EMPFEHLUNG, REVIEW

INTO THE MIST „Graveyard of Stars“ (Gothic Rock)

INTO THE MIST

„Graveyard of Stars“
(Gothic Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 21.12.2014

Label: Mislealia Records

Webseite: Facebook / Bandcamp

Das italienische Trio konnte mich mit ihren Debüt von 2013 voll überzeugen. Nun liegt das Zweitwerk vor, und auch dieses düstere Machwerk strahlt voller schwarzer Schwermut, besitzt aber deutlich mehr druckvolle Elemente. MassAnder, SaintAngel und LilAngel haben bei mehreren Gothrock Projekten seit den achtziger Jahren mitgemacht. Die frühe Entwicklung des Genres ist immer spürbar. Neben dieser nostalgischen Essenz gibt es reichlich Ausflüge in die Evolution des Goth Rocks, die neben England besonders die deutsche Goth Rock Spitze der 90er integriert.

Bereits der treibende Opener „The day they die“ bezeugt, dass die Südeuropäer auf dem aktuellen Werk erneut die Darkness in knallige Formen pressen kann. Rockige Strukturen, verführerisches Programming, ein an Simon Gallup erinnerndes Bassspiel legen den Teppich aus, den dann ein tiefes Stimmorgan beschreitet. Das Gesamtkonstrukt hält die Waage zwischen Up- und Midtempo. Die textlich Tragik und auch die vermittelte Hoffnungslosigkeit erinnert ein wenig an den Dichter Friedrich Rückert.

„Wail of the Sun“ vollzieht dann die Wendung von Goth Rock hin zum Dark Wave. Die dunklen Vocals werden hier mit cleanen Trauerflor belegt. Erneut nimmt sich die Instrumentalfraktion Zeit, den Song zu entwickeln. Die flirrenden Saiten treffen dabei auf eine nebelverhangene Atmosphäre. Abermals fällt einem als erster Vergleich eine Verschmelzung von Sisters (1985) und Fields (1990) ein. Besonders faszinierend die schwelgerische Atmosphäre, die mit rauen Entitäten gewürzt wird. Da aber nicht nur die melodische Bandbreite reichlich Dramatik besitzt, sondern Sänger MassAnder seine Stimmbänder sehr variabel in die Szenerie integriert (und mal mit mehr, mal mit weniger Hall würzt), gibt es genügend Eigenständigkeit. „The Crystal Empire“ wird von einem klassischen Intermezzo eingeleitet. Die ruhige Ausstrahlung des Songs wird durch die kratzige tiefe Stimme kontrastiert, wobei MassAnder nicht nur hier ein wenig an Rüdiger Frank (Tors of Dartmoor) erinnert. Ausgeleitet wird das bedrückende Kleinod wieder mit klassischer Musik. Über eine Spielzeit von 7 Minuten fällt das ausgefeilte Spiel mit Laut/Leise Symbolik ebenso ins Ohr, wie auch das Integrieren von Tempiwechsel. Das folgende „Unhappy“ ist erneut ein songwriterischer Höhepunkt, ruhig beginnend, wird der Song von dauernder, nuancierter Temposteigerung begleitet. Wunderschön zu hören, wie es gelingt, die Melancholie musikalisch (und natürlich textlich) zu umschreiben. „All Meankind will dance meanwhile“ ist einer dieser Songs, der einen gefangen nimmt. Düsterniss trifft auf Romantik. Wie im Hintergrund läuft eine altmodische Melodie, während MassAnder zum Erzähler wird. „HMHNS“ wird sehr drummig eingeleitet, dann regiert eine Atmosphäre zwischen Tragik und Hingabe, bevor die Instrumentierung zulegt und in der Art von „Power“ (Fields) den Song zum Finale treibt. „Out of the Mist“ badet förmlich in Melancholie. In tiefer Trauer treffen sich Streicherarrangements und sanftmütiges Riffing zur gemeinsamen Trauer. Die Stimme ist trotz rauen Untertons ein fragiles Gebilde, indem sich MassAnder der Verzweiflung unterwirft und mittendrin gefühlvoll flüstert. Dazu gesellt sich dann ein minimalistisches Piano mit sphärischen Zusätzen und……Ende.

„Where the Time ends“ ist wieder ein Kleinod voller Wendungen. Während die ersten Sekunden curesk daherkommen, lässt man fortan eine Melodielinie einfliessen, welche ebenso harmonisch, wie bedrückend daherkommt.

Ein ganz besonderes Schmankerl gibt es dann noch als Bonustrack. Mit „home is where the heart is“ covert man einen alten Chameleons Song. Perfekt hält man hier die Balance zwischen Würdigung einer großen Band und einer eigenständigen Interpretation.

Fazit: Auch das Zweitwerk ist gelungen und Italien, das sich langsam zur Hochburg des Gothic Rock/Dark Wave entwickelt, präsentiert ein weiteres Glanzlicht der düsteren Musik. ITM gelingt erneut ein Spagat zwischen traditionellen Elementen und der Renaissance mit modernen Facetten. Immer darauf bedacht, neben eingängigen, düsteren Soundkreationen auch textlich in Richtung Anspruch zu gehen. Ganz große Klasse. Der alte Mann zieht seinen Hut. (andreas)

Das Debüt wird hier besprochen