REVIEW

HENKE „Maskenball der Nackten“ (Dark Alternative)

HENKE

„Maskenball der Nackten“
(Dark Alternative)

Wertung: Gut

VÖ: 01.03.2013

Label: Dryland Records / Al!ve)

Webseite: www.henkeband.de

2. Meinung (Review 1 hier lesen)

Wenn ich mich an Henkes Zeitmemory beteilige, dann bleibt die Vergangenheit und die liegt mittlerweile 22 Jahre zurück, damals legte ich mir die ersten MCs von Goethes Erben zu. Die akustische Beziehung zu Erben/Henke ließ in den letzten Jahren etwas nach, was den Vorteil hat, dass ich heute dieses neueste Werk vollkommen unbedarft besprechen kann. Ein wenig Henkische Abstinenz lässt den Maskenball nicht zur Neuauflage der Erben werden und auch ein Vergleich mit dem Debütalbum gibt es nicht direkt.

Die aktuelle Single eröffnet das Werk. Henke sinniert über das Leben, über die Vergangenheit, er verwandelt dabei das eigene Ich zum Objekt. Das Individuum als entsubjektivierter Organismus, versunken in eine depressive Morbidität. Nicht nur hier lässt Henke den Hörer verstört zurück, Kurzsätze, Wörter, abgehakte Sinneruptionen und die sich wiederholende Schlusszeile „Liebe mich und töte dafür mein Herz“ lassen reichlich Platz zur Interpretation. Allerdings sollte man die Texte nicht lesen, um in die Gedankenwelt von Henke einzutauchen, sondern Henke zwingt den Hörer, in seine eigenen Gehirnwindungen abzutauchen. Das ist natürlich anstrengend, auch wenn die Band musikalisch des öfteren sehr eingängig operiert. Hier in „Dokument 2“ verkommt der fühlende Körper zur toten Masse und der Geist entzieht sich in die endliche Leere. Die Aufmerksamkeit erhöht Henke, in dem er im Text Fragen stellt, mal zu Beginn, mal am Ende von fragmentarischen Aphorismen.

In „Valiumregenbogen“ könnte man vermuten dass sich Henke sozialkritisch mit der Spassgesellschaft der 80er auseinandersetzt. Es könnte aber auch sein, dass es hier um Verdrängung geht. Oder geht es um die grinsende Fratze des Spasses, die sich nächtens auflöst und das bleiche Gesicht des Schmerzes offenbart. Ja, ja…. der Spiegel, er wird nicht vorgehalten, er wird um die Ohren geknallt, was bleibt, ist in Splittern lesen. Höhnisch grinsend spielt die Melodie mit der Depression, da verweilt sie.. die Manie… versteckt in einer Ecke.

Aufgebaut auf einer sanften Romantik unterlegt sich die Musik in „Rote Irrlichter“ der rezitierten Verzweiflung Henkes, die sich in einem endlos scheinenden Schrei den Gipfelpunkt sucht. Musikalisch ist der Weg hier eher balladesk mit gezupften Saiten und sphärischen Keys. Im tragischen Schlussstück wandert Henke auf den Spuren der griechischen Mythologie.

Insgesamt erklingt die Instrumentierung sehr eingängig, spielt mit Synth Pop, lässt sanft Bombast einfließen um später dann wieder minimalistisch vorzugehen. Verspielte Elektronik trifft auf Post Punk und auch der elegische Dark Wave schleicht sich durch die Hintertür rein. Das Gesamtkonstrukt blitzt daher sehr homogen, während die textlichen Variationen so klingen, als würde Blixa Bargeld Texte von Cioran sezieren. (andreas)