EMPFEHLUNG, REVIEW

SECRET DISCOVERY „Truth, Faith, Love“ (Dark Melancholic Rock)

SECRET DISCOVERY

„Truth, Faith, Love“
(Dark Melancholic Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 17.03.2023

Label: Artists & Acts (Universal Music)

Webseite: Facebook / Wikipedia

Vor 17 Jahren erschien mit „Alternate“ das letzte Album der Bochumer Formation SECRET DISCOVERY. Fast zwei Dekaden später veröffentlichen die Dark Rocker ein Werk, welches in Puncto Energie, Frische, Melancholie, betörenden Melodielinien und genialen dunkel-tiefen Gesangsfacetten den mit gealterten Fan voll und ganz begeistert. Schon die beiden Vorboten, das düster-knallende „I cry“ und das in NDH schwelgende, mit Felix Stass (Crematory) veredelte „nimm mich mit“ ließen auf etwas Großes schließen. Und so ist „Truth, Faith, Love“ ein ganz besonderes Werk geworden. Willkommen zurück!

Kurz zur Geschichte: 1989 veröffentlichten SD ihr Debüt („Way to Salvation“), welches heute aus der deutschen Dark Wave Szene in einem Atemzug mit LOVE LIKE BLOOD und PINK TURNS BLUE genannt werden dürfte. 1999 folgte die Trennung/erste Pause, dazwischen Meilensteine des düsteren Rocks, wie „Dark line“, „into the Void“ oder „Wasted Dreams“. Rückkehr mit dem, latent an U2s 1987er Album erinnernden „Pray“ und dem betörenden, dennoch etwas schlichten Album „Alternate“ …. Danach Solo-Projekte, (Akustik-)Konzerte und eine scheinbar nie vollendete Geschichte. Ich persönlich hab immer behauptet, dass „Alternate“ kein würdiger Abschluss für eine Band, die im dunklen Rock in Deutschland kleine Meilensteine gesetzt hat, gewesen wäre. Das neue Album wäre dieser würdige Abschluss, wobei natürlich hier die Hoffnung auf Wiederbeginn liegt. Zu schön, um wahr zu sein?

Der Titelsong darf das Album einleiten. Langsam anschleichend, fast erkundend, beginnt dieses anfänglich in Ruhe badende Kleinod. Die Instrumente zunächst reduziert, bevor sich die Gitarren in doomiger Eleganz entfalten und das getragene Intermezzo mit einer latent gedrungenen Energie manifestieren. Der Gesang ist druckvoll, behält sich aber vor, eine verführerische melancholische Note zu integrieren. Geschickte Temposteigerungen und zwei unterschiedliche Hooks vervollständigen den Song. In Elegie beheimatet und trotzdem reichlich druckvoll kommt „I can’t breathe“ daher. Ob man textlich ein Ereignis oder eine Thematik beschreibt, ist frei interpretierbar. Die Saiten arrangieren sich progressiv bis darkmetallig. Der elektronische Touch, der als Intro dient und zwischendrin auftaucht, lässt die Szenerie harmonisch erscheinen, während die Saiten das Wechselspiel zwischen Vordergrund und Hintergrund spielen und das Stück in einen wunderschönen, dennoch effektvollen Refrain treiben, der dann mit erhabenem Duettgesang dargeboten wird. Erneut besticht das Songwriting, welches den Aufbau des Songs in verschiedene Phasen unterteilt und genau die Melange aus „auf den Punkt gebracht“ und „verschnörkelt“ der Waage zum Ausgleich dient.

Das gefühlvoll inszenierte „Battleship“ sorgt für pure Gänsehautatmosphäre. Puristische Melancholie gepaart mit hymnischen Melodielinien und ein überraschender Energieschub, samt Temposteigerung zum Ende hin, welcher sich zum passenden Moment besinnt, um einem theatralisches Outro den roten Teppich auszurollen. Wer schippert nur die Schlachtschiffe in die Herzen, könnten die eingestreuten Sprachsamples für Aufklärung sorgen?

Bereits vorab veröffentlicht als erster Appetithappen wurde „nimm mich mit“, welches stilistisch NDH und Goth Metal verbindet. Zusammen mit Felix Stass erzählt man die tragische Geschichte eines nach der großen Liebe Suchenden, der dann doch dem Fährmann seine Taler zur letzten Überfahrt überreicht. „The Gun“ lässt Kai zum Erzähler werden. Ruhig beginnend, die Saiten zurückgeschraubt. Dennoch lässt man sich nicht viel Zeit um in eine energische Szenerie zu dringen. Der Refrain ist krachig und betörend zugleich. Eingestreute Zwischenspiele mit harmonisierend-verträumten Backings, welche uns auch im Intro zu „I cry“ begegnen, sorgen für geschickt gesetzte Ruhepole.

„I cry“ ist die zweite Singleauskopplung. Ein druckvolles und mit reichlich Düsternis daherkommendes Stück, welches samt Lyric Video erschienen ist. Eine unterschwellige Aggressivität durchweht den Song, welcher in eingestreuten Breaks die Harmonie kurzzeitig in die Arme schließt, um sie dann doch effektvoll wegzustoßen.

Ihre balladeske Ader beweisen die Secrets mit dem zweiten in Deutsch gesungenen Stück „alles versucht“. Es geht um Fragen, Nachdenken, Ängste, Verzweiflung und wehmütige Rückblicke. Die Worte und Sätze tröpfeln in ein Meer der Tragik.

Auf der limitierten CD Version gibt es zwei weitere neue Songs, „Dein Reich“ von 2015 plus 2 Remixe dieses Songs, die unterschiedlicher nicht seinen könnten, einer von Dirk Riegner (Keyboarder und Songwriter bei Secret Discovery sowie Keyboarder bei Peter Heppner) und einer von Carsten „Cazy“ Schmidt und Franco Zappala sowie eine überarbeitete Version des „Alice2“-Songs „In My Life“, bei dem der Bochumer Rock-Gitarrist Axel Rudi Pell mit einem längeren Gitarrensolo am Ende des Songs gefeatured wird. Der Grund dafür, dass die weiteren, neuen Stücke nicht auf der normalen Version zu finden sind, hat keinen qualitativen Hintergrund, da sich „Poison“ und vor allem das gelungene, mit zweistimmigen Gesang und einer filigranen Saitenarbeit dargebotene „in my Life“ nahtlos in das vorher Gehörte einreihen.

Fazit: SECRET DISCOVERY gelingt es nach 17 Jahren mit einem nahezu perfekten Album zurückzukehren, welches galant und überlegt austariert zwischen Härte, Melancholie, Melodie und Düsternis variiert. Dabei gelingt es, teilweise dem perfekten Dark-Rock-Song sehr nahe zu kommen. Kai’s Stimmbänder variieren zwischen rauer Energie und erhabener Eleganz, welche die Tragik der einzelnen Stücke perfekt in Szene setzen. SECRET DISCOVERY gelingt der Spagat, die dunkle Seite der 80er und 90er ins Hier und Jetzt zu transportieren, dabei den Staub mit elektronischen Finessen zu versehen und somit das Alte, Liebgewonnene perfekt in einen neuen Sound zu integrieren, ohne Fans der ersten Stunde vor den Kopf zu stoßen. Ganz im Gegenteil, sieht man doch verschiedene Parallelen zu früheren VÖs. Im Endeffekt ist es, wie einen alten Freund zu treffen, mit dem man immer noch die gleichen Interessen teilt und sich viel zu erzählen hat. (andreas)