verzerrten Saiten weit zurück, zu Beginn des Post Punks, dann gibt’s dezente Breaks und Tastenkombination schleichen durch die Szenerie, um dann in eine dunkle Bar einzutauchen und durch verqualmte Nebelschwaden die Stimme mit allen Sinnen aufzunehmen. Ein schleppendes Schlagzeug sorgt für eine zusätzliche, dezent gedimmte Atmosphäre, die von kühler Ästhetik beeinflusst scheint. Durch „Paris at night“ (Zusammenarbeit mit THE NIGHTCHILD) zieht sich eine betörende Melodielinie mit fast lieblicher Hingabe, bei der man erst zum Ende hin merkt, wie sehr diese eingängige Passagen den Song getragen haben. Das auf eine Story von E.A. Poe basierende „Call the Fire“ ist neben harmonisierend-dunkler Saitenarbeit geprägt von beschwörenden Schlagwerk. Der durchdringende Refrain und die Art der Darbietung erinnert ein wenig an Siouxsies Seitenprojekt CREATURES.
Fazit: Eine elegantes Intermezzo zwischen Dark Wave, Alternative, Cold Wave und dezenten Anleihen beim französischen (dunklen) Chanson, angesichts der eloquenten Gesangsdarbietung mit sinnreichen Texten dürften selbst Singer/Songwriter Vergleiche nicht zu weit her geholt sein. Thalie’s voluminöses Timbre dürfte in verrauchten Bars ebenso funktionieren wie in dunklen Clubs. Interessant wäre zudem eine Aufführung „Thalie sings Edith Piaf“. Die musikalischen Facetten des Albums erinnern an frühe Dead can Dance, dazu passt auch, dass Thalie’s Gesang in manchen Passagen wie ein zusätzliches Instrument funktioniert, ohne dass dabei der Grundstock des Textsinns verletzt wird. Großartige Stimme, großartige Klangvariationen und großartige, in dunkler Magie versinkende Atmosphäre. (andreas)