KERMANIA
„Kehre heim“
(Black Metal)
Wertung: Empfehlung
VÖ: 10.10.2014
Label: Ván Records
Webseite: Facebook
Satte 8 Jahre hat uns Weigand von KERMANIA warten lassen, bis es neues Material von KERMANIA gibt. Aber der Volksmund sagt: „Was lange währt, wird endlich gut“.
„Gut“ ist in diesem Fall untertrieben, denn was KERMANIA uns mit „Kehre heim“ bieten, ist eines der feinsten atmosphärischen Black Metal-Alben der letzten Zeit. Weigand und seine nicht näher genannten Gefährten haben ein kleines Kunstwerk erschaffen, bei dem atmosphärische Parts, Black Metal und eine Portion Post Black Metal eine unheilige Allianz eingehen.
Der Opener und Titelsong gibt die Richtung schon klar vor: viel Gefühl, einen spannenden Aufbau und sehnsuchtsvolles, emotionales Kreischen, welches mit den „Chören“ wundervoll harmoniert. Zum ersten Mal fällt auf, dass das Drumming alles andere als Black Metal-typisch ist: es wird so ambitioniert auf die Pauke gehauen, dass es beim ersten Hören durchaus etwas deplaziert wirken kann, aber man kann sich sehr auf dieses kraftvolle Drumming einlassen und ich finde es genial. Richtig tobt sich der Drummer dann im Schlussteil von „Holde auf seidnem Fuß“ aus und ich kann mich nicht einer LED ZEPPELIN-Assoziation erwehren… ok vielleicht ist hier kein John Bonham am Werk, aber jemand, der sich völlig entfesselt dem Schlagzeugspiel hingibt. Das Lied selbst ist, wie der Vorgänger auch, eine unglaublich starke Nummer, die Atmosphäre, Pathos, Emotionen in sich vereint.
„Kalter Nebel“ begeistert durch seinen zarten Beginn und seinen verzweifelten Fortgang… bis zu dem Part, wo ein Morricone-Part auftaucht und ich mich inmitten eines italienischen Filmes wähne, der gekrönt wird durch einen unglaublichen Gitarrenpart zum Schluss und (wiederholt) dem energetischen Drumming…
„Der bucklige Knecht“ beginnt wieder sehr verhalten und zart, aber hier kommen die von mir erwähnten und empfundenen Post Black Metal-Einflüsse in seiner Gänze zur Geltung. Großartig, fernab der Black Metal-Trampelpfade und absolut mitreißend.
„Ungewohnte Last“ ist schwer und doomig, ein Koloss mit einer wunderschönen Melodie, tiefen Growls und dadurch schon beinahe Doom/Death vom Feinsten. Aber wie jedes Lied auf diesem Album entwickelt auch „Ungewohnte Last“ ein Eigenleben, welches zu entdecken gilt.
„Für die Heimat“ ist das Lied, welches mir in den ersten 30 Sekunden (!!!) nicht wirklich zusagt: der Gesang ein Hauch zu pathetisch und die Gitarren zu modern, aber generell gilt gleiches wie bereits erwähnt: dadurch, dass der Song lebt und atmet, ändert sich alles und lediglich die ersten 30 Sekunden sind verzichtbar.
Und dann kommt das schönste, beste, ergreifendste Lied der letzten Jahre: „Bring mich fort“. Die beste Vermischung der bereits zur Genüge genannten Zutaten Pathos, Verzweiflung, Emotionen ohne Filter, Kraft. Erreicht hat mich das Stück auf dem Weg durch unsere Wiesen… die Himmel voller Wolken und der Regen hängt in der Luft. Ich weiß, dass die Sonne lange nicht mehr scheinen wird und richte mich auf das Grau des Lebens ein, aber manchmal gibt es diesen einen wundervollen Moment im Leben: exakt bei 3:36 Minuten reißt die Wolkendecke auf und die durchscheinende Sonne überzieht das satte Spätsommergrün der Wiesen mit solch einer goldenen Färbung, die ich bisher niemals gesehen habe. „Bring mich fort“ ist in exakt diesem Moment der einzig denkbare Soundtrack des Lebens und begleitet mich, vorbei an ruhenden Störchen, bis nach Hause. Als ich zu Hause ankomme regnet es, aber dieser Moment schützt mich noch heute vor dem Grau. Danke.
Wenn das Album erscheint, rate ich euch, das Vinyl oder die CD zu kaufen und vielleicht schenkt euch die Musik ein ähnlich erhebendes Gefühl, wie es mir geschenkt hat. (chris)