INTERVIEW

THE OTHER :: Frisches Blut

Die Kölner Horror Punker von THE OTHER haben sich gerade mit ihrem inzwischen sechsten Album „Fear Itself“ zurückgemeldet. Dies allein ist Grund genug wieder ein fast schon traditionelles Interview mit Sänger Rod Usher zu führen. Doch auch die LineUp Wechsel und die alljährige Hellnights Tour bieten weiteren interessanten Fragestoff. Viel Spaß beim Lesen…. (michi)

Hi Rod, gerade ist Euer sechstes Album „Fear Itself“ erschienen, das in der Band-Geschichte sicherlich ein ganz Besonderes ist, da es das erste ist, das ohne den langjährigen Gitarristen Sarge von Rock entstanden ist. Warum hat Sarge die Band verlassen und wie ist die Idee entstanden, ihn gleich durch zwei Gitarristen zu ersetzen?

Sarge war privat in einer Situation vieler Veränderungen. Vater werden, Jobwechsel und schließlich Umzug in den hohen Norden. Das machte ein weiteres Zusammenspielen unmöglich, leider. Aber wir hatten vollstes Verständnis für seinen Schritt. Irgendwann kommt der Punkt, wo eine Band zu professionell ist, um ein Hobby zu sein, aber nicht groß genug, um die Miete zu bezahlen. Und mancher hört dann ganz auf. Sarge hat uns frühzeitig über seinen Abgang informiert und wir konnten Gitarristen testen. Und einmal war Sarge dabei, als ein Kandidat da war, wir spielten zusammen und es klang einfach geil mit zwei Gitarren. Tja, ab dem Zeitpunkt war klar, dass wir zwei neue Leute brauchten. Und als Victor dann kurz danach auch noch ging – er wollte wieder von Bass zu Gitarre wechseln und mehr Metal machen – musste auch noch ein Basser her.

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Aktuell besteht das Lineup aus gleich drei neuen Mitgliedern – zwei Gitarristen und der Basser – Wer sind die Jungs und welchen musikalischen Background bringen sie mit?

Ben Crowe – der Freak-Show-Ringmaster – machte erstmals als Gitarrist einer Alice Cooper Coverband auf sich aufmerksam und passt daher perfekt zu uns. Er ist ein versierter, tighter Gitarrist, der musikalisch eher im Metal aufgehoben ist und dank seiner Passion für 80er Metal auch ein Herz für fette Refrains hat.

Aaron Torn ist eine verwunschene Vogelscheuche und gleichzeitig studierter Bassist, Sänger und erfahrener Partyhengst und Trinker. Er liebt Punk-Rock, Metal und……..Jazz.

Pat Laveau ist der Nachfahre berüchtigter Voodoo-Priester und ein Bühnentier. Sonst schüchtern wird er live zum Derwisch. Und ganz nebenbei mag er nicht nur feinen Metal, sondern auch zackigen Punk-Rock.

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War es für Dich eine große Umstellung, mit neuen Musikern an den Songs für das Album zu schrieben? Wie ging der Kreativprozess vonstatten?

Ja und nein. Natürlich ist es anderes als ganz früher. Aber es war ja auch ein längerer Prozess, es gingen nicht plötzlich zwei Musiker weg und drei neue kamen. Es war eher ein „Staffelstab-Überreichen“. Und wir schreiben die Songs heute auch noch so, wie früher. Jeder bringt Ideen mit und wir werkeln zusammen daran herum. Gerade Ben, Pat und Aaron – die neuen The Other Monster – haben sich da richtig mit Leidenschaft dran gemacht und hatten ständig neue Ideen parat oder halt Vorschläge, wie man einen Song weiter vervollständigen könnte. Es lief teilweise fast beängstigend einfach. Die Jungs sind aber auch wirklich gute Musiker mit großartigem Harmonie- und Strukturverständnis. Da ergibt sich viel von selber.

Das neue Album heißt „Fear Itself“ und ist Eure inzwischen sechste Veröffentlichung. Wie ordnest Du das Werk in Eurer Discografie ein und welchen Stellenwert hat es für Dich selbst?

Für mich gibt es drei entscheidenede Alben: Unser Debüt „They’re Alive!“, weil es uns eben bekannt gemacht hat, das vierte Album „New Blood“, weil es der größte Schritt in Songwriting und Sound und mit neuem Label für uns war, und „Fear Itself“, weil es das Album ist, das „trotzdem“ erschienen ist. Trotzdem, weil wir fast am Punkt des Aufhörens waren. Am Boden quasi. Und „Fear Itself“ zeigt, dass es gut war, weiter zu machen. Es ist die Scheibe, die ich mir gewünscht habe. Ein neues Leben. Ein The Other 2.0. Und trotzdem eben genauso in Stil und Energie, wie seine Vorgänger.

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Ihr habt Eure Karriere als klassische Horror-Punk-Band begonnen, seid dem Genre aber längst entwachsen und habt inzwischen auch Fans im Metal- und Gothic-Genre. Wo würdest Du The Other anno 2015 selbst positionieren und wie steht es ums Horror-Punk-Genre bestellt?

Die Einschätzung könnte ich genauso unterschreiben. Wir kommen aus dem Horror Punk, lieben Horror Punk und haben das Genre mit definiert. Aber schon mit unserem Zweitwerk „We are who we eat“, haben auch andere Einflüsse Einzug gehalten. Und das ist auch gut so, denn Stillstand wir wollten ja ein eigene Identität abseits der Misfits-Clones entwickeln. Und das ist uns gelungen, in dem wir die Musikrichtungen, die wir selbst schätzen, zusammen geschmissen haben. Punk-Rock, Metal und Gothic sind, je nach Song, in unterschiedlichen Anteilen enthalten aber immer gegenwärtig. Und mit den Alben seit „New Blood“ haben wir unseren Stil gefunden und jetzt die Scheibe vorgelegt, die zeigt, dass wir bereit für einige weitere Jahre sind.

Lass uns über die Songs des neuen Albums sprechen, das einmal mehr sehr abwechslungsreich ausgefallen ist. Habt Ihr diese musikalische Vielfalt bewusst angestrebt oder hat es sich während des Songwritings so ergeben?

Mal so, mal so. Wir haben uns ausgetobt, aber mit Songs wie „Bloodsucker“, „Black Sails“ oder „Animal Instinct“ ganz bewusst klassische The Other Punk-Rock Stücke geschrieben. Denn bei aller Abwechslung und Weiterentwicklung macht es uns auch wahnsinnig Spaß einfach Gas zu geben. Es ist also nicht „lass uns mal einen Song wie früher schreiben, damit die Hörer nicht auf die Barrikaden gehen“, sondern ein „lass uns mal einen Song wie früher schreiben, bei dem man einfach nur abgehen kann.“

Nach dem Intro eröffnet mit „Nie Mehr“ gleich ein Song mit deutschen Texten das Album. Gab es Gründe dafür, den deutschen Song direkt an den Anfang zu stellen?

Ja. Wir hatten den Song musikalisch geschrieben und ihn als Album-Opener festgelegt, weil jede Scheibe von uns mit einem schnellen, metallischen Track beginnt. Nur, dass mir diesmal im Anschluss ein deutscher Text einfiel, der perfekt passte. Und so wurde der Opener plötzlich ein Song mit deutschen Lyrics. Im Nachhinein vielleicht nicht ganz so klug, denn manche Leute hat das doch ziemlich verwirrt.

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Gibt es persönliche Lieblingssongs von Dir auf dem Album?

Ich liebe jeden Song und kann das Album perfekt durchören. Aber gerade „Bloodsucker“, „Dreaming of the Devil“ und „Doll Island“ gefallen mir besonderes gut.

Mit „German Angst“ habt ihr gleichermaßen eine Hommage an die deutsche Horror-Anthologie, als auch ein politisches Statement gegen die bekannte deutsche Fremdenfeindlichkeit getätigt. War Dir dies ein besonderes Anliegen?

Ja, denn Horror Punk hat das Wort Punk in sich. Und das stellen wir hier und da gerne mal raus. Und dieser plötzliche Rechtsruck in manchen Gegenden und die damit verbundenen Nazi-Trolls, die plötzlich aus allen Ecken kommen und im Netz oder auf der Straße ihre Gesinnung zeigen, sind mir ein Gräuel. Aber es geht nicht nur um diese Tendenzen, sondern um Angst an sich. Die Menschern werden immer mehr in Angst gehalten, speziell von manchen Parteien, aber auch von großen Boulevard-Medien. Angst vor kriminellen Flüchtlingen, bösen Islamisten, faulen Griechen, dem Verfall des Euro….das wird doch täglich in unsere Köpfe getrieben und der Bürger so komplett unmündig gemacht.

Kannst Du uns andere Themen nennen, die diesmal als Inspiration für einzelne Songs dienten?

„Nie mehr“ ist ein Song darüber, eigene Ängste zu überwinden, „Bloodsucker“ setzt die kleine Claudia aus „Interview mit einem Vampir“ in den Vordergrund, die auf Grund ihres Alters und ihrer Unsterblichkeit völlig allein ist. „Doll Island“ dreht sich um eine echte Insel der Puppen in Mexiko, „Dreaming of the Devil“ nimmt Inspiration von „Rosemary’s Baby“ auch aus der Tatsache, dass Mädchen oft auf böse Buben stehen. Generell gilt: Angst ist als Thema ein roter Faden auf diesem Album.

Zum neuen Album erscheint ein limitiertes Wallplaque – was hat es damit auf sich?

Das ist ein Rod Usher zum An-die-Wand-hängen. Ein 3D-Bild gewissermaßen. Angefertigt von meinem Gesicht. So, als würde ich aus deiner Wand schauen. Eine große Ehre für uns und ein echtes Sammlerstück, angefertigt von den Profis von „Figurenwerkstatt Ruland“.

Im Oktober seid ihr mit Christian Death, Nim Vind und Argyle Goolsby auf Tour – ein Package das jeden Musikfan begeistern dürfte. Wie kam es dazu, dass die Goth-Rock-Legende Christian Death mit an Bord ist?

Die hatten wir schon lange auf dem Zettel und glücklicherweise hat die Booking Agentur Headline Kontakt zu Valor und Co. Und die fanden die Idee auch sehr gut, so ein Goth-/Punk-Package zu schnüren. Für uns ist eine Ehre, dass sie dabei sind. Und genauso freuen wir uns auch, dass mit Argyle Goolsby von Blitzkid und Nim Vind alte Freunde aus der Horror Punk Familie mit an Bord sind.

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