REVIEW

FAUN „Pagan“ (Folk Rock)

FAUN

„Pagan“
(Folk Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 22.04.2022

Label: Pagan Folk Records / Eigenproduktion

Webseite: Homepage / Facebook

Mit ihrem 11ten Studioalbum (hinzu kommen drei Live Alben und eine Best Of) beendet FAUN die Liaison mit dem Major Label Universal. Die, kommerziell betrachtet, erfolgreiche Zeit beinhaltete Fernsehauftritte, Teilnahme am Vorentscheid des ESC, Chartplatzierungen in den Top Ten, Echo Nominierungen und Gold & Platin Auszeichnungen. Für das aktuelle Werk hat man nun mit „Pagan Folk Records“ ein eigenes Label gegründet und ist somit alleiniger Herr bzw. alleinige Dame im eigenen Haus. Abgesehen davon, dass der Band ein herausragendes Stück Folk gelungen ist, ist es perfekt geglückt, wieder um einiges düsterer, archaischer und mystischer (O-Ton Faun) zu klingen, was besonders die Fans der ersten Stunden beglücken dürfte, ohne dabei die Neueinsteiger der vergangenen Jahre zu „vergraulen“. Besetzungstechnisch gab es eine größere Änderung: Gründungsmitglied Fiona Rüggeberg (Gesang, verschiedene Instrumente) verließ die Band, um mehr „mit der Natur verbunden zu sein“ und auf ihrer Farm zu leben. Wohl dem, dem es gelingt, für adäquaten „Ersatz“ zu sorgen. Gefunden hat man ihn mit Adaya Lancha de Baïracli Levy, noch heute ist sie nebst Faun mit ihrem Soloprojekt ADAYA tätig und hat bereits zwei Alben veröffentlicht.

Der Opener „Galdra“ ist eine Kollaboration mit Lindy-Fay Hella von der norwegischen Band WARDRUNA. Dominiert von Moraharpa und Drehleier glänzt die verführerische Ruhe und der elegische Charakter. Etwas mystischer wird die Angelegenheit beim folgenden „Helloween“. Wunderschön wie sich hier die femininen und maskulinen im Zwiegespräch ergänzen. Dazu eingeflochten leicht düstere Tonagen und beschwörende Sprachsamples, während der Refrain in seiner Schönheit ein wohliges Schaumbad nimmt.

„Gwydian“ ist erneut eine Zusammenarbeit, diesmal durfte man die, von Melodic Death Metal beeinflussten Schweizer Folk Metaller von ELUIVEITIE begrüßen. Der Song variiert zwischen Liebreiz und der Energie von gegrowlten, maskulinen Eruptionen. Dazwischen liegt eine gefühlvolle Harmonie, die im Gesamtbild eher einseitig getragen wird. Entspannte Folk Töne auf Basis von Harfe, Flöten und Schlagwerk liefert „Wainamoinen“. Ein gefühlvoll, romantisches Spiel, welches sich textlich mit der Hauptfigur im finnischen Nationalepos Kalevala (übrigens erstaunlich wie und wodurch mal alles schwanger werden kann… hütet euch vor Vaccinium vitis-idaea) beschäftigt. Mit „Tamlin“ macht die lyrische Wanderung halt in Schottland. Klanglich zwar verspielt, aber doch reduziert, was das Gehör auf Details und die dezente Steigerung des Klangspektrums lenkt. Der Gesang hat eine zerbrechliche Note und die Atmosphäre wirkt latent dunkel.

„Neun Welten“ nimmt die Düsternis mit, arrangiert den Song aber deutlich schwungvoller. Besonders der Mittelteil besitzt reichlich Energie, wobei die druckvolle Darbietung eher in Phasen der stimmlichen Ruhe existiert. Mit „Lord Randal“ kehrt man zurück nach Schottland. Dieses kurze Intermezzo lebt vom wundervollen Zwie- bzw. Duettgesang der beiden Protagonisten. Bei „Innisfree“ ist es Drehleierspieler Stefan, der Takt und Rhythmik bestimmt. „Ran“ beschäftigt sich mit der gleichnamigen Göttin, welche durchaus Patin verschiedener Schwimmvereine sein könnte.

„Baldur“ verschmelzt traditionelle Musik mit einer unglaublichen Tanzbarkeit. Der Song widmet sich dem gleichnamigen nordischen Gott der Reinheit, der Schönheit, der Gerechtigkeit und des Lichtes. „Anagin“ ist erneut eher reduziert und detailliert instrumentiert und lebt von den wunderschönen Stimmen, die sich hier zum wundervollen Duett vereinen. Beendet wird das Album (auf der Deluxe Version) vom IN EXTREMO Cover „Liam“, welches bereits auf einer Single von IN EXTREMO veröffentlicht wurde.

Fazit: FAUN geben dem Verb „zurückgewandt“ eine positive Bedeutung. Vieles an diesem Album erinnert an die Zeit vor Universal. Dieses Gefühl für eindringliche Folk-Melodien, welche der Formation des Öfteren die Nähe zum Schlager bzw. zum Kitsch vorwarfen… ja, dies ist vorhanden, aber heuer ist dies versteckt. Mal abgesehen davon, dass dies kein Makel sein muss, gelingt es FAUN in einem packenden Gesamtkonstrukt die Neider zu denunzieren, gleichwohl die elegisch-archaischen Strukturen in ein samtenes Gewand zu kleiden. Im besten Sinne des Wortes Bedeutung ist jeder Atemzug des Werkes ‚“independent“. Hinzu kommt eine wundervolle Reise durch verschieden Mythen, Sagen und Märchen. (andreas)