REVIEW

DIE FORM „Baroque Equinox“ (Electro)

DIE FORM

„Baroque Equinox“
(Electro)

Wertung: Gut

VÖ: 06/2017

Label: Trisol Music Group

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Das französische Künstlerpaar Philippe Fichot und Éliane P., besser bekannt also DIE FORM, sind bereits seit sage und schreibe 40 Jahren mit ihrer elektronischen Musik in der Szene unterwegs. Besonders ihre SM Live-Acts sind bekannt und berüchtigt und haben einen großen Anteil am Bekanntheitsgrad und der Besonderheit von DIE FORM. „Baroque  Equinox“ ist ihr neustes Album zu dem es im Vorfeld schon die Vorabauskopplung „Psychic Poisen“ gab.

Diese ganz typische Song eröffnet nun auch diesen Longplayer, punktgenaue Rhythmik gepaart mit den konträren Stimmen der beiden Musiker. Überraschender Weise zeigen sich alle Songs ziemlich eingängig und tanzbar besonders „Hypnophobia“ berührt mit einer sensationellen melodischen Gesangsleistung von Éliane P.. Dieses Stück kann ich schon mal als absolutes Highlight markieren.

Wie man so schön sagt, im Alter wird man reifer. Genau so kann man die Musik von DIE FORM auch umschreiben. Ohne ihre Exklusivität zu verlieren hat man ein musikalisches Meisterwerk erschaffen das alte Fans begeistern, aber sicherlich auch neue Anhänger gewinnen wird. Die Energie, die Mystik, die Erotik manifestiert sich perfekt in den Klängen von „Baroque  Equinox“. Hell und Dunkel, Gut und Böse, Sanft und Schmerzvoll,…diese Attribute stecken in dieser Musik wie bei keiner anderen die ich kenne. Als weitere Anspieltipps habe ich „Bis Repetita“ und „Flesh Memory“ auserkoren um die Bandbreite dieses Albums wieder zu spiegeln.

Sehr gutes Album dieser französischen Kult und Skandal Band die nichts vermissen läßt was ein Anhänger dieser Band erwartet und braucht. (michi)

 

 

Folgend möchte ich den Presstext vom Label zu diesem Album nicht verheimlichen:

Ein neuer Sündenfall. Ein neues Paradies. Ein neuer Anfang, geschaffen aus einem weiteren Ende. Wir alle sterben jeden Tag, wir alle atmen jeden Tag. Besonders greifbar wird diese Dualität seit jeher im chimärenhaften Schaffen des elektronischen Chamäleons DIE FORM.
Vor beinahe 40 Jahren als revolutionärer Live-Act für die anrüchige, jedoch auch visionäre BDSM-Szene begonnen, hat sich das französische Künstlerpaar Philippe Fichot und Éliane P. bis heute zwei Dinge bewahrt: Ihre künstlerische Einzigartigkeit – und ihr Händchen für druckvolle Clubhits am schwarzen Puls der Zeit. Sie wandeln auf Messers Schneide, umarmen den Tod und das Leben, die Nacht und den Tag, den Schmerz und die Liebe, das Böse und das Gute. Nie heißt es schwarz oder weiß für sie. Es sind die ungezählten Grautöne, die ihre Kunst beherrschen. Es sind die ungezählten Grautöne, die unser Leben beherrschen.

„Baroque Equinox“ ist ein sinnlicher Vorstoß in eine neue Zeit. Ein in die Zukunft weisendes und selbstbewusst auf das erreichte zurückschauende Manifest, ein neues Äquinoktium. Tagundnachtgleiche, schöner und treffender könnte man das Wirken von DIE FORM nun wirklich nicht in Worte fassen. Tag und Nacht, Eros und Thanatos, in Harmonie vereint, untrennbar verbunden sogar. Eines ist undenkbar ohne das andere, für einen endlosen Augenblick ist unklar, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Sicher ist nur: Es wird mit treibendem Beat und visionären Sequenzen auf die Tanzflächen treiben. Musikalisch kongenial umgesetzt von diesen Pionieren der elektronischen Musik, umarmt „Baroque Equinox“ druckvollen Electro und  Avantgarde, die rauschhafte Opulenz des Barock und den sterilen Beat, das Schwärmen und das Drängen. Die sündige Nacht und der unschuldige Tag bilden die Bühne für ein Werk von beschwörender Kraft, für ein Panoptikum aus Electro, Industrial, Techno, Gothic, Klassik, Erotik, Poesie und fernöstlichem Butoh-Tanztheater. Sündhafte Club-Kultur und künstlerischer Anspruch gehen nirgendwo sonst derart harmonisch ineinander auf.

Sie sind vorbei, die Phasen, in denen die Franzosen mit Haut und Haar dem Fetisch, dem Sex ergeben waren. Ebenso vorbei sind ihre Zeiten purer Bach-Huldigung, in denen sie weit über die dunkle Szene hinaus auf Verehrung stießen. Jetzt, zu diesem besonderen Anlass der barocken Tagundnachtgleiche, gebären sie ein neues Wesen, das der dunklen Electro-Welt ein weiteres Mal neue Impulse verleiht. Ein Wesen mit Januskopf und zwei Herzen in der Brust. Ein Menschwesen in einer postapokalyptischen Maschinenwelt, eine Kreatur, die die Unberührtheit der Natur im Herzen und den stampfenden Takt der industriellen Revolution im Geist hat. „Baroque  Equinox“ ist ein Moment in der Schwebe, ein Zustand, der ins Licht oder ins Dunkel, in die Stille oder ins Chaos kippen kann. Wie in einem Bild von Gustave Courbet (insbesondere „L‘Origine du Monde“), in dem bei aller Sinnlichkeit immer auch die Präsenz eines Abgrunds mitschwingt, ist dieses Album ein Manifest für diese Zeit, das gleichzeitig klingt wie aus ihr herausgefallen. Wie sie das auch nach 40 Jahren immer wieder hinkriegen? Es wird auch diesmal ihr herrlich dunkles Geheimnis bleiben.