REVIEW

MYSTIGMA „Unter Wölfen“ (Dark Rock)

MYSTIGMA

„Unter Wölfen“
(Dark Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 28.09.2018

Label: Timezone

Webseite: Homepage

Das fünfte Werk der Formation um die beiden Bäumer Brüder ist die logische Fortsetzung von „Schattenboten“. Erneut variieren die Songs in der Schnittmenge zwischen Dark Rock, NDH und wavigen Synthklängen. Insgesamt erscheint mir das Werk etwas straighter daher zu kommen, sind doch die Gitarren wesentlich härter gerifft. Hinzu kommen die Mystigma-typischen Melodielinien, welche sich nicht nur in den eindringlichen Refrains offenbaren, sondern auch, besonders wenn die melancholische Seite in den Vordergrund rückt, in den Strophen ihre Heimat finden.

Der Opener „Geschrieben in Blut“ legt nach kurzem, sphärischen Intro gleich mächtig los, bevor das erste kleine Break in die Strophe führt. Trotz der harschen Saiten und den mächtigen Drums ist dieses rockige Stück beseelt von einer schwarzen Elegie, welche sich nicht nur im latent pathetischen, dennoch poetischen Text wiederfindet. Das folgende „Koma“ besitzt ebenso die verschiedenen Ambivalenzen wie Laut/Leise, heftig/verführerisch oder atmosphärisch/rockig. Überraschend die, im Gesamtkonstrukt oszillierenden Streicherarrangements (Cello). Metaphorische Lyrik bestimmt das ruhig fließende Goth Rock Stück „Dreh dich um“.

„Kriegsspuren“ geht spielerisch mit dem Wechsel zwischen Opulent und getragen um. Der Klangteppich ist unterschwellig samtweich, wobei die Saiten erneut zielsicher die Romantik sezieren und das erneute Zusammenfügen perfekt funktioniert und auch wunderschön mit der Stimme harmoniert. Man erhebt das Sperrige zur kreativen Kunstform und lässt diese mit Vehemenz auf einem verführerischen Teppich stolzieren.

Wenn man sich die ersten Stücke samt Texte anhört und den Titel ein wenig hinterfragt, könnte man eine Adaption vom Empiriker Thomas Hobbes vermuten, welcher hier auf ganz eigene Weise dargestellt und mit ausholender Lyrik interpretiert wird. So besitzt auch „Leere Worte“ diese Melange aus Philosophie und Psychologie. Wobei beide Parteien sich auch jeweils der Autobiografie des erzählenden Protagonisten hingeben können. „Neptuns Mond“ überzeugt durch seine synthwavige Komponente, welche dem Stück eine ungeheure Tanzbarkeit verleiht. Der Titelsong ist mit den gleichen, sphärischen Extravaganzen gesegnet, lenkt den Hörer aber deutlich m in die rockige Ecke.

Das mit dem Knistern von Vinyl eingeleitete Schlussepos „Desdemona“ vereinigt noch mal die gesamte Qualitätssammlung der Band. Und erneut überzeugt das variable und druckvolle Spiel von Stockschwinger Malte Hagedorn, der diesem Sound mehr als nur einmal einen galanten Stempel aufsetzt.

Fazit: Wenn ich richtig rechne, feiert die Formation demnächst silbernes Jubiläum. Man muss nicht nur deswegen die Band beglückwünschen, sondern auch, weil sie trotz Änderungen und Weiterentwicklungen sich selbst immer treu geblieben ist. Die Wurzeln bewässernd und dennoch jede eigene Neuzüchtung in perfekten Klangfarben zu ernten, das ist aller Ehren wert. (andreas)