EMPFEHLUNG, REVIEW

YOUR LIFE ON HOLD „My Name Is Legion For We Are Many“ (Post Goth Rock)

YOUR LIFE ON HOLD

„My Name Is Legion For We Are Many“
(Post Goth Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 09.11.2018

Label: Solar Lodge

Webseite: Homepage / Facebook

Das Zweitwerk der belgischen Goth Rocker um Mastermind John Wolf. Bereits ihr Debüt konnte mich voll überzeugen und YLOH machen genau da weiter, wo sie bei „burning for the ancient convention“ aufgehört haben. Gerade in Zeiten, wo man reichlich glattgebügelten Goth Rock zu hören bekommt, ist dieses Werk ein besonderer Hörgenuss, der sich genau in der Mitte von Tradition und Moderne auspendelt. Geschickt spielt man mit den verschiedensten Versatzstücken des Gothics, kokettiert mit Doom und die elektronische Komponente scheint dem Dark Industrial entsprungen. Der Gesang (das hatte ich schon beim Debüt erwähnt) erinnert mich an Rüdiger Frank von Tors of Dartmoor. Egal wo man die Band beheimatet, in den Spätachtzigern und Frühneunzigern könnte der Blick des Öfteren über die westliche Grenze gegangen sein (Love like blood).

YLOH versehen ihrer Soundkreation mit reichlich Ecken und Kanten, in etwa so, wie es Killing Joke zur Vollendung brachten, lassen dabei aber nie die verträumten Melodielinien außer Acht. Diese tiefmelancholische Grundsubstanz verschmelzt auf ganz besonderer Weise mit den den dunklen, melodramatischen Texten, welche den Schmerz und die Trostlosigkeit in den Fokus stellen. Das Intro „shadow against the sky“, welches ungezwungen in „Bruised“ übergeht ist ein in Düsternis badender Track voller schwermütiger Emotionen und dem Kampf mit dem inneren Teufel und überzeugt mit einem samtenen Grundton, während die rauen Vocals hier gefühlvoll in die Szenerie dringen. Die Verschmelzung von puristischen Goth Rock und dezenten Bombast ist im folgenden „sunflower sutra“ (Nach dem auf dem Debüt der Dichter Willem Elsschot als Inspirationsquelle diente ist es hier Allen Ginsberg) gelungen. Zu Beginn und insgesamt von den Saiten her, gibt es hier kleine Parallelen zu The Mission.

„Harvest moon“ ist ein wunderschöner Wave Song, der geschickt treibende Rhythmik und verwaschene Gitarren zu einer Einheit formt. „tension“ ist im Mark wieder brachialer inszeniert, wobei geschickt die Balance zwischen Laut und Leise gehalten wird um so auch einen gewissen Spannungsbogen zu erzeugen. Die immanenten Ruhepausen zwischen effekthaschenden Klangkosmen liefern den perfekten Untergrund für den erzählenden Wolf. „Cold Fever“ ist ein explosives Stück, dessen krachige Eruptionen zusätzlich von einer kreischenden Verzweiflung in der Stimme getragen werden. „Silent call“ besitzt ebenfalls diese Ausbrüche, während die Instrumentierung im Gesamtkontext etwas getragener und sphärischer daherkommt. Eine eindringliche Hookline rundet den Song ab. Während „System failure“ eher die experimentelle Seite von YLOH aufzeigt, kehrt „Dead Tree“ eher die Trauer in den Vordergrund. Das von einer verführerischen Dysthymie getragene Schlussepos „detached“ ist voller Trübsinn. Die reduzierte Instrumentierung bis hin zu einem Riff vollzieht graziöse Steigerungen, bleibt aber im Gesamtbild sehr ruhig. Eingebunden und fast unbemerkt existieren dezente Science Fiction Loops, welche die verträumten Saiten dabei unterstützen einen Teppich der Tragik auszurollen.

Fazit: Sicherlich könnte man die Band als Melange aus Sisters und Fields mit ein wenig The Mission interpretieren und der gute alte Malibu-Katalog hätte diese Bands auch als Referenz mit einem kräftigen Watch out für deren Fans versehen, aber die Gesamtkollage der Musik bietet so viel mehr. Da sind die Texte, der variable Gesang und ein der Musik immanentes Gefühl, welches zu begeistern weiß. Mittlerweile hab ich die Formation auch live bewundern können, es war grandios.
Insgesamt bleibt mir nur eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. (andreas)