EMPFEHLUNG, REVIEW

DxBxSx „Ihr! Alle! Immer!“ (Stoner Punk)

DxBxSx

„Ihr! Alle! Immer!“
(Stoner Punk)

Wertung: Empfehlung

: Januar 2013 (Tape) / März 2013 (CD, Vinyl)

Label: Elektrohasch

Webseite: www.dxbxsx.de

Hach, was war ich aufgeregt. Mit „Zugriff“ haben die Berliner Strolche einen solchen Stoner Punk-Hammer hingelegt, mit dem ich fortan alle genervt habe, die bei uns zu Besuch waren oder im Auto mitgefahren sind. Zwei Jahre später soll nun der Nachfolger erscheinen. Aber zum Glück läuft es mit den „nächsten Alben“ oftmals besser als mit den „nächsten Filmen“. Das Tape (ja, ich konnte und wollte einfach nicht mehr bis März warten) läuft nun permanent hoch und runter und es reißt mich wieder zu Jubelstürmen hin.

Musikalisch ist alles im grünen Bereich: die Energie der Stoner Punk-Songs brüllt dir entgegen, die musikalische Ausrichtung ist ähnlich dem Vorgänger: fette Stoner Punk-Riffs treffen auf spannende Bassläufe und ein erfrischendes Drumming, welches so unglaublich natürlich und live klingt, dass man den Eindruck bekommt, die Band rockt in deinem Wohnzimmer. Neben den „normalen“ Zutaten in Form von fetten Riffs, spannungsvollem Aufbau, Melodien und tollen Songs hat man aber für „120 Ruhepuls“ (was für ein geiler Song: Musik und Text sind perfekt!) tief in der Punk-Kiste gewühlt und fast habe ich geglaubt, eine Coverversion eines 80er Jahre-Punkrock-Hits zu hören: schnell, melodiös, geil. Den Gegenpol bildet das langsame „Liebesgrüße nach Neukölln“, wobei sich dieser Bastard im hinteren Drittel zu einer wahren Ohrenschmaus-Orgie wandelt, wenn im Abgeh-Part die Orgel sich völlig enthemmt mit der Gitarre paart.

Textlich möchte ich das Prädikat: „grandios“ anbringen, denn die Texte sind einfach so, wie die Welt sie verdient hat: direkt in die Fresse. Ob man mit gängigen Vorurteilen spielt („Ihr! Alle! Immer!“) oder auch einfach mal sagt, dass es ihn ankotzt, wenn Leute ihn mit irgendwelchem Stuss volllabern („Die Fahrt wird lustig“), den Leuten den Spiegel vorhält („Panik schieben“), mit der denglischen Alles-super-Fraktion bricht („It′s so Berghain“) oder mit „Action Moni“ reinen Tisch macht: was Tom aka Angel in Mikro sagt, ist Gesetz! Er ist genau das, was Deutschland fehlt: ehrlich, auch wenn es wehtut! Statt Schönrederei und Konfliktscheue gibt es ein Extrapfund Pferdefleisch…äh…Ehrlichkeit. Das wird nicht jedem schmecken, sollte es aber.

Zu dem musikalisch-textlichen Gourmethappen kommt eine etwas dumpfe, aber organische Produktion, die klingt, als würde die Scheibe aus den 70ern hergebeamt worden sein. „Ihr! Alle! Immer!“ ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Rockolymp. Wann verstehen die ganzen Dokutainment-Glotzer das endlich? Wahrscheinlich nie. Ich weiß nicht mal, ob ich das „richtig“ verstehe, aber ich liebe die Art der Band. Sie geben mir, wonach es mich dürstet: Riffs, intelligente Texte und Power. Und Dreck. Und Punk. Und ′ne Kassette. Und die Gewissheit, dass da draußen nicht alles so „Berghain“ ist. (chris)