REVIEW

FILM „Giallo-Collection (Teil 1)“ (Giallo / Thriller)

Originaltitel: Tödliches Erbe (L′Assassino he le mani pulite) /
Die Waffe, die Stunde, das Motiv (L′arma, L′ora, il movente) /
The frightened woman (Femina ridens)

Herstellungsland: Italien 1968 / 1972 / 1969

DVD Veröffentlichung: 15.03.2013

Wertung: Gut

Regie: Vittoria Sindonis / Francesco Mazzei / Piero Schivazappa

FSK: ab 18

Darsteller: u.a. Tom Drake, Femi Benussi, Renzo Montagnani, Bedy Moratti, Philippe Leroy, Dagmar Lassander uvm.

Genre: Giallo / Krimi /Thriller

Studio: Koch Media

Koch Media verwöhnt Filmliebhaber regelmäßig mit tollen Neuauflagen oder Boxen von Genres und Filmen, die man nicht an jeder Straßenecke finden kann. Dabei wird mit viel Liebe zum Detail vorgegangen und sowohl die Ausstattung, als auch die Filme selbst lassen Fans vor Freude hüpfen.

Mit der „Giallo-Collection (Teil 1)“ machen sie mir persönlich eine sehr große Freude, denn ich bin diesem Subgenre einfach hemmungslos verfallen. Mehr zum Thema „Giallo“ findet ihr bei meinem Review zu „Die neunschwänzige Katze“. Anstatt eines Booklets bekommt man drei Poster mit Grafiken zu den Filmen (schwarz auf gelb), aber nicht die Kinoposter oder ähnliches. Über Design und Layout kann man sich streiten, aber so richtig warm werde ich damit nicht. Genial wären Replika der original Kinoplakate gewesen. Auf der Rückseite der Poster finden sich allerdings ausführliche Informationen zu den Filmen, Schauspielern, Regisseuren etc.

Diese Box enthält drei Filme, die das Giallo-Genre streifen. Eines vorweg: mit Meisterwerken von Argento oder Martino hat die Box nichts zu tun, aber als Ergänzung für die eigene Sammlung ist die Box ein definitiver Pflichtkauf. Die Filme wurden alle digital remastered (mit Abstrichen) und mit einigen Boni versehen, aber kommen wir nun zu den einzelne Filmen.

Tödliches Erbe (L′Assassino he le mani pulite)
Der Patriarch der Familie wird von einem Zug zerfetzt und hinterlässt ein Millionenvermögen, das aber erst ausgezahlt werden soll, wenn sein zurückgebliebener Adoptivsohn volljährig wird. Doch die Erben haben gute Gründe, schneller an das Geld zu wollen: rasch wird der Familienkreis empfindlich weiterdezimiert.
Bonus: italienischer Trailer, Bildergalerie

„Tödliches Erbe“ ist erstmals auf DVD erhältlich und ein spannender Film, der über die gesamte Story seinen Spannungsbogen halten kann und Giallo-typisch mit einigen netten Morden aufwarten kann, aber weder zu brutal noch exzessiv zu Werke geht. Vielmehr hat man es mit einem guten Krimi / Thriller zu tun, der bereits 1968, also ziemlich zu Beginn des Genres einige Trademarks aufgreift und für Fans schön umsetzt. Auch das „whodunnit“ des Films verführt wieder zum fleißigen Mitraten und sich überraschen lassen. Besonders gelungen ist die Darstellung des Adoptivsohnes, als er an den Bahngleisen steht… aber ich habe mir ja selbst verboten, irgendwelche Details zu spoilern. Interessant ist, dass der Film in Frankreich und nicht wie „normal“ in Italien spielt. Kein Giallo-Meisterwerk, sondern ein Frühwerk des Genres mit guten Ansätzen und 80 Minuten guter Unterhaltung.

Die Waffe, die Stunde, das Motiv (L′arma, L′ora, il movente)
Ein Priester hat heimliche Liebesaffären mit zwei Frauen gleichzeitig. Kurz nachdem er sich von beiden trennen will, wird er grausam ermordet in der Kirche aufgefunden. Nur ein kranker Waisenjunge war Zeuge. Kann der Kommissar rechtzeitig die drei Schlüssel zum Verbrechen finden?
Bonus: Featurette: „Giallo Puntillo“ mit Regisseur Francesco Mazzei

Jaja, der hübsche Priester, der die Frauen lieber mag, als sein Zölibat. Hatten wir das nicht Jahre später bei den „Dornenvögeln“, nur etwas gesitteter? Aber als ihn sein Gewissen übermannt, wird er das bezahlen müssen. Der Film spielt schon etwas mehr mit den Giallo-Zutaten, der Mord wird heimlich beobachtet, der „sichtbare“ Teil der Tat wird durch Schattenspiele offenbart und die Auflösung serviert dir das Schauspiel aus einer anderen Perspektive. Ziemlich interessant wird auch auf den moralischen Aspekt eingegangen, vor allem im Hinblick auf die Nonnen und die Priester, denn die Fleischeslust wird in manchen Orden gerne mal blutig weggepeitscht.

Schauspielerisch stechen der Kommissar und die hübsche Orchidea heraus, die sich rumsbums verlieben und der Film sich keine Zeit lässt, das ruhig zu zeigen, sondern es ist dann einfach so. Der Film hat somit auch kleinere inszenatorische Schwächen, aber wieder einmal hat mir dieser Umstand das Vergnügen in keiner Weise geschmälert. Gleiches gilt auch für die Bildqualität, die, wenn auch „digital remastered“, deutliche Abnutzungserscheinungen hat. Aber haben wir nicht alle bei „Planet Terror“ vor Freude gejuchzt? Eben, es sind Filme aus dem 70ern, da darf man so was akzeptieren, macht es doch zusätzlich den Charme der Zeit aus.

The frightened woman (Femina ridens)
Die schöne Maria wird von einem reichen Philantropen auf ein gemeinsames Wochenende eingeladen – und findet sich in seinem brutzelbunten Edel-Folterkeller wieder. Mit Drogen und Psycho-Tortur will er sie unterwerfen: doch bald nimmt das Sado-Maso-Rollenspiel einige unerwartete Wendungen.
Bonus: Featurette: „Director Ridens“ mit Regisseur Piero Schivazappa, US-Trailer, erweiterte Szenen

„Was ist das denn?“ Diese Frage wird man sich während des Filmes öfter stellen. Die Figur des Dr. Sayer ist so unglaublich abgefahren, dass man einfach laut lachen muss. Ob der Feminismus dem Regisseur oder Drehbuchautoren wirklich so viel Angst gemacht hat, oder ob man nur ein lautes Statement setzen wollte, weiß ich leider nicht. Aber der sadistische Dr. Sayer hat die Furcht, dass die Frauen eine Welt aufbauen wollen, in der keine Männer mehr nötig sein werden. Das nötigt ihn, Frauen zu quälen und seine Phantasie so auszuleben.

Wovon der Film lebt, ist die Endsechziger-Vision von Design, futuristischen Ausstattungen und Lebensstil. Die Geschichte ist manchmal etwas krude, aber die Charaktere sind immer gut gespielt. Dagmar Lassander, bekannt u.a. aus diversen Sexfilmchen, darf verführerisch ihre Hüften kreisen lassen, während sie lediglich mit Mullbinden bekleidet ist, aber man kann auch eine Durchtriebenheit in ihr erahnen.

Visuell ist der Film teilweise sehr eindrucksvoll! Es gibt einfarbig ausgeleuchtete Szenen, die sich durch die Farbe und die Kameraeinstellung deutlich von den Standardfilmen dieser Welt absetzen oder manch Kameraeinstellungen, die ich ganz klar als künstlerisch hochwertig empfinde und die mir so den Film wirklich längerfristig ins Hirn gebrannt haben (neben der schrägen Weltsicht des Dr. Sayer, natürlich). Somit streift dieser Film weniger vom Aufbau und der Story das Giallo-Genre, aber sehr wohl vom visuellen Standpunkt.

Als Fazit darf ich sagen, dass jeder Film anders ist. Aber jeder Film hat mir Spaß gemacht und wer das Genre zu schätzen weiß, wird sich sehr wohl fühlen.

Als Osterei haben wir vom Amboss-Mag noch eine ganz besondere Überraschung! Dank der freundlichen Unterstützung von Koch Media präsentieren wir euch am Ostersonntag auf unserer Facebook-Seite ein kleines Gewinnspiel! Haltet Ostersonntag die Augen offen! (chris)