REVIEW

FILM „Halloween“ (Horror)

Originaltitel: Halloween

Herstellungsland:
USA

Erscheinungsjahr:
2007

Regie:
Rob Zombie

Wertung:
Geht so

Darsteller:   
Malcolm McDowell, Sheri Moon Zombie,
Tyler Mane, Scout Taylor-Compton,
Brad Dourif, Danielle Harris,
William Forsythe, Daeg Faerch,
Kristina Klebe, Skyler Gisondo,
Danny Trejo, Hanna Hall

Rob Zombie hat sich besonders durch seine beiden Filme „House of 1000 Corpses“ und „The Devils Rejects“ als Liebhaber-, gleichzeitig aber auch als versierter Regisseur derber Horror-Szenarien ausgewiesen. Durch seine beiden Horror-Expoilter genießt er aufgrund seiner unkonventionellen und extremen Art, sich filmisch mit krassen, schnörkellosen Stoffen auseinander zu setzen, einen mehr als guten Ruf unter den Horrorfans weltweit. Zumal seine „Scheiß-Egal“- Haltung den Sehgewohnheiten des Mainstream- Publikums gegenüber auf erhebliche Gegenliebe bei den Genre- Freaks und Gorehounds stößt.
Umso schwerer fällt es mir, Rob Zombies Remake zu John Carpenters Slasher- Klassiker „Halloween“ als gescheiterten Versuch an zu sehen.

Dabei macht Zombie anfangs genau das Richtige, er versucht die Chose zu „seinem“ Ding zu machen. Eigentlich ist Zombies „Halloween“ eine Mixtur aus Prequel und Remake. Es wird versucht, den Mythos Michael Myers zu erden, zu ergründen, seine Taten für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen und so der Figur neue Tiefe zu verpassen, und ganz nebenbei, die Saga um den Masken- Mann neu zu starten. Ein wahrhaft löbliches Vorhaben, besonders wenn man sich vor Augen führt, was vor allen Dingen im vermurksten 8. Teil der alten „Halloween“-Serie, „Ressurection“, aus Myers geworden ist.

In diesem Remake sollte Myers DIE zentrale Figur sein, ein Monstrum im Zentrum der Zuschaueraufmerksamkeit. Und die Strategie geht zu Beginn des Streifens durchaus auf. Denn anstatt Michael nur als sechsjährigen Knirps mit Küchenmesser in der Hand stumm in die Kamera starren zu lassen, wie seinerzeit Carpenter am Anfang des Originals, baut Zombie ein Außenseiter-Szenario um den zukünftigen Meuchelmörder. Sein Michael ist ein leicht übergewichtiger, psychotischer Teenager, der in üblen sozialen Verhältnissen aufwächst, inklusive versoffenem Stiefvater und strippender Mutter. Natürlich ebenfalls von seinen Mitschülern gehänselt und von der Lehrerschaft aufgrund seines gestörten Verhaltens gemieden. Erste Anzeichen von tiefergehenden psychischen Problemen zeigen sich im Quälen und Töten von Tieren sowie Michaels vorliebe, sein Gesicht hinter diversen Masken zu verstecken.

Ja, es ist schon erstaunlich, wie weit gerade Zombie bei der Charakterisierung seiner Hauptfigur in die Serien-Killer-Klischee-Kiste greift. Hätte man doch gerade von ihm, in seiner unkonventionellen Art etwas Originelleres erwarten können. Doch die Charakterisierung geht trotz ihrer Klischeehaftigkeit auf, was zum einen am Regietalent Zombies, aber  hauptsächlich der schauspielerischen Leistung des jungen Daeg Faerch zu zuschreiben ist, der den jungen Michael Myers überzeugend darstellt. Seinen ersten Höhepunkt erreicht der Film dann im geradezu manischen Amoklauf des jungen Michael. War es im Original noch der Mord an Michaels Schwester, der als Aufhänger diente, so sind es hier gleich eine handvoll Opfer, die Michaels Hass und aufgestaute Aggression zu spüren bekommen. Zombies Inszenierung ist in diesen Szenen erstklassig. Die explodierende Wut und Aggression in dieser Szene wirkt auch für den Zuschauer als „Befreiungsschlag“, als letzter Ausweg aus einer perspektivlosen Welt, die der junge Michael jetzt gnadenlos niederreißt, um sich selbst daraus zu befreien. Nur die Unschuld, in Form einer Schwester im Babyalter (der späteren Laurie Strode) und die immer führsorgliche Mutter werden verschont. In diesen Szenen identifiziert sich der Zuschauer tatsächlich mit einem der berühmtesten Massenmörder der Filmgeschichte. Ein genialer Schachzug, der die Figur des Michael Myers dem Zuschauer tatsächlich näher zu bringen scheint.

Weiter geht’s in Smiths Grove, der Irrenanstalt, in der Michael die nächsten 15 Jahre verbringt. Hier wird man Zeuge der Therapieversuche, die Dr. Loomis mit Michael unternimmt, aber nicht das Geringste erreichen kann. Dabei legt Malcom McDowell seinen Dr. Loomis wesentlich egozentrischer an, als es Donald Pleasence im Original tat. Sich der Hoffnungslosigkeit von Michaels Zustand stets bewusst, versucht er aber trotzdem, eine Art freundschaftliche Beziehung zu Michael aufzubauen. Dieser driftet jedoch immer weiter in seine Psychose ab, versteckt sein Gesicht nur noch hinter selbst gebastelten Masken und verfällt bald in sein berühmtes Schweigen. Die Szenen in Smiths Grove setzen die Klischeehaftigkeit zwar fort (die Behandlungsfetzen, die man mitbekommt, scheinen direkt aus „Psychologie für Dummies“ entnommen zu sein), können jedoch weiterhin durch die souveränen Leistungen aller beteiligten überzeugen. Gekrönt wird diese erste Filmhälfte dann von Michaels Ausbruch aus Smith Grove. Nach 15 Jahren der Inhaftierung zu wahrhaft hünenhafter Statur herangewachsen, richtet Michael, nun dargestellt von Tyler Mane, bei einem Verlegungsversuch ein Blutbad unter den Wärtern an und flieht.

Also. ziehen wir nach dieser ersten Filmhälfte mal eine kurze Zwischenbilanz.:
Zombie schafft es, allen „Entmystifizierungs-Theoretikern“ zum Trotz, ein, zwar Klischeehaftes, aber dennoch ansprechendes Psychogramm von Michael Myers zu zeichnen. Seine Inszenierung ist klasse, die schauspielerischen Leistungen passen. Soweit so gut also… Bis jetzt !!!

Denn leider geht Zombie nach dem Ausbruch von Michael aus Smiths Grove die Puste aus. Kaum ist Michael auf freiem Fuß, scheint Zombie nur noch eins zu können: Carpenter kopieren.
Er präsentiert uns quasi ein „Best of“ des originalen „Halloween“. Alle wichtigen Szenen werden der Reihe nach abgearbeitet: Lauries Besuch beim Myers Haus, der Blick aus dem Fenster in der Schule, das Babysitten, die Gespräche über den schwarzen Mann mit Tommy Doyle, Michaels Kostümierung als „Gespenst“, zwischendurch versucht Loomis, den Sherriff vor der drohenden Gefahr zu warnen, ja Zombie geht die Vorlage durch und hakt nacheinander ab. Problem bei der Sache ist nur, dass Zombie durch seine ausführliche Vorgeschichte rund um Michael Myers, nur die Hälfte der Zeit, die Carpenter im Original hatte, aufbringen kann. Und so verkommt seine als Hommage gedachte Zitatensammlung leider zu einem unübersichtlichen und für Nicht-Kenner des Originals nur schwer nach zu vollziehende Aneinanderreihung von belanglosen Szenen. Denn wo Carpenter die Zeit, die er bei der Charakterisierung von Michael sparte, in ausgiebige suspense Szenen investieren konnte und somit neue Maßstäbe im Horror-Genre setzte, wirkt Zombies Version zusammenhangslos, gehetzt und leider Gottes viel zu spannungsarm. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Tatsache, dass Zombie seine ursprüngliche Idee, Michael als zentrale Hauptfigur zu etablieren in dieser Filmhälfte einfach komplett über Bord wirft, nur um uns dafür eine oberflächliche Laurie Strode vor die Nase zu setzen, die in extrem aufgesetzt wirkender Form ihr „Virgin“- Image aus dem Original quasi in der Luft zerfetzt. Diese Laurie hat nichts mehr mit der Vorzeige-Streberin und lieben Babysitterin aus dem Original gemein, sondern präsentiert sich als großmäuliges und in meinen Augen nicht gerade sympathisches Vorstadt-Luder. Außerdem hätten wir uns doch eh viel lieber weiter an Michael’s Versen geheftet, dem vermeintlichen Hauptdarsteller des Films.

Ein weiteres gravierendes Problem, was ich mit dieser zweiten Filmhälfte habe, ist Zombies… nun ja. nennen wir es mal so… „dreckige“ Erzählweise. Versteht mich nicht falsch, ich will hier nicht den Moralapostel raushängen lassen, aber wenn in Smiths Grove weibliche Mitgefangene minutenlang von Wärtern vergewaltigt werden (zumindest in der Unrated Fassung), Michael wimmernde, halbnackte und blutverschmierte weibliche Mordopfer durch die Gänge zerrt oder sämtliche Figuren im Film ein ultra-derbes Fäkalsprachen-Feuerwerk nach dem anderen vom Stapel lassen, dann passt das vielleicht in Zombies geniale 70ger Jahre-Exploitation-Hommage „The Devils Rejects“, aber bitte nicht in ein Remake eines der größten Klassiker der Horrorfilm-Geschichte. Hier zollt mir Zombie einfach zu wenig Respekt der Vorlage gegenüber, denn die hatte solch plumpe und pervers angehauchte Szenarien einfach nicht nötig, um die Zuschauer bei der Stange zu halten. Wo Carpenter neue Maßstäbe in Sachen filmischer Suspense setzte, biedert Zombie sich nur an und bedient die Erwartungen der frisch geschlüpften Gore-Kiddies an einen modernen Horrorfilm, die in Zeiten von „Hostel“ oder „The Hills have Eyes“ auch gleich noch ’ne Kipplastergroße Ladung Obszönität und moralischer Anstößigkeit mitgeliefert bekommen müssen, um sich unterhalten oder „geschockt“ zu fühlen. Dabei vergisst Zombie aber leider, dass er hier verdammt noch mal Carpenter kopiert, und dass hätte er in meinen Augen mit ein bisschen mehr Respekt tun sollen, denn seine Sex-Crime- bzw. Torture-Horror Eskapaden passen nicht zu dem Film und wirken jedes Mal wie störende Fremdkörper (auch wenn jetzt mit Sicherheit viele Leser „Weichei“ schreien werden. ;-)) ).

Natürlich läuft auch hier alles auf die Finale Konfrontation zwischen Laurie und Michael hinaus, die sich als überlange Hetzjagd durch das abrissreife Myers- Haus entpuppt. Zombie tut sein Möglichstes, um die Spannungsschraube nicht zu lösen, schafft es aber durch seine eigene Inkonsequenz nicht, den Zuschauer zu überzeugen. Denn seine ursprüngliche Idee, Michael als Mensch zu charakterisieren, frei von jeglicher übernatürlicher Präsenz, wird in dem Moment zerstört, in dem Michael nach etlichen Pistolenschüssen niedergestreckt zum finalen Amoklauf aus dem Totenreich zurückkehrt. Hier werden sämtliche Bemühungen Zombies, eine funktionierende Hintergrundgeschichte für den Masken- Mann zu entwerfen, ad absurdum geführt, und es regieren wieder die alt gedienten Klischees des unverwundbaren, unzerstörbaren und deshalb eindeutig NICHT-menschlichen Filmkillers. Auch wenn Michael am Ende in einer hysterisch montierten Szene aus dem Leben scheidet, so wirkt sein finales Aufbäumen in diesem Remake äußerst fehlplaziert. Hier fehlte Zombie einfach der Mut, die gängigen Genre-Klischees außer acht zu lassen und seiner anfänglich eingeschlagenen Linie, Michael als Mensch zu charakterisieren treu zu bleiben. Man könnte fast sagen, dass dies bezeichnend für den ganzen Film ist. Zombies Ansatz war interessant, seine ursprüngliche Idee lobenswert, seine Umsetzung dergleichen jedoch in letzter Instanz Inkonsequent.

Summa Sumarum ist Rob Zombies „Halloween“ der gescheiterte Versuch, die Franchise rund um Michael Myers wieder zu beleben. Der Film fängt viel versprechend an, und das trotz erheblicher Klischee-Dichte zu Anfang, was für Zombies Talent und Herzblut spricht, dass er in diesen Film hat fließen lassen. Die zweite Hälfte gerät dabei aber zu einer mittelmäßigen Carpenter- Kopie. Der Film zerbricht so in zwei Hälften, die leider kein stimmiges Gesamtbild ergeben wollen, und so weder der Figur des Michael Myers noch Zombies eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. Immerhin, er hat es versucht. (sebastian).