EMPFEHLUNG, REVIEW

HIDDEN BY IVY „Acedia“ (Dark Wave /Art Pop)

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„Acedia“
(Dark Wave /Art Pop)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 04.09.2015

Label: Eigenproduktion

Webseite: bandcamp / Facebook

Hinter HBI verbergen sich die beiden Polen (Rafał Tomaszczuk – vocals/Agonised By Love) und Andrzej Turaj (God’s Own Medicine). Auf ihrem Debüt zelebriert das Duo eine harmonisierende Melange aus melancholischen Wave, verführerischer Schwermut und jazzigen Eruptionen. Die galant geführte Melodielinie variiert zwischen 80er Wave und gelungen Variationen im 4AD Stil mit dezenten Verweisen an Cocteau Twins oder This Mortal Coil.

Der Opener „cold summer die“ ist ein in Watte gepackter Depro-Rock Song, dessen elegische Momente in sakrale Stimmungsmomente transferieren. Der Gesang ist kristallklar und mit einer verwundbaren Leichtigkeit schwebt Rafal über den verschwörerischen Soundstrukturen. Eine ganz besondere Atmosphäre liefert das Blasinstrument, welches sich dramatisch in die Szenerie integriert. „Shame“ beherbergt ein wenig Western Stile in bestem Sergio Leone Euphemismus. Ein bißchen Fields wird verfeinert mit durchdringen Exkursionen der Harmonie. Der Sog der hingebungsvollen Eleganz wird zum Kuschelkissen, worunter immer ein paar verschmitzte Halogene aufleuchten, um der Szenerie das Leben zu schenken, dessen Tunnel von einem immer kleiner werdenden Kerzenlicht beleuchtet wird. „To Abandon“ badet in Ruhe, dezent der musikalische Untergrund, dessen Sakralität mit betörenden Vocals unterstützt wird. Der Text beschreibt eine Stadt, eine Begegnung und lässt Realität und Traum zerfliessen. Das Zuhören wird zum Kopfkino. Rafał mimt einen Erzähler und die gedrungene Eleganz lenkt perfekt das Augenmerk auf den Gesang. Streicher leiten das folgende „Pale Shade“ ein, wenn die Tragik in verschwommen Bläsern kolportiert scheint man mitten in einer Wagner Oper zu stecken. Ein voller Schwermut steckender Erguss der emotionaler Hingabe. Die Instrumente sind eher beseelt von karger Schönheit. Das Arrangement bleibt minimalistisch und endet in getragenen Piano Klängen inklusive einem sphärischen Finale.

Das über achtminutige „Everything was“ führt den Hörer endgültig in andere Sphären. Ein Hauch Orient verführt das Ohr, was natürlich auch an Inga Habibas Stimme liegt, und begeistert mit einer musikalischen Form des Laissez-faire. Zudem scheint hier ein gewisser hippieesker Charme hervor, der ein wenig an The Mission erinnert.“Don’t go“ scheint beherrscht von einem betörenden Didgeridoo, dessen atonale Eleganz sich in einer geschmiedeten Offenbarung der Melancholie ergibt. Der Gesang ist ganz ruhig und liefert diesen Schauer, der sich über den Rücken ergießt und in einer Gänsehaut verwandelt. Dezent eingespeiste Backing-Choräle lassen diese Atmosphäre zum Triumphzug werden. Dass man „NIE ZNAM WIECEJ“ in polnischer Sprache darbietet, verleiht dem Stück eine gewisse exotische Vaganz.

Fazit: Fern aller Konventionen und Genregrenzen zelebriert uns das Duo eine galante Form der dunklen Musik. Man könnte es als Dark Art Pop bezeichnen. Gefühlvolle Melodien paaren sich mit emotionalen Gesang und gebären ein wunderschönes Musikepos, dessen Eleganz eine Brücke zwischen E- und U-Musik schlägt. Unbedingt reinhören. Chapeau!! (andreas)