EMPFEHLUNG, REVIEW

BUCH „Dario Argento – Anatomie der Angst“ von Michael Flintrop / Marcus Stiglegger

Wertung: Empfehlung

: August 2013

Verlag: Bertz+Fischer

Herausgeber: Michael Flintrop / Marcus Stiglegger

ISBN: 978-3-86505-319-0

Webseite: www.bertz-fischer.de/darioargento.html

304 Seiten

204 Fotos

Paperback

 

Inhalt:
Unüberschaubare Räume, grelle Farben, schwarze Lederhandschuhe und blitzende Rasierklingen – wie kein zweiter Filmemacher arbeitet der Italiener Dario Argento seit seinem Debüt
DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE (1969) an einer filmischen Anatomie der Angst. Seine ausgefeilten Inszenierungen des Albtraums im italienischen Giallo-Thriller wie auch im Gothic Horror brachte er mit seiner Trilogie der »Drei Mütter« (SUSPIRIA, INFERNOundMOTHER OF TEARS) zur Vollendung. Während seine ebenso bizarren wie faszinierenden ThrillerPROFONDO ROSSO, TENEBRE undOPERAinternational schnell zu einflussreichen Kultfilmen wurden, ist mit ihnen in Deutschland eher eine tragische Zensurgeschichte verbunden.

Erstmals im deutschsprachigen Raum widmen sich in diesem reich bebilderten Buch eine Reihe von Argento-Kennern – darunter auch Filmemacher wie Dominik Graf und Jörg Buttgereit – dem facettenreichen Werk des Regisseurs: von seinen frühen Drehbüchern (SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD) über seine Produktionen (THE CHURCH) bis hin zu seinen aktuellsten Regie-Filmen GIALLO und DRACULA 3-D.

Eine Abhandlung über Dario Argento? Da wird ein kleiner Traum wahr. Besonders Argentos Frühwerk ist für mich persönlich ein unübertroffener Quell an Ideen, Dramatik und Gestaltung, dass ich förmlich darauf brenne, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Selten hat mich ein Regisseur durch seine visuellen Visionen und die akustische Untermalung so begeistert…

Der Verlag Bertz + Fischer nimmt sich nun der Aufgabe an und veröffentlicht mit „Dario Argento – Anatomie der Angst“ ein filmwissenschaftliches Werk, welches sich Argento-Afficionados in einigen ruhigen Stunden genussvoll zu Gemüte führen können.

Das Buch besteht im Kern aus 12 Essays von 12 verschiedenen Autoren zu verschiedenen Themen. Jeder Autor hat sich wahrscheinlich sein Lieblingsthema gesucht und referiert mit einer unglaublichen Tiefe über das jeweilige Thema. Ich finde die Herangehensweise sehr erfrischend, da jeder Autor seinen Stil hat und dadurch das Lesevergnügen nicht abbricht, auch wenn einer der Autoren einen Stil hat, der einem nicht so liegt. Eines sollte man im Hinterkopf haben: die Herren und Frauen Autoren sind Film-, Literatur-, Medien- und Kulturwissenschaftler und mir hat es ganz gut getan, ein Wörterbuch zur Hand zu haben, um so manche Sätze zu entschlüsseln, schließlich nähert man sich dem Thema auf einer wissenschaftlichen Ebene. Wohingegen ich (Argentos) Filme oder auch Musik emotional genieße und zum Beispiel die Kamerafahrten und Makroaufnahmen in PROFONDO ROSSO für das genialste halte, was jemals auf Zelluloid gebannt wurde, erklären mir die Autoren die Hintergründe.

Folgende Themen werden im Buch ausführlich besprochen:
Der Meister des performativen Terror
– Eine erste Annäherung an Dario Argentos Œuvre von Marcus Stiglegger
Tiefe Fallen
– Von der gefährlichen Kunst, mit Bildern umzugehen von Joanna Barck
Todestheater
– Dario Argentos Filme im Spiegel des Grand Guignol von Jörg von Brincken
Untiefen
– Zu den unheimlichen Räumen Dario Argentos von Johannes Binotto
Kool Killers
– Genre und Gender bei Dario Argento von Ivo Ritzer
Der wildeste Rausch von allen
– Die Musik der frühen Filme von Dario Argento von Dominik Graf
„Wir durften frei experimentieren“
– Claudio Simonetti über Goblins Filmmusik für Dario Argento von Marc Fehse
Zur Escherstraße
– Eine Reise zu den Drehorten von SUSPIRIA von Sebastian Selig
Dario Argento & Mario Bava
– Der Versuch einer Trennung von Ingo Knott
Obsessions
– Was Dario Argento und Brian De Palma verbindet – und trennt von Heiko Nemitz
Ein Strick, ein Colt, ein schwarzer Handschuh
– Eine Spurensuche in Argentos Westerndrehbüchern von Harald Steinwender
„Einfach schrecklich“
– Dario Argento und die Justiz von Michael Flintrop

Ich könnte gar nicht sagen, welches Kapitel mir am besten gefallen hat, denn die Kapitel decken alle für sich die wichtigsten Themen ab, aber das Zensur-Kapitel ist besonders interessant und auch das Kapitel über Mario Bava (dem Gottvater des Giallo) oder die Musik sind ein sehr guter Einstieg. Die Essay-Form hat auch den Vorteil, dass man sich aussuchen kann, wo man im Buch startet und womit man weitermacht.

Neben den Essays gibt es natürlich Kritiken zu sämtlichen Argento-Filmen, eine Filmografie, die mit unglaublichen Detailreichtum glänzt, eine Bibliografie und Infos über die Autoren. Das einzige, was noch zum ultimativen Glück fehlt, wäre ein ausführliches Interview mit dem Meister, aber auch so ist das Buch schlichtweg als essenziell zu betrachten.

Auf der Webseite des Verlages habt ihr die Möglichkeit mittels Leseproben in das Buch reinzulesen. (chris)