REVIEW

TOM TOXIC TOLLHAUS TRIO „TTTHT #1“ (Rockabilly)

ttthtTOM TOXIC TOLLHAUS TRIO

„TTTHT #1“

(Rockabilly)

Wertung: gut

: schon erhältlich

Label: Keil Records

Webseite: Homepage, Facebook

Da ist das Ding… endlich gibt es ein Album vom TOM TOXIC TOLLHAUS TRIO!

Der gute Tom hat mir einmal vorgeworfen, nicht 100%ig objektiv zu sein… damit hat er wiederum 100%ig Recht, denn manchmal findet man Bands und Künstler (oder sie finden dich), die die Seele streicheln und genau die richtigen Knöpfe drücken, denn Musik ist Emotion und Gefallen oder Nichtgefallen ist nicht beeinflussbar. Was also tun? Wäre das neue Album kacke, würde ich schweigen, denn meine Zeit ist zu begrenzt um mich mit doofen Alben zu beschäftigen, egal wer sie aufgenommen hat. Da ihr aber dieses Geschwurbel gerade lest, könnt ihr getrost davon ausgehen, dass das Album ziemlich unkacke ist.

Die größte Stärke des Albums ist, dass es (überwiegend) live eingespielt wurde, nämlich sowohl im Oberton-Studio, als auch im TV-Studio des OK Kiel im Rahmen der Fernsehsendung „Nightlife / Nightlive“ und diese Sendung wurde weltweit ausgestrahlt; wer im Kieler Speckgürtel heimisch ist, hatte sogar die Chance sie zu sehen. Wer von weiter weg kommt, darf sie jetzt zumindest hören.

Die ersten 15 Songs des Albums sind somit, für mich persönlich und völlig subjektiv, feinster Rockabilly, der aus der alten Zeit rübergebeamt wurde. Tom und die Produzenten haben (zum Glück) auf übermäßige Soundspielereien verzichtet und die Songs sind roh, reduziert, authentisch und vom (Band-) Sound her erinnert es mich doch tatsächlich an die alten Helden des Genres und an die alten Schallplatten meiner Eltern, die ich als kleiner Junge immer aufgelegt habe. Und ganz ehrlich: so mag ich Musik am Liebsten: ehrlich und unverfälscht, live und direkt. Man hat sich auch getraut, den einen oder anderen Fehler einfach stehen zu lassen und hat auf Overdubs verzichtet, was dem Livefeeling extrem zugute kommt. Sollte Musik nicht immer so aufgenommen werden? Für mich persönlich ist diese (heutzutage durchaus als mutig zu bezeichnende) Herangehensweise ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und zeigt uns, was Musik ist: drei Menschen, die gemeinsam musizieren. Können aber vier oder fünf Menschen sein, das ist Wurscht.

Die Mischung aus alten Songs, die bereits von Cash, Presley, Herold und Konsorten interpretiert wurden (z.B. „Viel zu spät“, „Keine Zeit, Mama“, „Ich bin ein Mann“, „Teddybär“) und Eigenkompositionen („Solange es nur geht“, „Too old to die young“, „Rock’n’Roll im Herzen“ etc.) klingt vollkommen homogen und ja, es macht immer wieder Spaß, die Scheibe rotieren zu lassen. Es hat sich sogar ein Blues eingeschlichen („Blues für dich“) und des Teufels Musik steht dem Trio ebenfalls gut zu Gesicht. Lediglich das Cover von „Dieser Weg“ (Xavier Naidoo) kann ich immer wieder getrost überspringen, da ich weder den Song, noch den Originalinterpreten mag; wie meine Lobhudelei ist auch diese Anmerkung wieder einmal 100%ig subjektiv, allerdings habe ich mich bei einem Konzert schon beim Kopfnicken zu diesem Song erwischt… aber das war nur der Rhythmus, ehrlich.

Textlich geht so ziemlich alles… witzige, alte Rock’n’Roll-Nummern, etwas zum Nachdenken, einiges zum Schmunzeln und Huldigungen an einen ganzen Berufsstand, sowie auch die Tom-typische Erklärung gegen Konformismus und Szenepolizei darf nicht fehlen.

Musikalisch regiert die Abwechslung und ganz besonders sticht für mich Slim Tall Timm an der Gitarre heraus… der Junge hat es einfach drauf die feinsten Soli zu spielen! Gefühl und Energie gehen bei diesen Liveaufnahmen Hand in Hand, aber auch Tom überrascht mit seinem Gesangsstil bei „Rocktherapie“ (geiles Kieksen oder wie man das respektvoll nennen soll) und Dennis The Menace sorgt für geile Bassläufe und dank der Produktion für ordentlich Druck untenrum.

Aber auch die Bonustracks sind mehr als erwähnenswert: „Komm her mein Sohn“ wurde für einen Film geschrieben, der allerdings nicht realisiert wurde, aber nun hat er einen großen Song am Start, der allen Vätern aus dem Herzen sprechen dürfte. Und wo wir schon bei Familienbande sind: bei „Johnny’s Boogie“ und „Langsam (raste ich aus)“ spielt sein Sohnemann John F. Keil an der Gitarre und damit ist ein Generationenwechsel eingeläutet worden, denn aktuell besteht das TOM TOXIC TOLLHAUS TRIO aus dem alten Sack und den beiden Jungspunden John F. Keil und Tilmann B., der bei dem bereits erwähnten „Johnny’s Boogie“ in die dicken Saiten haut. Dieser Song wurde übrigens von Toms Sohn geschrieben und Tom drängelt sich auch nicht in den Vordergrund (als ob er sowas überhaupt machen würde) und gibt den beiden jungen Talenten Geleitschutz. Hut ab. Der Song macht wirklich Spaß und für mich ist er die Steilvorlage für einen monstermäßigen Livejam.

Meine Anspieltipps sind „Viel zu spät“, „Too old to die young“, „Meine Lücke“ und „Rock’n’Roll im Herzen“ oder auch die Standards „Keine Zeit, Mama“ oder „Ich bin ein Mann“… aber irgendwie auch der Rest… kommt immer drauf an, welcher Song gerade läuft. Leider hat es „Delia’s Fort“ nicht auf das Album geschafft, dann hätte ich auch die höchste Höchtnote gezückt, aber stattdessen könnt ihr euch den Song etwas weiter unten anhören… quasi als ausgelagerter Bonustrack, hehehe. (chris)

P.S.: Als weiterer Gastmusiker ist noch Sam Pils (am Kontrabass) am Start und besagter Sam Pils ist der Bruder von Angelo Sasso, dem Drumgenie.