EMPFEHLUNG, REVIEW

SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES „Mens Animus Corpus“ (Psychedelic Rock)

SELIM LEMOUCHI & HIS ENEMIES

„Mens Animus Corpus“
(Psychedelic Rock)

Wertung: Empfehlung

: 05.06.2013

Label: Ván Records

Webseite: facebook.com/Selim.lemouchi.and.his.enemies

Selim Lemouchi dürfte eigentlich jeder kennen. Wenn nicht als genialer Teil von THE DEVIL′S BLOOD, dann wenigstens durch die Boulevardberichterstattung, dass er einem Fan mal eine auf die Nuss gegeben hat. Wer THE DEVIL′S BLOOD mal live gesehen hat, wird seine Gitarrenarbeit aber nicht so schnell vergessen. THE DEVIL′S BLOOD sind aktuell mehr oder weniger Geschichte (dieser Tage veröffentlichen Ván Records „III: Tabula Rasa or the Death of the Seven Pillars“) und Selim tut sich mit einigen Freunden zusammen, um seine neue musikalische Vision zum Klingen zu bringen.

Der erste Song heißt „Eschaton“ und beginnt sehr versöhnlich wie ein THE DEVIL′S BLOOD-Track. Verzaubernde Gitarren, sphärischer Gesang und viel Gefühl. Nach ca. dreieinhalb Minuten aber verändert der Song sein Gesicht, die Gitarre übernimmt die Sprache und wenn du ihr zuhörst, nimmt sie dich mit auf eine Reise. Bass und Schlagzeug werden im Laufe des Songs immer fordernder und treiben die Gitarre an, ihre Bahnen zu ziehen. Das ist einfach nur ganz starke Instrumentalkunst, wie man es in den Siebzigern beherrschte und anschließend nach und nach verlernt hat. Der Song erinnert mich an die mächtigen GROBSCHNITT, wenn sie ihr „Solar Music“ zeleberieren. Die perfekte Synthese aus Drums, Bass, Gitarre, Feeling. Auch der Gitarrensound ist grandios und führt die „immer-tiefer-und-scheiß-auf-Dynamik“-Bewegung endgültig ad absurdum.

„Thistle“ klingt nach PINK FLOYD-Hommage im Selim Lemouchi-Stil. Das perkussive Drumming, die Gitarrenflächen, die Streichersounds und die Stimme laden dich schlichtweg ein, mal wieder in dich zu kehren und deine Gedanken einfach treiben zu lassen. „This place is my temple, this place is my prison“ ist ein spannender Gedanke, der lohnt, von jedem von uns durchdacht zu werden. Die Streicher sorgen weiter für Dramatik und ich fühle mich NICK CAVE und seinem „Mercy Seat“ nahe. Knapp über sechs Minuten lang entführt dieser Song dich in deine Welt.

Der dritte Song und damit leider schon der letzte geht „Your way down“ und klingt wie eine 14 minütige Jamsession mit Power. Wer mal THE DEVIL′S BLOOD live gesehen hat, weiß, wozu die Band fähig war, wenn sie ihre Songs mit endlos langen Jamparts veredelt hat. Genau so klingt „Your way down“: wie eine nicht enden wollende Jamsession. Einen richtigen Aufbau hat der Song nicht, vielmehr wird vorne gerockt, er vergisst aber nicht die Dynamik und zieht das Tempo an, lässt es auslaufen und steigert sich in ein orgiastisches Cressendo, was dich beinahe aus dem Sessel aufspringen lässt! Ich habe nach etlichen Durchläufen immer noch nicht herausgefunden, wie viele Gitarrenspuren übereinander liegen und dem Song eine unglaubliche Tiefe verleihen. Das ist, ehrlich gesagt, ganz großes Produktions-Kino. Psychedelischer Spacerock vom Allerfeinsten.

Die drei Tracks sind zwar homogen, aber unterscheiden sich deutlich voneinander, so dass ich bei jedem Hören einen anderen Favoriten habe. So muss Musik klingen: traditionell und neu. Eingängig und tief. Das ist mal ein starkes Statement. (chris)