REVIEW

SCHANDMAUL „Artus“ (Folk Rock)

SCHANDMAUL

„Artus“
(Folk Rock)

Wertung: Gut

VÖ: 03.05.2019

Label: We Love Music (Universal)

Webseite: Homepage / Facebook

Im letzten Jahr feierte die Band ihr 20-jähriges Bestehen, des Weiteren brachte ihr letztes Album Platz 1 der Charts und die dritte Echo-Nominierung ein. Reichlich Gründe zum Feiern also, dennoch verliefen die letzten Jahre, wie auch im genial gestalteten Booklet anfangs erwähnt, alles andere als positiv. Todesfälle, Krankheiten und Abschiede von langjährigen Weggefährten prägten diesen Zeitabschnitt. Nun erscheint mit „Artus“ das zehnte Studioalbum der Band.

Der Opener „Meisterdieb“ erinnert mit Drehleier und Dudelsack ein wenig an frühere Zeiten der Band. Wie der Titel schon sagt, geht es hier um fette Beute bei verschiedenen Raubzügen. Dezente Anleihen bei Robin Hood („Ich nehme es nur von den Reichen“) könnte man vermuten, doch die Beute wird an die selbigen verkauft und auch der letzte Schatz hat der Meisterdieb im Gegensatz zu Robin nicht gefunden.

Im folgenden „Totengräber“, welches durchaus gesellschaftskritisch zu verstehen ist, ändert sich der Stil: Es wird tanzbarer und ein Polka Rhythmus bestimmt die Szenerie. Das verführerische „Vagabunden lebt von einer betörenden Hookline, welche sogleich im Ohr stecken bleibt. Schwungvolle Energie gepaart mit romantischen Folkklängen ist zu hören.

Von tiefer Melancholie und maritimen Flair ist das sehnsuchtsvolle „Kapitän“ geprägt. Das Fernweh wird spürbar und die Geige vergießt leichte Tränen. Recht aggressive Töne schlägt „Oboe“ an, zumindest in den Strophen, wenn die Wirren des Krieges beschrieben werden. Der Klang der Oboe ist dann geprägt von einer betörenden Elegie und bieten den Ruhepol, ohne dem alles andere schwer zu ertragen wäre.

Titel gebend und zentrales Element ist die Trilogie „Artus“. Der Text hält sich meistens als die alte Sage, betont dabei den Zusammenhalt und die Freundschaft. Als Einstieg dient „die Tafelrunde“ in der Thomas zum großen Erzähler mutiert. Mal sanft, mal betörend, mal mit Spoken Words begleitet er dieses verführerische Kleinod. Die Musik pendelt zwischen betörend und Hörspielcharakter. Erneut gelingt es die Erzählung in einen eindringlichen Refrain zu manövrieren. Das folgende „der Gral“ kann leider auch keine Lösung finden, was genau dieser „heiliger Gral“ ist, deshalb werden diese Fragen, mit den verschiedensten Vorschlägen auch im Text erwähnt. Das folgende „Die Insel-Ynys yr Afallon“ beschäftigt sich mit der letzten Ruhestätte von König Artus. Insgesamt eine gelungene Interpretation der Artus-Sage, welche diese komplexe Geschichte zwischen auf-den-Punkt-bringen und keiner-weiß-es-genau variieren lässt. In der limitierten Version beherbergt das Digipack eine Bonus CD mit diesen drei Stücken im orchestralen Gewand.

Ein fröhliches Flötenintermezzo liefert das beschwingte „Froschkönig“, welches auf dem ersten Ohr zwei Märchen zu vereinigen scheint.

https://youtu.be/iCmz1Xe1YLk

In dem instrumental verschachtelten Schlussepos beschäftigt man sich mit einer weiteren bekannten Geschichte, welche dem Roman von Herman Melville entnommen ist, Ahab und das weiße Riesending.

Fazit: SCHANDMAUL hat allen Schicksalsschlägen getrotzt und liefert erneut die gewohnte Melange der verschiedensten Folk Varianten ab. Fein verwobene Soundstrukturen balancieren zwischen klassischem Bombast, betörendem Folk und Gitarren-betontem Wave. Die Varianz aus ruhenden Polen und treibenden, teils elegischen Stücken ist gelungen. Die Stimme verführt den Hörer zum Zuhören und liefert die perfekte Übermalung für das latent poppige, dennoch verwegene Melodie-Ereignis. (andreas)