EMPFEHLUNG, REVIEW

GROUND NERO „Divergence“ (Goth Rock)

GROUND NERO

„Divergence“
(Goth Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 05.10.2019

Label: Danse Macabre Records

Webseite: Facebook / Bandcamp

Die belgische Dark Wave/Goth Rock Formation veröffentlichte im Mai 2017 ihre Debüt CD mit 5 Tracks, die folgende 4 Track CD „Scales“ wurde dann bei uns ausführlich gewürdigt. Mit „Divergence“ ist nun endlich der erste Longplayer erhältlich. Das Trio, bestehend aus Gwijde De Eerste (Vocals), Peter Philtjens (Bass) und Peter Smeets (Guitars / Synths) weiß erneut mit seinem treibenden Düstersound zu begeistern. Textlich beschäftigt sich, das als Konzeptalbum daherkommende Werk sowohl mit dem Auseinanderdriften im sozialen Bereich, als auch mit dem entgleisten Kapitalismus als Ursache fu¨r den „Untergang“ der Menschheit und der natürlichen Ressourcen.

Gleich der Opener „Litany“ überzeugt mit seiner kraftvollen Darbietung, während das folgende „Jabez “ eher getragen daherkommt. Bereits sehr früh zeigt sich die Qualität der Band. Hier wird nicht drauflos gespielt und die 80er kopiert. Hier ist jederzeit ein Konzept erkennbar, welches die Balance zwischen verspielt, reduziert und Bombast grandios austariert. Alles scheint einem Uhrwerk gleich aufeinander abgestimmt zu sein.

„Ball & Chain“ hat dieses frappierende Etwas, welches in kühler Eleganz gekleidet mit reichlich Energie dargeboten wird. Beziehung, Freiheit, Isolation ist die grob umrissene Thematik, wobei keine direkte Priorisierung stattfindet.

Der Titelsong und „Savannah“ beschreiben die Dualität zwischen Individuum und Masse. Im Gesamten und im Einzelnen ein schwarzfarbenes, mit betörenden Eruptionen versehenes, waviges, depressives, dennoch eingängiges Klangspektrum. Es scheint als wären die Songs durch einen unsichtbaren Faden verbunden, der nicht nur die Thematik verbindet. Auch musikalisch gibt es Aufbau, Abbau und gradlinige Elegien. Die verführerische Vehemenz in Verbindung mit textlicher Klarheit und dennoch der Finesse genügend Platz einräumen, macht das Gesamtkonstrukt samt seiner Einzelsteine zum spannungsgeladenen Erlebnis.

„They knew“ ist ein außergewöhnlicher Track. Dieses, von einem elektronischen Soundteppich getragene Stück lebt von seiner bedrohlichen Atmosphäre, wobei auch der Gesang hier anders agiert und eher sprechend bizarr daherkommt. Die Stimme soll dabei für Julian Assange stehen.

„Today no day“ beschäftigt sich auf zynischer Weise mit dem Klimawandel und stellt das „immer weiter so“ wider besseres Wissen in den Fokus. Der Song beginnt schleppend, die Dunkelheit schleicht. Der Gesang betörend, die Saiten flirrend.

Fazit: Perfekte Stimme, durchdachtes Arrangement, gelungene Melange aus treibender Energie und dystopischen Extravaganzen. Hinzu kommt ein marxistisches Grundmanifest zum Tragen, welches in die Moderne übertragen wird und dabei die französische Philosophie (Existenzialisten, Foucault) mit einbezieht. Ein atmosphärisches Kleinod, durchdrungen von verschachtelten Melodielinien (detailliert und schwarzkajaliert in Szene gesetzt), sphärischen Klangspektren und eingängigen Harmonien. Das Trio zelebriert Goth Rock und bezieht klar Stellung. (andreas)