REVIEW

SEDATED TEARS „Wrapped In Cellophane“ (Dark Wave/ Melancholic Wave)

sedated-tearsSEDATED TEARS

„Wrapped In Cellophane“
(Dark Wave/ Melancholic Wave)

Wertung: Gut+

VÖ: 11.02.2016

Label: Eigenproduktion

Webseite: Facebook / Homepage / Bandcamp

Die vierköpfige Band aus Bremen ist erst seit ca. ein Jahr zusammen und mit „Wrapped in Cellophane“ hat man ein gutes Debüt im Gepäck, das schon mal die Latte für zukünftige VÖ’s sehr hoch ansetzt. Passende Stimmbänder, die Lust, auch mal normale Spielzeiten zu brechen und eine, von tiefer Betrübnis geprägten Songstruktur, welche die Melodie mit geschwärzten Lippen küsst.

Der nach der Band betitelte Opener spielt gleich mit verschiedenen Genres des dunklen Musikgeschmacks. Da ist zunächst, der düstere, verspielte Wave von frühen Pink turns blue. Dazu Gothic Rock alter Schule und ein Saitenspiel, welches fast sanft die Melodie unterstreicht. Sänger Herr Twiggs versteht sein Handwerk, und besitzt neben einem tiefen Timbre auch dieses galante Gefühl und Töne halten kann er auch. Ein galanter Wink Richtung Chameleons vervollständigt den Opener. Das mich der Song anfangs etwas an „True Faith“ (New Order) erinnerte ist der Gesangsstruktur zu Beginn des Refrains geschuldet. Kommen wir in die glänzende Schönheit des melancholischen Waves. Fast sanftmütig schleicht „Skirmish“ heran. Verführerische Molodielinien legen den Teppich für die verträumte Elegie des Gesanges. Wie die Instrumente hier als Einheit auftreten und sich gegenseitig ergänzen, lässt einen zweifeln, dass die Band erst seit einem Jahr zusammen ist. „Cellophane“, der Titelsong, ist auf dem ersten Ohr ähnlich aufgebaut, besitzt aber eine deutlich aggressivere Note. Sowohl der Gesang, als auch die Saiten lassen mal Wut spuken, dazwischen geschickt gesetzte Ruhepole zwischen Depression und unterdrückter Aggressivität.

„Devastation“ besitzt diese energische Note, wie sie Bands wie Reptyle in ihrem Goth Rock unterbringen und dann dieser gelungene Übergang ins wunderschöne, tieftraurige „Without You“. Herr Twiggs schlüpft in Rollen, versteht es die Gefühle zu übertragen und kann sich immer verlassen, auf ein musikalischen Team, welches die Melange aus „Funeral Party“, „Love Like blood“ (Song und Band) und „if two worlds kiss“ mit der Muttermilch aufgesogen hat. Was dann passiert, ist unbeschreiblich, ein wahres Epos hat man als Aussteiger der CD bereit. Eine betörende Hymne, welche sich mit traditionellen Wave und modernen, französischen Cold Wave paart. Eine fast 9 minütige Elegie, dessen Tempo schleppend schleicht. Und dieser sakrale Beginn…“Some kind of stranger“ hat die Jahrtausendwende überlebt und „bury me deep“ ist als kulturelles Erbe gerettet.

Fazit: Wer braucht eine Sauerstofftherapie, wenn man den Staub der 80er einatmen kann. Hier hat kein moderner Produzent das Schwarze geweißt, hier ist die Melodie ein natürliches Surrogat der romantischen Ausrichtung des dunklen Waves. Ein Rohdiament, ein Dachbodenfund, ein Schwarzherzviagra. Sedated Tears zelebrieren ein Debüt, dessen bestechende Note ein dunkles Kellergewölbe mit Romantik ausleuchtet und gleichzeitig, mit dem Schwefel der Dunkelheit, das Gemäuer in Nebel taucht. Düster, melancholisch, latent verspielt und mit einem Gefühl für Melodien gesegnet. (andreas)