REVIEW

EN DECLIN „A Possible Human Drift Scenario“ (Prog Indie Wave)

EN DECLIN

„A Possible Human Drift Scenario“
(Prog Indie Wave)

Wertung: Gut

VÖ: 13.09.2019

Label: My Kingdom Music

Webseite: Bandcamp / Facebook

EN DECLIN existiert seit den frühen 2000ern. Ihre Musik zu charakterisieren fällt schwer, da von jeher die Einflüsse aus verschiedensten Bereichen kommen. Da ist zunächst die schwermütige Darbietung, welche durchaus im Cold Wave ein Zuhause findet. Da sind progressive Strukturen, welche sich galant um die Vocals schmiegen. Die innewohnende Ruhe der einzelnen Songs wird dezent durchbrochen durch galante Breaks, welche die Rhythmik auf sphärische Elemente richten. Nebenbei gibt es romantische Klangspektren, wie beispielsweise im Opener, in dem der Sänger flüsternd über dem minimalistischen Sound thront. Dezent gesetzte Lichtpunkte und eine galante Hinführung zu einer nur dezent angedeuteten Hookline verführen den Hörer. Dazwischen dunkle Schattenspielereien.

„Gea“ legt verführerische Klangspuren voller Gefühl auf die Waage, während „Caronte“ geprägt ist, von einer elektronischen Spielerei, welche zwischen Depeche Mode und Orientalismus pendelt. „Undress“ ist etwas klarer inszeniert, wobei die Breaks hier die hymnenhafte Untermalung konterkarieren. Einfache Pop-Songs zu kreieren ist nicht die Intention der Franzosen. Eher leiten sie den Hörer durch ein Labyrinth voller klanglicher Extravaganzen, begegnen dabei Kraftwerk der Frühzeit ebenso wie verschiedensten 4AD Bands.

EN DECLIN holen den Hörer aus der Wohlfühlzone und lassen ihn spazieren durch ein dunkles Dickicht, in dem der Hörer zum Entdecker wird. Wenn nicht der Gesang in melodischer Harmonie glänzen würde, könnte man die ästhetische Landschaft in ein Gemälde des Dadaismus katapultieren.

„Das Eismeer“ verfügt in seiner klanglichen Experimentalität durchaus über ein übergreifenden Songaufbau. Die Faszination liegt aber in den kleinen Anekdoten, welche in der Stimme liegen oder dem facettenreichen Klangspektren, welche eine harmonische Eleganz besitzen und ebenso eindringend inszeniert sind, wie ein Song von Klimt 1918.

Zum Schluss gibt es eine interessante, dem Original huldigende, aber dennoch komplett verzerrte Version des Phil Collins-Klassikers „Another day in Paradise“.

Fazit: Ein nicht einfach zu konsumierendes Werk, ein nicht einfach zu rezensierendes Werk. Kunstvoll verstrickte Romantik wie in einem Gemälde von van Gogh, liniengleich wie Picasso, verrückt wie Dali und voller versteckter musikalischer Treppen, wie einer Zeichnung von Escher. (andreas)