REVIEW

KALTHERZIG „Songs Made Of Solitude And Pain“ (Elektro Wave/ Synth Dark Pop)

KALTHERZIG

„Songs Made Of Solitude And Pain“
(Elektro Wave/ Synth Dark Pop)

Wertung: Gut

VÖ: 28.03.2014

Label: Cold Insanity Music

Webseite: Bandcamp / Homepage / Facebook

Nach einer längeren kreativen Pause ist Alexander Krupp, der Kopf hinter KALTHERZIG wieder zurück und mit dem neuem Werk versucht man einen anderen Weg zu gehen, der auch dazu dient, dass Prädikat „osteuropäische Blutengel“ abzustreifen und einen wesentlich eigenständigeren Kurs einzuschlagen.

KALTHERZIG glänzen heuer mit kristalinen Dark Pop, dessen Düsternis aus dem reichhaltigen Fundus der Melancholie schöpft. Hinzu kommen eingängige Soundkreationen, die durch Piano, Drums und Elektronik zusammengefügt sind. Auf eine Gitarre wird verzichtet, ohne dabei die rockige Komponente vollkommen außer Acht zu lassen, da die Rhythmus-Fraktion neben elektronischen Finessen immer auch auf die Drums zurückgreifen kann. Zudem wird nicht auf komplett auf Saiten verzichtet, diese sind aber bei KALTHERZIG an der Violine befestigt.

Vergleiche mit Blutengel wird wahrscheinlich auch „Songs of made…“ hervorrufen, obwohl mich vieles eher an Illuminate erinnert, wobei Alexanders Stimme, der von Johannes Berthold nicht unähnlich ist. Allerdings ist die stilistische Ausdrucksform Alexanders eine andere, so neigt er dazu die Vokale sehr zu ziehen, während der leichte Akzent Lautformung und Intonation beeinflusst. Beim Opener „Screams of Pain“ kommen diese Feinheiten noch nicht zu tragen. Zum Einem ist der Gesang hier dunkler und dazu wird Alexander perfekt von Nika gesanglich unterstützt. Diese Kollaboration, die in den Strophen kanonisch daherkommt, vollzieht sich im eingängigen Chorus zu einem schönen Duett.

Im romantischen „Single“ wird die Metapher des Reisens benutzt um eine Suche zu beschreiben. Der Song ist sehr ruhig inszeniert, die elektronischen Flächen sorgen für dezent krachige Strukturen, während Alexander samt weiblicher Begleitung über die harmonisierende Tragik schleicht. Memories and Dreams“ variiert zwischen dunklem Wave, Dark Pop und einer klassischen Komponente, die sich im seichten Piano offeriert. Naturelle Samples sorgen für eine atmosphärische Dichte. Der Titelsong kommt dramatisch daher, bevor er sich poppig einem Chorus ergibt, dessen betörende Note leichtfüssig in die Gehörgänge dringt. Die Elektronik zerrt immer ein wenig an den Harmonien, was zu einem surrealen Gesamtkonstrukt führt. Das Leben hauchen vor allem die beiden Protagonisten hinterm Mikro ein, die jeweils auch für die eher gedrückten Stimmungen verantwortlich sind. Allerdings verhindert die feminine Seite, dass sich der melancholische Eindruck zu sehr der Depression nähert. Das epochale „Time to say goodbye“ fragmentiert sich mit weich gezeichneter Elektronik, eingestreute Tasten, verführerischen Gesangspassagen und lyrischer Opulenz. Ein Gespür für die Traurigkeit der fliessenden Melodie vervollständigen diesen wunderschönen Reigen. In „Messiah“ sind es wieder die Drums, welche die rhythmische Energie in die ruhigen Emotionen integrieren. Alexander variiert zwischen dunkel-tiefen Stimmbändern und heller Tragik. Die Varianz zwischen Strophe und Refrain vollzieht den Wechsel zwischen Erzähler und Sänger, der wie ein zusätzliches Instrument den Energiefluss durchdringend darstellt. Der sphärische Grundton der elektronischen Finessen hält die Balance zwischen Minimalistik und Opulenz.

In „Islender“ gibt es eine Zusammenarbeit mit Sven Rebentisch. Bereits auf dem Rebentisch Album „Charisma“ haben Alexander und Sven einen gemeinsamen Song veröffentlicht, nun also der Tausch beim Au Pair der beiden Künstler. Textlich fast ähnlich aufgebaut wie Morus‘ Utopia, zelebrieren die Beiden einen dunklen Soundmix zwischen Wave in der Art von Clan of Xymox und dem dunkel-tanzbaren Sound von Rebentisch, wobei hier doch eher dezent die Durchdringung der Clubtauglichkeit erkennbar ist, eher ein tagträumerisches Produkt mit hymnischer Ausrichtung und einer galant eingeflochtenen schrägen Note. Einer der Höhepunkte ist sicherlich das getragene „Runaway“, welche zwischen Heavenly Voices und maskuliner Ausrichtung schwebt. Eine melodische Wanderung, die durch dunkle Störgeräusche (Elektronik/Sprachgesang) im dramatischen Aufbau bestärkt wird. Insgesamt ein perfekter (Dark) Pop Song. „Holad“ besitzt nicht nur durch die tränenreiche Violine einen folkigen Touch. Hinzu kommt, dass Alexander hier in polnisch singt, was dem Ganzen eine fremdartige Eleganz oktroyiert. Ein wenig Batcave Feeling scheint durch „rebirth“, während das pop-rockige „Nature’s Wonders“ ein wenig an die 80er erinnert und quasi eine Hommage an Sängerinnen wie Pat Benatar darstellt.

Fazit: Eine gelungene Zusammenstellung moderner Synthpop Songs mit der nötigen Spur Dunkelheit, die sich meist schwarzromantisch in die Soundstrukturen integriert. Durch die detailliert gesetzten klassischen Arrangements (Piano, Violine) bekommt das Gesamtkonstrukt einen kammerorchestralen Klang. Die verführerischen weiblichen Stimmbänder unterstützen und begleiten Alexander perfekt und geben den wehmütigen Epen eine betörende Eleganz. Manchmal wünscht man sich sicher eine Gitarre, auf der anderen Seite würde dadurch die anmutige Ausstrahlung verlustig gehen. Gerade in den getragenen Stücken erinnert mich das Werk, bezüglich Ausstrahlung und Gefühl, an das letzte Album von Godex („Chamber Doom“). Ein ästhetisches Klangerzeugnis. (andreas)