INTERVIEW, TOP THEMA

XANDRIA :: Symphonic Metal in einer neuen Dimension

Die Karriere der Bielefelder Symphonic/Gothic Metaller XANDRIA wird von Teilen des Amboss-Teams schon seit Anfang an verfolgt, haben doch beide Seiten ihren Stammsitz in Ostwestfalen. Von daher haben wir auch früh Konzerte von XANDRIA in den heimischen Szenetreffs gesehen. Dass es von der Stadt, die es nicht gibt (-> Bielefeldverschwörung), mal um die ganze Welt für die Band gehen würde, hatte da noch keiner geahnt. Auch dem empfehlenswerten neuen Album „Theater Of Dimensions“ (-> Review hier) werden sicher wieder weltweit Fans zuhören und die kommenden Konzerte besuchen. Was der heimische Fussballverein Arminia Bielefeld nicht schafft, Xandria spielen 1. Liga. Zwischen einer Metalkreuzfahrt in Florida und einem Festivalauftritt in Tunesien hat sich XANDRIA-Urgestein Gerit etwas Zeit für uns genommen, um den aktuellen Stand mal aus der Sicht des Trommlers zu beleuchten. (eller)

 

Ihr seid frisch von der „70.000 Tons Of Metal“ Kreuzfahrt zurück. Wie war es so hautnah mit den Fans und den anderen Bands?

Richtig! Danke erstmal für das Interview. Freut mich, dass es geklappt hat.
Hautnah trifft es in der Tat sehr gut. Unter der karibischen Sonne reicht meistens die Badehose oder der Bikini (lacht).
Es war großartig. Für uns war es nach 2013 schon das zweite Mal auf dem Schiff, nur dass das Schiff diesmal ein größeres war und auch das Lineup auf insgesamt 61 Bands erweitert wurde.

Die Nähe zu den Fans und auch zu den anderen Bands ist wirklich das Besondere an der Metal Cruise. Plötzlich findet man sich zwischen den Fans und beispielsweise Bobby von Overkill am Buffet wieder und hält ein Schwätzchen. Einfach eine tolle Erfahrung und ich kann es wirklich jedem empfehlen, sich das einmal im Leben anzutun.

Über die Zeit haben wir auch viele Freunde unter den Bands und da ist es natürlich nochmal cooler, wenn man jene auf dem Boot wieder trifft. Diesmal waren unsere Buddies von Serenity und Orden Ogan mit auf dem Boot. Leider auch immer ein Garant dafür, dass der Abend eher in den frühen Morgenstunden endet 😉

 

Was ist dir von der Kreuzfahrt besonders in Erinnerung geblieben?

Ich hatte gleich zwei Highlights währen der Cruise. Das erste war schon am Tag bevor wir in See stachen. Wir hatten ein Interview mit der 70.000 Tons Crew in Nico McBrain’s Rock’n’Roll Ribs in Ft. Lauderdale. Nico war tatsächlich anwesend und wir konnten ein bißchen über Drums fachsimpeln und hatten einfach eine gute Zeit. Er ist eins meiner Idole und als Trommler von Iron Maiden wohl der bekannteste Metal Trommler der Welt. BTW auch das Essen – ein Traum.

Das zweite Highlight und auch definitiv eins der Highlights meiner bisherigen Karriere war, dass ich Teil des All Star Jams sein durfte, bei dem einige der bekanntesten Musiker des Metal Sektors alte Metal Klassiker zusammen performen. Darunter Gene Hoglan und Steve Di Giorgio von Testament, Scott Ian von Anthrax und noch viele mehr. Initialisiert wird der Jam jedes Jahr von Jeff Waters von Annihilator. Was ich dabei zu suchen hatte, weiß ich zwar nicht, aber es war eine der besten Erfahrungen, die ich je machen durfte 😉

Ihr seid in den letzten Jahren immer weltweit unterwegs gewesen. Jetzt geht’s am Wochenende nach Tunis. Diesen Ort hätte ich jetzt so gar nicht mit einem Festival verbunden. Wie kam es dazu?

Genau. Du erwischt mich hier auch gerade zwischen Wäsche waschen von der Cruise und Equipment neu verpacken für Tunesien.

Wir waren ehrlich gesagt auch überrascht, dass wir in diesem Teil der Welt Fans haben und wir auch gleich ein Festival headlinen sollen. Soweit wir wissen ist es eins der ersten Festivals seit 2011 und da ist es für uns natürlich eine besondere Ehre, dort spielen zu dürfen. Es ist immer wieder schön zu merken, dass Musik einfach keine Grenzen kennt.

 

Welche Konzert oder auch Länder sind bei dir über die Jahre in besonderer Erinnerung geblieben?

Das ist wirklich schwer zu beantworten, da jedes Land oder jede Stadt auf seine eigene Weise besonders ist. Da wir meistens auch nur kurz im Land sind, versuchen wir natürlich so viel wie möglich in der kurzen Zeit aufzusaugen. Ich habe mich in Asien, speziell in Taiwan und Japan sehr wohl gefühlt und habe gute Erinnerungen an diese Tour. Die USA sind für mich auch immer wieder ein Highlight, da ich das Land wirklich sehr mag.

 

Aber Bielefeld bleibt eure Heimat, auch wenn das Lineup sich z.B. mit Dianne van Giersbergen internationalisiert hat?

Ja, auf jeden Fall. Mit Marco, Philip und mir ist immer noch die Mehrheit in Bielefeld und auch unser Proberaum ist hier. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Warum auch, Bielefeld ist und bleibt einfach die beste Stadt der Welt.
Mit Dianne hat es sich zwar internationalisiert, aber sie wohnt als Holländerin immer noch näher an Bielefeld, als unser Bassist Steven, welcher aus Aschaffenburg kommt.

 

Das neue Album klingt für mich so, als hättet ihr euch besser auf den Gesang von Dianne eingestellt, oder?

Du sagst es. Wir sind über die Zeit gut zusammengewachsen und haben uns von unserem ersten gemeinsamen Album Sacrificium (2013) und der „Fire&Ashes“ EP von 2015 gut aufeinander eingestellt. Dianne ist wirklich eine ganz fantastische Sängerin, die ihre Stimme sehr gut einzusetzen weiß.

 


Wie macht ihr das denn mit den Proben, oder wohnt Dianne bereits hier in der Gegend?

Wir sind unserem Motto „Proben ist feige“ da sehr treu und proben nur vor längeren Touren oder vor einer Albumproduktion zusammen. Ansonsten übt jeder die Songs für sich alleine und wir machen evtl. mal einen ausgedehnteren Soundcheck bei unseren Headliner Shows. Das muss reichen. Dianne hat ihre Heimat samt Familie und Haus in den Niederlanden, Bei Steven ist es ähnlich, nur halt in Aschaffenburg.

 

In deinem Profil auf der Webseite steht u.a. „Wish for Xandria: never having to search for a new female singer again“. Diese Position hat ja in der Tat in der Bandhistorie schon mehrmals gewechselt. War die Suche immer sehr aufreibend?

Schön, dass mal jemand so genau recherchiert. Das ist wirklich eine Seltenheit.

Aufreibend wäre vielleicht etwas zu viel gesagt, aber es geht bei der Suche eines neuen Bandmitgliedes ja nicht nur darum, jemanden zu finden, der sein Instrument oder seine Stimme beherrscht. Fast noch wichtiger als das, ist die menschliche Komponente. Man verbringt meistens mehr Zeit miteinander als mit der eigenen Familie oder Freunden. Da muss es menschlich passen. Da ist bei der Suche bzw. bei den Auditions dann Bauchgefühl gefragt. Zum Glück sind wir alten Bandmitglieder da auch schon gut aufeinander eingestellt, dass wir relativ schnell merken, wer gut in unsere Band passt.

 

Auf dem Album gibt’s auch Gastbeiträge, u.a. habt ihr Björn Strid von Soilwork im Song „We Are Murderers (We All)“. Der Track gefällt mir auf Grund seiner Härte und der Vocals von Björn sehr gut. Hört sich so an, als hättet ihr einfach mal Bock auf so ein hartes Metalstück gehabt.

Durchaus. Die neuen Songs auf „Theater of Dimensions“ sind durchweg etwas härter und auch komplexer als auf den vorherigen Alben. Wir haben uns da sehr drauf konzentriert und auch größeren Wert daraufgelegt. Unser Produzent Joost van den Broek ist da auch eine echte Bereicherung des Teams und die Zusammenarbeit macht wirklich Spaß.
Mit „We Are Murderers“ wollten wir von Anfang an nochmal eine Schippe drauflegen. Auch die Male Vocals bzw. die Grunts waren von Anfang an für den Song geplant. Wir hatten verschiedene Ideen, wer das Duett in dem Song mit Dianne machen könnte, und mit Björn haben wir dann den perfekten Sänger dafür gefunden.

 

Neben Björn Strid (Soilwork) habt ihr auch Gastgesänge von Henning Basse (Firewind), Zaher Zorgati (Myrath) und Ross Thompson (Van Canto). Wie kam es zu der Zusammenarbeit, brauchtet ihr einfach noch andere Stimmfarben?

Mit einer Sängerin wie Dianne braucht man eigentlich keine andere Stimmfarbe. Ihre Range ist wirklich unglaublich. Viel mehr war es der Spaß daran, mit anderen Musikern zusammen zu arbeiten und etwas Neues zu probieren.

Henning ist ja nicht nur bei Firewind sondern auch bei Mayan. Der Kontakt kam über Dianne und unseren Produzenten Joost zustande, also quasi über unsere Holland Connection 😉

Da wir schon immer orientalische Einflüsse in unseren Songs und Alben hatten, wollten wir diesmal auch jemanden dabeihaben, der dies auch wirklich im Blut hat. Da war Zaher von Myrath natürlich die perfekte Wahl. Ihn kennen wir vom Prog Power Festival in Atlanta, welches Myrath und wir in 2013 bespielt haben.

Ross kennen wir seit einer gemeinsame Europa Tour in 2011 und sind seitdem gut befreundet. Als geborener Schotte hat er diesen herrlich raubeinigen, schottischen Akzent, der für unsere Piratenhymne „Ship of Doom“ wie die Piratenklappe auf´s Auge passt (lacht)

 

Der Song „Ship of Doom“ kommt mir beim Hören irgendwie bekannt vor. Vielleicht liegt es aber auch an der besonderen Melancholie, klingt ziemlich osteuropäisch oder noch weiter östlich. Woher kommt dieser Einfluss, von euren Konzertreisen?

Gute Frage. Ich denke, ganz ausschließen kann man die Einflüsse nicht. Auch wenn wir, wie schon erwähnt, meist nur kurz in den jeweiligen Ländern sind, bekommt man doch einiges mit. Vielleicht ist man sogar hellhöriger, da man weiß, dass es am nächsten Tag schon wieder ins nächste Land oder sogar in die nächste Kultur weitergehen kann.
Unser musikalischer Mastermind Marco ist sehr vielseitig in seinem Musikgeschmack und lässt gerne mal andersartige Töne in seine Songs einfließen.

 

Beim Schlussstück habt ihr aus meiner Sicht ein kleines Musical erschaffen. Wie ist die Idee zu dem Song entstanden und war es für euch komplizierter so einen langen Song zu entwickeln als bei den „normalen“ Songs?

Man hat natürlich eine andere Herangehensweise an so einen Song. Bei der Länge kommt es darauf an, dass es nicht langweilig oder langatmig wird. Wir hatten auf den letzten Alben „Neverworld´s End“ und „Sacrificium“ schon ähnlich epische Songs, die schon den Musical Charakter von „Theater of Dimensions“ andeuteten. Diesmal wollten wir tatsächlich ein kleines Mini Musical erschaffen, deshalb auch Henning als Duett Partner und quasi männlicher Hauptdarsteller des Musicals. Es hat schon eine Weile gedauert, ist aber am Ende einer der interessantesten Xandria Songs geworden. Wir sind gespannt, wie die Leute ihn auffassen werden, da er zwar nach uns klingt, dennoch aber etwas ganz Neues ist.

Wovon handelt der Track „A Theater Of Dimensions“ inhaltlich?

Sowas fragst Du ausgerechnet den Trommler 😉
Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei „Theater Of Dimensions“ um eine Science-Fiction Story handelt, in der die Heldin sich in einem Mind-Battle gegen Kreaturen aus einer anderen Dimension behaupten muss, um die Erde zu retten.

 

Ich persönlich muss ja sagen, dass mir Gesang und Melodie wichtig sind bei der Musik, die Drums nehme ich eher sekundär wahr. Wie ist das so aus Sicht des Drummers, gibt es so typische Xandria-Stücke, die dir mehr Spaß machen als andere? Sind z.B. Balladen ein Übel, weil man sich da nicht so austoben kann?

Es kommt immer drauf an, wie man es in einem Liveset umsetzt. Generell sind Balladen, also wirkliche Balladen nicht meine favorisierten Stücke. Wenn sie aber in einem Liveset gut eingesetzt werden, macht die daraus resultierende Dynamik eine Menge Spaß. Marco hat ein gutes Gefühl für Halbballaden oder Power Balladen á la „Forevermore“ oder vom neuen Album „Forsaken Love“. Die machen zu jeder Zeit Spaß. Ansonsten sind meine Vorlieben tatsächlich eher die schnelleren oder auch die spielerisch anspruchsvolleren Songs.

 

Könntest du dir vorstellen, auch mal als Drummer in einer Band einer anderen Metal- oder gar Musikrichtung zu spielen? Wenn ja, wo könnte das sein?

Da ich Xandria quasi mit aufgebaut habe, habe ich da eher selten drüber nachgedacht. Es gibt schon Bands oder Musikrichtungen, die mich reizen. Ich war allerdings schon immer Metal Drummer, höre zwar auch andere Musik Richtungen, aber mein Herz gehört dem Metal. Ich kann also garnichts anderes.

Was ich gerne nochmal versuchen würde, wäre eine reine Power Metal Band oder auch was sehr technisches, da ich die Herausforderung liebe. Das wird aber in naher Zukunft eher nicht der Fall sein, da ich mit Xandria gut gebucht bin und daher wenig Zeit bliebe, eine andere Band neu aufzubauen. Aber wer weiß, was die Zukunft so bringt. 😉

 

Was habt ihr dieses Jahr noch so vor? Sind auch in Deutschland Konzerte oder eine Tour in Planung, vielleicht auch in Ostwestfalen?

Wir haben einiges in der Pipeline. Das Jahr hat mit der 70.000 Tons of Metal Cruise und Tunesien schon sehr interessant angefangen und es wird auch so weitergehen. Wir planen mindestens eine Tour in Europa und in den USA. Dazu noch Festivals in Europa und Umland. Asien und Russland sind auch wieder im Gespräch und wir haben unser Debut auf Malta.

Da darf Ostwestfalen natürlich nicht fehlen… Wir sind dieses Jahr auf dem „Umsonst & Draußen“ in Vlotho vertreten. Also auch mal wieder eine gute Gelegenheit für die Fans aus unserer Heimat, uns auf einer Bühne zu sehen. Und das auch noch für lau. 😉