EMPFEHLUNG, REVIEW

SAINT ASTRAY „Far From Innocence“ (Dark Melodic Metal)

SAINT ASTRAY

„Far From Innocence“
(Dark Melodic Metal)

Wertung: Empfehlung

VÖ: 09.09.2013

Label: Eigenproduktion

Webseite: Homepage / Facebook

Die junge (in doppelter Hinsicht, wenn man sich das Foto betrachtet) Band aus Nürnberg und Umgebung liefert mit ihrem Erstling ein wahres schwarzes Brett ab, welches Hand-und Mundwerklich, sowie Songtechnisch zu überzeugen weiß. Hinzu kommt eine Frische und Unbeschwertheit, welche so eher selten im Dark Metal zu finden ist. Die Melange aus treibend harten Nackenbrecher-Eruptionen und tief melodiösen Doom Exzessen ist für ein Debüt schon bemerkenswert.

Nach dem nebelverhangenen dramatischen Intro („falling asleep“) kann gleich das erste Stück „nightmare Lullaby“ mit seinem verwegenen Charme glänzen. Straightes Riffing, dezent melancholische Atmosphäre und ein Chorus der direkt ins Ohr geht und zwar nicht von der Rhythmus-Fraktion ins selbige geprügelt, sondern verspielt zelebriert. Zudem versteht es Schlagzeuger Marc sein Hobby (extrem couching !) mal hintan zu stellen und sehr agil in die Szenerie zu drängen. Keyboarderin Silvia gelingt es, ihren sphärischen Tastensound sehr unaufdringlich in die Manegerie der Energie zu transportieren. Shouter Andreas Würth hat eine ausdrucksstarke Stimme, die mal klagend, mal verführerisch und auch mal mit der nötigen Aggressivität die Texte in die Gehörgänge des geneigten Hörers verpflanzt. „release me“ beginnt zunächst mit eleganten Bass Riffing, während die anderen Saiten im passenden Moment ein hartes Brett auflegen. Spannungsgeladenes Songwriting, groovige Ausuferungen, Breaks und ein wenig Stakkato in den Akkorden, sowie flächige Keys formen sich zu einem Gesamtkonstrukt, welches geschickt die Balance zwischen Düsternis und verwegener Härte hält.

Dass man auch Schwarzromantisch daherkommen kann, beweisen die Nürnberger mit dem (Alp)traumhaften „October 30th“, wobei man anlehnend an alte Goth Novellen Halloween verbal auf 30 Stunden ausdehnt (bzw. sich vom Film  The Crow inspirieren lässt, wo Eric Dravens Verlobte Shelly 30 Stunden mit dem Tode rang). Andreas gelingt auch das Experiment als dunkler Erzähler, wobei es zum Ende hin auch mal flüsternd rau zugeht. Das Saitengewitter wird ein wenig in Moll getaucht und doomigen Facetten bekommen einen latent morbiden Anstrich. Der von dunkler Melancholie getragene Chorus begeistert erneut mit einer betörenden Eingängigkeit und erinnert mich teilweise an Ever Eve. Im krachigen „fall off verzasca“ beschreibt man einen Bungee-Sprung mit negativem Ausgang. Thematisch ist man also weit gefächert unterwegs. „Promised Land“ variiert mit seinen dezent elektronischen Flächen zwischen gedrückter Härte und verworrenen, leicht hypnotischem Riffing. Stimmlich und musikalisch bewegt sich „I deny“ im midtemporären Gothic Metal Bereich. Durchdringende Melodielinien paaren sich mit hintergrundigen Riffs und gleiten auf schwarzen Pfaden in harmonische Gefilde.

Ein akustisches Schmankerl behält sich die Band zum Ende hin noch auf. „Insanity“ glänzt mit seiner minimalen Piano Akustik und gibt sich sanftmütig der balladesken Elegie hin. Die ruhigen Töne werden von warmen Vocals begleitet, wobei Andreas weibliche Unterstützung bekommt und so duettiert sich die Harmonie mit reichlich Gefühl. Wohltuend, dass sich das Quintett auch in ruhigen Gewässern weit ab von kitschigen Varianzen bewegt.

Fazit: Die Oberfranken verstehen es, dem Dark Melodic Metal genau die passende Würze zu kredenzen, die sich aus der Kombination der Genres ergeben muss. Während die Rhythmusfraktion im metallischen Klangspektrum unterwegs ist, gelingt es dem Rest einen dunklen Untergrund zu legen, deren detailreiche (Gesang, Text, Keys) Facetten zwischen schwarzromantischer Energie, Melancholie, Härte, Melodie und Atmosphäre pendeln. Fans von Paradise Lost (vor der Popphase), Sentenced oder Amorphis dürfen bedenkenlos zugreifen. (andreas)