Anfang der 1990er ging es so langsam los, dass ich die düstere Seite des Heavy Metals für mich entdeckte. Einflüsse aus dem Doom und Death Metal verschmolzen mit Gothic Rock zu der „Schublade“ Gothic Metal. Teils im Heavy Metal belächelt, aber dennoch über die Jahre so vielseitig, haben aus dieser Ecke seitdem viele tolle Bands viele klasse Alben veröffentlicht. Manche Alben sind mehr traditionell vom Gothic beeinflusst, manche eher härter, andere symphonischer, melancholischer, trauriger, doomiger, elektronischer oder einfach nur düsterer. Fans von Gothic und Metal treffen sich hier, gehen gemeinsam auf Konzerte und Festivals oder fangen einfach an, ihre Meinung über diese Alben und Bands im Internet zu verbreiten. So fing es Ende der 1990er auch bei Andreas und mir an; der eine Rock- & Metal-Hörer, der andere im Gothic und der 80er Musik verwurzelt. Was wir und die anderen Musikverrückten, die uns über lange Zeit begleiten, so in den über 20 Jahren gepostet haben, könnt ihr in den Archiven auf www.amboss-mag.de nachlesen.
Aber nun zu den Bands und ihren Alben, die mich auch heute noch größtenteils begeistern können. Einige Kappellen aus der Zeit sind zudem ja auch heute noch aktiv. Zu Beginn des Schreibens dieses Rückblicks hatte ich unterschätzt, wie viele es dann doch werden würden… (eller)
Den Anfang macht „Icon“ (1993) von PARADISE LOST. Den Song „True Belief“ habe ich bei „MTV Headbangers Ball“ gesehen und der hat sich gleich tief in die Gehörgänge gefräst – und sitzt da heute immer noch (siehe Video).
Zwei Jahre später kam von PARADISE LOST ein weiterer Meilenstein dieser Zeit mit „Draconian Times„. Mein Klassiker daraus ist „The Last Time“.
Bis zur Jahrtausendwende gab es noch zwei weitere Alben der Briten. Zum einen 1997 mit „One Second“ ein weiteres starkes Album, während „Host“ 1999 mich nicht mehr so begeistern konnte. PL stehen bis heute für qualitativ hochwertigen Dunkel Metall.
Im Jahr 1994 veröffentlichten TIAMAT ihr Meisterwerk „Wildhoney“ und machten damit – wie auch andere Bands – den Schritt aus dem Doom/Death Metal Richtung Gothic. Aus diesem einmaligen Gesamtkunstwerk gibt’s den Titeltrack im offiziellen Video von damals, um euch auf den Geschmack zu bringen, das Teil mal wieder in Gänze zu genießen. Die Mannen um Johan Edlund hatten noch zwei weitere gute Veröffentlichungen in dem Jahrzent mit „A Deeper Kind of Slumber“ 1997 und „Skeleton Skeletron“ 1999, die jede für sich auch sehr gute Stücke beinhalten, aber rückblickend nicht so einen fetten Fußabdruck hinterlassen haben wie „Wildhoney“.
Ebenfalls 1994 erschien aus Schweden CEMETARY’s Album „Black Vanity„. Ein irgendwie typisches Gothic Metal Werk für diese Zeit. Roh, vom Death und Doom Metal beeinflusst, aber voller lieblicher, melancholischer Ohrwurmelodien findet man keinen schlechten Track. Mein Favorit heißt „Out in the sand“, siehe Video.
Mathias Lodmalm, der Macher hinter CEMETARY, hat mit „Sundown“ 1996 und „Last Confessions“ 1997 noch zwei weitere bemerkenswerte Alben veröffentlicht, dazu unter dem Namen SUNDOWN in 1997 auch noch das etwas poppigere Album „Design 19“ (1997) sowie „Glimmer“ (1999). Danach habe ich das Ganze aus den Augen verloren. Seit 2005 ist es ruhig um CEMETARY, aber kürzlich wurde auf der Facebook Seite neues Material angekündigt.
1995 war das Jahr, als ich die deutschen Gothic Metal Pioniere CREMATORY entdeckte. Diese brachten „Illusions“ raus, auf der ihr Hit „Tears of time“ ist, und damit waren sie für lange Zeit weit oben in der Gunst der Fans. Die Band kann man auf Grund der Ereignisse auf Facebook in den letzten Jahren sicher anders sehen, aber bei den alten Sachen sind damals einfach immer richtig gute Songs dabei gewesen. Die funktionieren zugegebenermaßen heute nicht mehr alle, aber manche halt doch noch. Wie eben „Tears of time“, siehe Video vom W:O:A 2008.
CREMATORY waren zu der Zeit sehr fleißig und veröffentlichten regelmäßig neues Material: 1996 ihr selbstbetiteltes, rein deutschsprachiges Werk „Crematory“ (Anspieltipp „Ist Es Wahr“), 1997 „Awake“ sowie 1999 „Act Seven„.
1995 tauchte dann eine Band aus Portugal auf meinem dunklen Metalatlas auf: MOONSPELL mit ihrem Album „Wolfheart„. Ein Jahr später machten sie sich als Gothic Metal Band unsterblich mit „Irreligious„, das quasi nur aus Hits besteht, wie z.B. „Opium“. Dass die Band unheimlich kreativ und vielseitig ist und somit immer wieder für Überraschungen gut ist, zeigten sie bereits mit den folgenden Alben „Sin / Pecado“ in 1998 und „The Butterfly Effect“ in 1999. Und das ist bis heute so geblieben.
Ebenfalls 1995 lernte ich LAKE OF TEARS kennen. Grandiose Band, die über die Jahre bis heute immer wieder klasse Alben veröffentlicht hat. Damals war es ihr Zweitwerk „Headstones“ mit auch heute noch bewegenden Stücken wie „Raven Land“, „Headstones“ und „Sweatwater“. Auch zu empfehlen sind die beiden weiteren Alben aus den 1990ern, „A Crimson Cosmos“ (1997) und „Forever Autumn“ (1999), auf denen die Schweden ihren vielseitigen Stil weiter ausbauten.
Auch in 1995 kaufte ich mein erstes Album von SENTENCED, nämlich „Amok„. Zu der Karriere der Finnen brauche ich gar nicht mehr viel zu sagen, ich liebe seitdem alle Alben bis zum letzten offiziellen Werk in 2005. Bis Ende des Jahrtausends waren dies namentlich noch „Down“ (1996) und „Frozen“ (1998). Mit dem offiziellen Video zu „Noose“ gibt’s auch optisch einen interessanten Rückblick auf die 90er.
Nun endlich mal eine Band mit Frauengesang. Anneke van Giersbergen war damals die prägnante Stimme bei THE GATHERING und mit „Mandylion“ veröffentlichten die Holländer 1995 ein wirklich beeindruckendes Album mit ihrem Überhit „Strange Machines“. Der Nachfolger „Nighttime Birds“ (1997) war ebenfalls ein richtig gutes Album, während die Band mir persönlich dann ab 1999 mit „How to Measure a Planet?“ und den Folgealben bis heute vom Stil her weggedriftet sind.
1995 veröffentlichten die Norweger THEATRE OF TRAGEDY ihr selbstbetiteltes Debütalbum und legten damit den Grundstein für eine besondere Gesangsform, Growling gepaart mit Klargesang einer Frau, quasi „Gut gehen Böse“ oder „The Beauty and the Beast“. Die Schöne war in diesem Fall Liv Kristine Espenæs, die in der Szene auch heute noch Kultstatus besitzt und über die Jahre in diversen Projekten zu hören war und zudem eine lange Zeit (2003-2017) mit Alexander Krull, dem Sänger von Atrocity, verheiratet war. Von THEATRE OF TRAGEDY erschienen noch zwei weitere Alben mit „Velvet Darkness They Fear“ in 1996 und „Aégis“ in 1998, die ich heute auch noch gerne mal wieder höre. Doch an diesen Status konnten spätere Alben dann nicht wieder anknüpfen.
Auf die Finnen AMORPHIS werden viele von euch – wie auch ich – bereits mit ihrem Album „Tales from the Thousand Lakes“ aufmerksam geworden sein. Aber erst auf dem Album „Elegy“ aus dem Jahr 1996 nahm der klare Gesang eine dominantere Stellung gegenüber dem gutturalen ein, sodass die Band auch für Hörer im Gothic Metal Bereich interessant wurde. Wenngleich ihr Stil von vielerlei, z.B. orientalischen Einflüssen geprägt ist, kann man ihnen aus meiner Sicht immer wieder auch den Stempel „Gothic Metal“ aufdrücken. Auf dem nächsten Album „Tuonela“ von 1999 tritt gutturaler Gesang z.B. nur noch bei einem Stück auf.
Mit EVEREVE taucht eine weitere deutsche Gothic Metal Band in diesem Rückblick auf. Die Hamburger veröffentlichten 1996 „Seasons„, u.a. mit „The bride wears black“. Da war der Stil noch etwas roh, verfeinerte sich aber mit jedem Album. 1998 erschien „Stormbirds“ und 1999 „Regret„, das aus meiner Sicht beste Album der Bandgeschichte, das u.a. den Hit „Misery’s Dawn“ zu bieten hat.
Portugal hatte nicht nur MOONSPELL zu bieten, es gab auch noch HEAVENWOOD, die in den 1990er zwei richtig gute Gothic Metal Alben veröffentlichten. Zum einen ihr Debüt „Diva“ sowie der Nachfolger „Swallow„.
Die Schweden KATATONIA haben sich im Laufe ihrer langen Karriere seit 1991 stark gewandelt vom anfänglichen Doom/Death/Black Metal bis hin zum Prog Rock heutzutage. Dabei hatten und haben sie immer diese besondere melancholische Note in ihrer Musik. Nach „Dance of December Souls“ und „Brave Murder Day“ erschien 1998 „Discouraged Ones„, das von seinem Flair gut in diese Gothic Metal Zeit passte und immer noch eines meiner Lieblingsalben der Schweden ist. Zum Beweis gibt’s den Opener „I break“.
PYOGENESIS, die man heute wohl eher dem Alternative Rock bzw. Metal zuordnen würde, hatten Mitte der 90er eine mehr als passable Gothic Metal Phase mit zwei bemerkenswerten Outputs für die damalige Zeit. „Sweet X-Rated Nothings“ (1994) und „Twinaleblood“ (1995) erschienen beide bei Nuclear Blast.
Kommen wir zu einem Album von einer Band aus Bochum. NEAR DARK veröffentlichten 1998 „One Day“ und der Titeltrack ist auch heute noch ein echtes Highlight aus meiner Sicht.
Dunkle Musikseelen, die oben genannte Alben mögen, mögen vielleicht auch folgende Alben aus den 1990ern:
ALASTIS „The Other Side“ (1997)
ANATHEMA „Eternity“ (1996)
BLISS „Sin to Skin“ (1998)
CRYHAVOC „Pitch-Black Blues“ (1999)
DARK „Seduction“ (1997)
DARKSEED „Give Me Light“ (1999)
DISMAL EUPHONY „All Little Devils“ (1999)
EMPYRIUM „Songs of Moors & Misty Fields“ (1997)
ESTATIC FEAR „A Sombre Dance“ (1999)
ETERNAL SADNESS „Elation“ (1996)
ORPHANED LAND „Sahara“ (1994)
THERION „Theli“ (1996)
TRAIL OF TEARS „Disclosure in Red“ (1998)
TRISTITIA „Crucidiction“ (1996)
YEARNING „With Tragedies Adorned“ (1997)