REVIEW

VOYNA „And The Heresies…“ (Melancholic Dark Wave)

VOYNA

„And The Heresies…“
(Melancholic Dark Wave)

Wertung: Sehr gut

VÖ: 23.06.2023

Label: Icy Cold Records

Webseite: Facebook / Bandcamp

VOYNA ist das Solo Projekt von Peer Lebrecht, dem Sänger, Texter und Kreativ-Designer von GOLDEN APES. Vor zwei Jahren erschien mit „The Cinvat Bridge“ sein Debüt, welches ausreichend in unserem Magazin gewürdigt wurde (Review), nun legt der Berliner Künstler eine 6 Track EP nach.

Der Opener beginnt schleppend, der erhabene dunkle Gesang setzt schnell ein und nimmt den Hörer samt einer latenten Gänsehaut gefangen. Es ist diese Stimme, welche in schwarzem Samt gekleidet daherkommt. Das folgende „Death by 1000 Cuts“ hat etwas mehr Energie, die Gitarren agieren flirrend dennoch straight, sanftmütige Synth-Schnipsel, werden mit elegischen Facetten versehen und zu einem Teppich verknüpft, welcher sich ausgerollt als perfekter Grund für Stimme und Text dar gibt. Die Texte sind ein intimes, meist nicht zu entschlüsselndes Gedankenfragment, welche wie Tagebucheinträge von Jean Amery oder Cioran klingen, dabei immer irgendwie etwas Erhabenes, etwas wahrhaftiges besitzen. Dazu kommt, dass mir die neuen Songs noch eine Spur intimer klingen (wenn das überhaupt möglich ist). Das wunderschöne, schwermütige „Moulding Heart“ besitzt neben der innewohnenden Ruhe ein gradliniges Schlagzeug, welches wohl den Humanismus geschickt umgeht. Die Saiten schleichen dahin, eine betörende Wärme geht von den Synths aus. Das Gesamtkonstrukt ist ein Zusammenfügen von schwarzen Mosaiksteinen, dessen Grauschattierungen nur dezent Hilfe spenden.

„When the Silence comes“ ist fast in seiner Verspieltheit zu vergleichen mit den Pop Songs von THE CURE, welche bei der aktuellen Tour den letzten Zugabenblock bildeten. Ein kleiner Break im Mittelteil und folgende kräftige Schlagattacken, sowie leicht eruptive Saiten geben dem Stück Energie, welche nach und nach von tiefgründigen Trauer enthauptet wird. Das Schlussepos „Words“ ist von der Inszenierung im Vergleich zum Vorgänger etwas zurückhaltender. Der galante, im Mark weiche Klangkosmos entblättert sich langsam. Die fast nicht zu erkennenden eingestreuten „Schreie“ sorgen für leichte Horror-Elemente, dürften aber auch geschickt den Gedankenspiegel nur marginal mit Cortisol füllen.

Fazit: Erneut beweist Peer seine zur Perfektion gereifte Elegie, welche sich in tiefer Melancholie badend, dem Hörer schwarze Blumen für die Trauerfeier auf den Altar der eigenen Stille, des eigenen Rückzugs legt. Und doch legt man sich gemütlich in ein Bett und hört zu, denkt nach, fragt nach der Hoffnung und negiert sie. Der Bandname (russisch für Krieg) dürfte heuer etwas seltsam rüberkommen. Wobei diese, aus heutiger Sicht, Provokation niemals in Peers Gedankengebäude gepasst hätte. Dieser elendige Krieg scheint wohl noch eine andere Komponente zu haben, denn diesmal verzichtet Peer auf die Gitarren von Denis Ivanov (Brandenburg). Das Album entstand also allein in Zusammenarbeit mit seinem kongenialen Partner Thommy Hein, dessen Bearbeitung der Gitarre für manches Sahnehäubchen auf der schwarzen Torte sorgt. Peer gehört zudem, das sei zum Schluss mal erwähnt, im Kosmos des dunklen Gesangs jederzeit zu den Anwärtern für einen Award. Jedenfalls gab es für mich wieder massig Momente, in denen mich die Stimme stark berührte und das limbische System in Wallung brachte. (andreas)