EMPFEHLUNG, REVIEW

VLIMMER „Zerschöpfung“ (Dark Wave/Kunst/Klangerlebnis/NDT/Alles Andere)

VLIMMER

„Zerschöpfung“
(Dark Wave/Kunst/Klangerlebnis/NDT/Alles Andere)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 25.08.2023

Label: Eigenproduktion

Webseite: Facebook / Bandcamp

VLIMMER ist das Ein-Mann-Projekt von Alexander Leonard Donat, der seit 2015 regelmäßig EPs herausbringt und vor zwei Jahren ein komplettes Album, welches mich irgendwie flashte (Review ) und nun gibt es erneut ein im positivsten Sinne abgedrehtes Werk aus dem Experimentallabor von Alexander. Ich geb mir gar nicht erst die Mühe, diese Musik irgendwie zu beschreiben, damit würde ich vor der gleichen Wand stehen, auf die Anfang der 80er die Kritiker starrten, wenn sie mit den Neubauten in Berührung kamen.

Das Intro „Losig“ variiert zwischen sakral und Dramatik, könnte ebenso SAW einleiten, wie eine Tragikomödie. Danach herrscht bei „Flurfall“ eine durchdringende Atmosphäre, dessen Bittersüße galant mit Opulenz gespickt ist. Es klingt wie Schmerz, es klingt nach Harmonie, es klingt nach Disharmonie, in Verbindung mit dem hingebungsvollen, latent leidenden Gesang klingt es gespenstisch. Bestechend wie es gelingt, eine Melodie des Undergrounds zu zelebrieren, darüber eine Filmmelodie aus dem Horror-Genre zu legen, hernach die Verzweiflung in der Stimme zum Exzess zu treiben und dieses Gesamtkonstrukt in ein musikalischen Gesamtkonstrukt zu kleiden, mit dem man sich gerne ummantelt. „Masks“ ist verworren in der Struktur, während Leonard erzählt und Backings aus dem Hintergrund die Erzählung zum passenden Moment konterkarieren oder bestätigen. Der Sound ist bewusst leicht breiig, während das folgende „Teeritt“ eine Melodie der 80er als Unterlage benutzt (man beachte die Sanftmütigkeit des Gesamten, konträr zum „wir müssen hier raus“- Woraus?), dessen Einfachheit dezent dadaistisch daherkommt. Quasi als Trio der Moderne mit Bezug zu Richard Huelsenbeck und Hugo Ball, um diese dann im Mixer der Düsternis zu zerlegen und anschließend die brachliegenden, unsortierten Mosaiksteine in feiner Handarbeit zu einem Song zu formen, dessen Energie manisch-depressive ebenso triggert wie den ADHS bezeichneten Hochbegabten. „Fatalideal“ baut ein Monument, dessen Grundstein der Selbstbetrug ist und formiert seine opulenten Musiksoldaten um zu kämpfen, während das Leid bereits immanent zu sein scheint. Die gleiche Dramatik, hier etwas tragischer und in Facetten trübsinniger inszeniert, beherbergt „Todesangst“, ein Song, der vom Text und der Musik her nur als bedrückend wahrnehmbar ist. Eine galante Industrial Atmosphäre voller Lichtlosigkeit. Fast schön gelingt mit „Austrocknung“ der Ausstieg. Der Ausstieg aus was? Aus der typischen Strophe Refrain-Generation. Aus dem Leben. Aus den Strukturen.

Fazit: VLIMMER zu hören ist wie ein Kinobesuch im Programmkino, wobei der Film unbekannt ist und wohl als französischer Film Noir bezeichnet wurde. Im Endeffekt war es eine gute Wahl, aber verstanden hat man ihn nicht. Auch wenn die leicht fließende Träne etwas anderes zu behaupten scheint. Der Alp im Alptraum tanzt, perfekt alimentiert von VLIMMER. Ein Werk, voller frei zu entdeckender Emotionen, kleinen Anekdoten und insgesamt ein emotionaler Orkan. (andreas)