EMPFEHLUNG, REVIEW

MIGHT „Might“ (Alternative / Doom / Stoner)

MIGHT

„Might“
(Alternative / Doom / Stoner)

Wertung: Empfehlung

: 17.07.2020

Label: Exile on Mainstream Records

Webseite: Facebook

Des Dämonen Kind ist tot! Es lebe die Macht!
Das Ableben von DEAMON’S CHILD hat mich schwer getroffen, denn ich liebe die Band und die Musik, doch zumindest ihre Musik wird mir immer bleiben.
Während des Coronalockdowns haben Ana und Missu allerdings keine Zeit verplempert und ihre neue Band MIGHT mächtig vorangebracht, so dass wir ab dem 17.07.2020 das Debüt der Band genießen dürfen.

Und man wird es genießen, wenn man sich nicht abschrecken lässt. Abschrecken? Wovon?
Von der Dunkelheit! Ich liebe düstere, schwere Musik, das sollte bekannt sein, aber die ersten Hördurchgänge erlebte ich wie in Trance, denn damit habe ich nicht gerechnet.

Es ist nicht das härteste Album oder das dunkelste Album aller Zeiten … aber was dieses Album so gewichtig wirken lässt, ist die Ehrlichkeit in den Emotionen, den Texten, der Musik und dem Gesang. Und das ist es, was das Album in meinen Augen besonders macht. Der Hörer glaubt, was er hört, und stellt es nicht in Frage.

Wenn Ana beim Song „Warlight“ die Zeilen „See the nothingness. Feel the nothingness …“ singt, …

Stopp! Kurze Pause! Hier haben mich meine Ohren getäuscht! Nicht Ana singt diese Zeilen, sondern Missu! Ebenso wie bei „Vampire“ und „Zero“ hat sich Missu hier das Mikrofon geschnappt. Ha! Akustische Täuschung deluxe! Danke an Missu und Ana für die Richtigstellung, auch wenn ich mich fast schäme, das nicht herausgehört zu haben … Hättet ihr es rausgehört? Den Beweis tritt man mit dem Video zu dem Song an! Also, weiter im Text!

Wenn Missu beim Song „Warlight“ die Zeilen „See the nothingness. Feel the nothingness …“ singt, spürst du, dass nichts da war und aus diesem Nichts haben die beiden einen der besten Songs des Albums erschaffen, was wiederum von Kraft zeugt. Wo Dunkelheit ist, ist Licht. Wo Nichts ist, ist Leben.

Ja, man singt auf Englisch. Auch das ist anders. Aber gut. Oder sogar besser als gut, denn Ana ist meines Erachtens (und ich glaube, das schreibe ich tatsächlich jedes Mal – und ich meine es jedes Mal auch so) wieder ein Stück als Sängerin gewachsen. Ihre Stimme klingt kraftvoll und gefestigt, aber auch zerbrechlich und zart; so wie es das Gefühl, das dem Song zugrunde liegt, es verlangt.

Missu hat sich wieder auf den Drumhocker gesetzt und liefert extrem stark ab und setzt immer wieder entscheidende Akzente, denn auch wie schon bei Deamon’s Child, ist es das Drumming, was die Band für mich von der Masse abhebt. Daneben ist er auch für die Gitarren zuständig und neben schnellen Gitarrenläufen wuchtet er manch schweres Riff aus seinem Instrument.

Anfangs sagte ich, dass ich die ersten Hördurchgänge wie in Trance erlebte. Ich musste mich erst durch den dunklen Schleier hören, denn er war einfach überwältigend. Aber sobald man mit der Dunkelheit Freundschaft geschlossen hat, erkennt man nach und nach die Schönheit, die in ihr lebt. Die Melodien, die Energie, die Kraft.

Überwiegend sind die Songs langsam, schwer, auch wenn mancher Songanfang uns in die Irre führen will und schnell beginnt; doch ist es immer die brachiale Heavyness, zu der die Songs zurückkehren und die mich so begeistert.

„Pollution of mind“ ist das erste Video und nach einem kurzen Intro der erste Song des Albums. Das schnellere Stück packt dich sofort und die flirrenden Gitarrenläufe fräsen sich in dein Hirn. Mir scheint, dass es das perfekte Bindeglied zwischen DEAMON’S CHILD und MIGHT ist und daher ist der Startplatz gut gewählt.

„Vampire“ kommt einem typischen Stoner-Song wohl am nächsten, den das langsam gespielte Riff und die Gesangsmelodien würden auch bei einer klassischen Stoner Band gut funktionieren, doch bei MIGHT ist eigentlich nichts „klassisch“. Im Promozettel weist man darauf hin, dass die Musik unter anderem für Fans von Chelsea Wolfe, Dolch und Neurosis geeignet wäre, und das sagt ja schon alles aus, oder?

Näher am Doom als bei „Possession“ waren die beiden noch nie und ich liebe die Schwere des Songs, der durch einen schnelleren Part perfekt akzentuiert wird.

„Weirdo Waltz“ ist für Weirdos und einer der Songs die mit Schnelligkeit antäuschen, um dich danach langsam zu zermalmen.

„Mrs. Poise“ besticht durch seinen morbiden Sound und besitzt durchaus Soundtrackqualitäten.

Das Album in eine Schublade zu stecken fällt mir außerordentlich schwer, denn die Band tritt durchaus mehrdimensional auf, denn es ist nicht nur Stoner Punk Rock, Doom, Alternative, sondern es ist alles zur gleichen Zeit und das macht es zu einem richtig guten Album für mich.

Erhältlich ist das Album als Vinyl+CD-Bundle bei Exile on Mainstream Records, wobei es keine separate CD-Version geben wird. CDs sind heutzutage auch vollkommen obsolet geworden, wenn man mich fragt. Es wird eher gestreamt oder mp3 gehört, als dass man sich eine CD mit ins Auto nimmt. Wer also keinen Plattenspieler hat oder jemanden kennt, dem er die Platte schenken könnte, bekommt die digitale Version, wie auch das Vinyl, auf der Bandcamp-Seite von MIGHT. (chris)