REVIEW

WHISPERING SONS „Image“ (Cold Wave/Goth Rock)

WHISPERING SONS

„Image“
(Cold Wave/Goth Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 19.10.2018

Label: PIAS/S.M.I.L.E /Cleopatra Records

Webseite: Homepage / Bandcamp / Facebook

Ich war etwas überrascht, dass dies das erste Full Length Album der belgischen Band ist. Zu sehr kam mir der Name bekannt vor. Einschlägige Seiten verwiesen immer wieder auf diese Band. Und womit? Mit Recht. Ein hervorragendes, tiefgründiges Post Punk Album zwischen Cold Wave und Goth Rock. Herrlich inszeniert sich eine betörende Introvertiertheit und paart sich mit harmonisierenden, tiefmelancholischen Klangstrukturen. Die Dysthymie balanciert auf einem dünnen Seil, ähnlich dem Wanderer aus Nietzsches „Zarathustra“, wobei hier die gefühlvollen Elemente einem düsteren Treiben mit Vehemenz in das schwarze Herz gebrannt werden.

Whispering Sons wurden 2013 gegründet und bestehen aus der Bariton-Sängerin Fenne Kuppens, sowie Kobe Lijnen (Gitarre), Sander Hermans (Synthesizer), Tuur Vandeborne (Bass) und Sander Pelsmaekers (Schlagzeug). Z u ihren früheren Veröffentlichungen gehören die EP Endless Party (2015) und zwei 7″ „Performance / Strange Identities (2016)“ und „White Noise (2017)“.

Die Formation aus Brüssel versteht es, krachige Eruptionen in ein samtweiches Gewand zu kleiden, dessen melancholisches Spektrum jegliche Grautöne beherbergt und hervorragende Songs auf den Altar des geneigten, schwarz gewandteten Hörer legt. Die, im Kontext der Harmonie gelegenen, latent verruchten Elegien versprühen Wehmut und wandeln auf den Pfaden der 80er, ohne jedoch der Patina zu sehr zu huldigen.

Gleich der Opener versprüht ein dunkles Intermezzo, dessen Tragik sich in einem verstörenden Text manifestiert. Die Saiten sehr verspielt, die Drums dynamisch und dann dieser introvertierte Gesang von Fenne Kuppens , der mitreißt und dennoch die getragene Atmosphäre perfekt transportiert, während rundum das Instrumentarium schreit und einen pulsierenden Wave Rock zelebriert.

„Got a light“ besitzt diese Schwere, welche sich mich Vehemenz in die Gehörgänge schleicht. Immer wieder durchschneidet ein krachiger Moment die Elegie, während man den Worten lauscht. Ein gefühlvoller Song, der besonders die flirrenden Saiten hervorhebt.

„Alone“ beschreibt in typischer Goth Rock Manier ein bedrückendes Gefühl, welches erneut perfekt transportiert wird. Dezent eingestreute Ruhephasen lenken die Aufmerksamkeit auf die pulsierende Energie, welche sich in einer betörenden Hookline offenbart.

Theatralisch und mit einem bedrohlichen Industrial Teppich gesegnet erklingt das verlockende „Skin“. Die krachige Vehemenz durchschleicht Fenne mit einer verruchten Leichtigkeit. Eine innewohnende Ruhe und ein Antlitz von unterkühlter Ästhetik verzaubern dieses surreale Kleinod zu einem Ereignis ganz besonderer Art.

„No time“ geht dann wieder zurück, zum traditionellen Wave Rock, der aber auch hier latent verspielt daherkommt. Gitarre und eine bleischwere Atmosphäre leiten das Stück ein. Dann (quasi aus dem Nichts) explodiert der Song, doch nur kurz, dann herrscht wieder dieses Dickicht aus flirrenden Saiten, schleppenden Drums, verschwörenden Bass und dieser Stimme, welche zwischen Erzähler und Beschwörer wandelt. In die ähnliche Kerbe schlägt das folgende „Fragments“.

„Dense“ erklingt als wilder, ungezügelter Rock Song, die Düsternis ist dabei immer spürbar, wobei die treibende Energie gar ein wenig an Sisters „Adrenochrome“ erinnert.

„Waste“ glänzt mit der Melange aus ruhigen und kraftvollen Passagen. Wobei es Fenne gelingt jede Faser der Musik aufzusaugen, um die gesammelte Energie in verschiedensten Gefühlswallungen zu integrieren und diese dem Hörer auf einem Silbertablett voller stimmlicher Eleganz zu präsentieren. Hier gibt es zum Schluss dann auch mal latent aggressive Versatzstücke.

Zum Schluß gibt es mit dem balladesk-verträumten „no Image“ ruhigere Töne. Das Dahinschleichen der elegischen Tonagen liefert ein surreales Gemälde des Cold Waves. In seiner Klangstruktur beherbergt dieses feine Teil eine betörende Note, welche zum sinnieren über das gesamte Album anregt. Ein pikante Steigerung gibt sich fast unbemerkt dem Finale hin.

Fazit: Die Belgier kredenzen uns ein Werk, welches in der Schnittmenge zwischen straightem Düster-Rock und verziertem Cold Wave beheimatet ist. Die Verschmelzung der 80er („Sisters meets Cure“) mit den neuzeitlichen Post Punk Epigonen ist gelungen. Mal druckvoll, mal verführerisch, mal gar poppig, mal krachig, mal sphärisch. Während die Grundzutat immer gegeben ist, spielen die Belgier mit verschiedensten Gewürzmischungen als Verfeinerung und haben dabei manche Finesse parat (z.B. die Industrial Rock-Einsprengsel). Textlich geht es um Themen wie Isolation, Angst, psychische Belastungsfaktoren und Existentialismus im Sinne von Camus und/oder Sartre. (andreas)