REVIEW

CONTRE JOUR „Abîme“ (French Cold Wave)

CONTRE JOUR

„Abîme“
(French Cold Wave)

Wertung: Gut

VÖ: 19.01.2014

Label: Eigenproduktion

Webseite: Bandcamp / Facebook 

CONTRE JOUR ist eine dreiköpfige Cold Wave Band aus Frankreich. Das aktuelle Werk beherbergt 8 Songs aus der Ära der ersten beiden Alben und steht vollkommen kostenlos zum Download bereit. Geprägt ist der Klangkosmos von ruhigen Soundstrukturen, verführerischen Synths und eindringlichen weiblichen Heavenly Voices. Dazu gesellt sich ein gelungenes Konglomerat aus verschmitzten Pop, Dark Wave und kühler Atmosphäre. Letztere ist hier nicht ganz so eisig und düster (mal abgesehen von den Instrumental Tracks), dazu sind die Melodielinien viel zu warm gezeichnet. So bildet das Gesamtkonstrukt einen wunderschönen, angedunkelten Harmoniebogen, der an Bands wie Chandeen oder Dark Orange angelehnt ist und zudem einige Facetten besitzt, die an die grandiosen Cocteau Twins erinnern.

Songs wie das verspielte „Nocturne“ sorgen mit eindringlichen Melodien nicht nur für Eingängigkeit, sondern auch in ihrer treibenden Darstellung für eine gewisse Tanzbarkeit. Gelungen auch die dezent gesetzten Breaks, die immer wieder für coldwavige Unterbrechungen sorgen. Der Titeltrack verschmelzt in akustisch-textlicher Hinsicht die innere Gefühlswelt, die sich zwischen Verzweiflung, Wut, Hass und Hoffnungslosigkeit bewegt. In „Masquarade“ geht es um das Verstecken hinter Masken, die nach und nach zu einem Gefängnis werden. Die lieblichen Vocals laufen fast konträr zur textlichen Ausdrucksstärke. Natürlich sorgen auch die französischen Texte für eine galante Sanftheit. Die Sprache wirkt einfach wesentlich weicher und verspielter als Englisch oder Deutsch. So kann man auch negative Gefühlswelten in einen harmonischen Stimmungsbogen verwandeln. Die musikalischen Auswüchse variieren zwischen getragenen, fast klassischen Arrangements, Minimal Synth und von poppigen Melodien umwehten Wave. „They lied to us“ ist ein von tiefer Melancholie getragenes Instrumental. Es klingt wie Vertonung, bzw. die Abspannmusik zum 86er Zeichentrickfilm „When the wind blows“. Gleich danach zeigt sich das Trio von ihrer treibender Seite („Paris 2052“). Effektvoller Synthie Wave wird hier mit einer druckvollen Komponente verfeinert. In „Illussions“ wird Sängerin Roxy von Gitarrist Manu auch gesanglich unterstützt, so entsteht ein betörendes Duett, welches erneut von ruhigen Klängen getragen wird. Die Saiten erinnern hier ein wenig an The Cure, während das Gesamtkonstrukt des Songs durchaus in Richtung „The Human League“ geht.

Das instrumentale „Le code“ zum Schluß ist geprägt von einer dramatischen Inszenierung, die sich irgendwo zwischen Dark Ambient und verschnörkelten Industrial eine Heimat sucht und entlässt den Hörer aus einer fesselnden Umarmung von gelungen coldwavigen Klängen. Wie gesagt, das Werk gibt es als kostenlosen Download bei Bandcamp. (andreas)