REVIEW

BUCH „Neues aus Trveheim“ von Till Burgwächter

Till Burgwächter

„Neues aus Trveheim“
(Buch)

Wertung: gut

: 01.08.2013

Verlag: Reiffer Verlag

ISBN-10: 3934896944

Webseite: www.facebook.com/till.burgwachter

118 Seiten

Taschenbuch

 

Inhalt:
Auf den ersten Blick ist Mike zu beneiden. Er hat eine schicke Freundin, einen festen Job und keine tödlichen Auf den ersten Blick ist Mike zu beneiden. Er hat eine schicke Freundin, einen festen Job und keine tödlichen Krankheiten. Es gibt nur ein Problem: Mike ist Metal-Fan. Kein gewöhnlicher Wochenend-Headbanger, der sich Freitagnachmittag seiner Krawatte entledigt und in die Lederjacke schlüpft, um in der Dorfdisko um die Ecke zu „Highway To Hell“ abzufeiern. Nein, Mike ist trve. Er ist mehr Metal als Manowar und Mittelerde zusammen. Er atmet den Metal nicht, er hustet Schraubenschlüssel. Er schreit kleine Kinder auf dem Weihnachtsmarkt an, wenn sie nicht wissen, wer Crimson Glory oder Heir Apparent sind. Er trägt keine Nietenarmbänder, sie tragen ihn. Und sie sind stolz drauf. Er ist trvesexuell. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Er hat es echt nicht leicht.

Autobiographie oder Fiktion!? Um das zu entscheiden müsste man mal in die Burg vom Till einbrechen und schauen, ob er die gelbe Vinylsingle „City beneath the surface“ von AVATAR im Schrein hat! Warum? Das bekommt ihr raus, wenn ihr das neue Buch lest! Dieser Teil der Geschichte ist vielleicht der beste, denn irgendwie haben wir alle so was schon mal gemacht. Ich habe mein erstes Azubi-Weihnachtsgeld zum Beispiel für die „Soldiers of Metal“-7“ von ANTHRAX auf den Kopf gehauen. Das war noch VOR dem Internetzeitalter…da rief mich der Verkäufer sogar extra noch mal an, um sicherzustellen, dass ich den Preis nicht missverstanden hätte…

Aber auch die anderen Ereignisse kennen wir alle…Ärger mit der Gattin, Besäufnisse in der Kneipe mit den besten Freunden, stundenlange Musikorgien…aber das Telefonbier ist mir neu! Aber da ich nicht gerne telefoniere (ist voll weibisch-untrve), werde ich es wohl nicht ausprobieren.

Till Burgwächter zeichnet allerdings nicht nur ein Bild des stereotypen Metalheads, der außer Kumpels, Saufen und Plattensammlung nichts auf der Pfanne hat: Mike ist Verwaltungsangestellter, kann sich manchmal benehmen und denkt nach. An einigen Punkten der Geschichte kommt er ins Grübeln, ob sein Lebensweg der richtige ist. Meistens (oder eigentlich immer) trägt die Dame des Hauses daran die Schuld, aber Mike wägt wenigstens ab. Frei nach SKYCLAD: „Thinking allowed“.

Vielleicht sollte man genau aus diesem Grunde das Buch im Deutschunterricht verwenden: um den Leuten da draußen zu zeigen, dass Metalfans Menschen mit einer unglaublichen Hingabe sind und nicht nur mit Wacken-Dokus inklusive winkenden Rentnern assoziiert werden wollen. Da kann ich gleich auf’s Oktoberfest fahren. Oder noch schlimmer: der Trend von Metal-Galas: so ein Piss wie „Rock Meets Classic“ oder „Christmas Metal Symphony“. Eigentlich gar nicht so unbedeutende Sänger gehen mit einer Backingband und ’nem Orchester auf Musikantenstadl-Tour und stimmen euch, eure Eltern und Großeltern auf das Christkind ein! Wenn Mike das lesen würde, würde er das Schwert zücken! Andererseits hängt er ja auch traditionell auf’m Weihnachtsmarkt ab…

Herr Burgwächter, Literat der Missverstandenen und Schreiber für die Unterdrückten hat auch mit diesem Buch bewiesen, dass man humorvoll auf die Szene blicken kann, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen. Das gäbe auch voll trve die Hucke voll. Andererseits muss man auch nicht alles so bierernst nehmen. Seine Schreibe ist wie immer sehr gelungen, steckt voller moderner Metaphern aus dem Leben („So ein Geraffel“…) und kann nicht nur mit der Hauptgeschichte blendend unterhalten, sondern auch der Appendix kann begeistern. Während in der Geschichte mit Bandnamen, die viele noch niemals gehört haben, wie selbstverständlich hantiert wird, gibt der „Herr der Ringe“-mäßige Anhang Auskunft über Geschichte, Sinn und Unsinn der jeweiligen Band! Gratulation, das ist ein hervorragender Einkaufsführer, denn auf den persönlichen Geschmack von Till Burgwächter kann man sich verlassen.

Ich habe schon einige Bücher von Till Burgwächter verschlungen (eines war sogar ein Hochzeitsgeschenk meiner werten Kollegen), aber dieses kann mich am meisten begeistern. (chris)