EMPFEHLUNG, REVIEW

EPHEMERE „Niemandsland“ (Synthpop/Wave)

EPHEMERE

„Niemandsland“
(Synthpop/Wave)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 08/2013

Label: Whiterock Records

Webseite: www.ephemere.de

Nach einer Live LP und zwei EP’s gibt es nun das erste Full Length Album des Bremer Duos um Jan Schoenmakers (Songwriting, Lead Vocals, Synthesizers, Piano, Organ, Harmonica, Chimes, Arrangements, Production) und Karsten Block (Songwriting, Vocals, Guitars, Bass, Drums, Flute, Organ, Arrangements, Production). Entstanden ist ein interessantes Werk, mal verwirrend, mal betörend, mal elegant, mal schräg. Es sind diese Ambivalenzen, welche das Durchschreiten vom Niemandsland so entdeckungsreich gestalten.

Bereits der von Tragik umwobene Opener „Grazing“ offeriert die Vielseitigkeit und die Liebe zum Detail. Man lässt sich Zeit, das Stück in einen Harmoniebogen zu verwandeln. Während zu Beginn die Stimme zum flüsternden Erzähler mutiert, begeistert später der Wechselgesang der beiden Protagonisten. Es ist gesanglich nicht unbedingt ein Duett, eher geht man Richtung Zweierkanon. Musikalisch geht es getragen bis balladesk zu. Die Melodielinie schleicht mit einer melancholischen Kraft in die Gehörgänge. Insgesamt ein schwermütiges Ouvre, welches sich gefühlvoll einem dunklen Wave hingibt. Für „snowfields“ holte man sich mit Diana Miliz (state of Emergency/Circles Tunes) weibliche Verstärkung hinters Mikro. Erneut ein Song, der sich sehr ruhig gibt. Gesang und Musik laden zum Tagträumen ein. Textlich verarbeitet man Hoffnung, Verlust, Kreisläufe des Lebens mit einer philosophischen Ader, dessen durchströmendes Blut ein wenig Phänomenologie atmet.

„Acid rain“ besitzt einen stärkeren Elektrotouch und erinnert ein wenig an Yello, womit man dann auch den Synthpop der 80er heraufbeschwört. Verquere Synths entführen in eine durchdringende Hookline. Unterschwellig schwingt eine kleine Note des Minimal-Wave mit. „Mountains of Nothing“ scheint fast ein wenig die Soundtrackarbeit von Ingfried Hoffmann heraufzubeschwören, wenn die Flöte den Rhythmus mimt. Auf der anderen Seite gibt es, sobald die Songs, wie hier, ein wenig schwungvoller erscheinen, Reminiszenzen an Alphaville. Der Text gibt sich hier konträr zur leicht lieblichen Musik, denn erneut verarbeitet man Verzweiflung, Alleinsein, Hoffnungslosigkeit mit Metaphern der inneren und äußeren Leere zu einem bedrückenden Gesamtgebilde.

Abgeschlossen wird der Gang durchs Niemandsland mit dem über 8 minütigen „Lunar Colony“. Die Suche nach Halt wird zum Finden. Gefunden ist die Mondkolonie. Handelt es sich um einen Traum, ein Ziel, eine Metapher? Oder ist es doch kein Finden, sondern nur beschreiten eines neuen Weges, heraus aus dem Niemandsland?

Den Norddeutschen ist es gelungen, verschiedene Genres zu einer geschlossenen Einheit zu verschmelzen. Hier gibt es Anleihen beim Melancholic Wave, Synth Pop, Prog Rock, Trip-Hop und sogar ein wenig Singer/Songwriter ist spürbar. Dazu gesellen sich niveauvolle Texte, die sich (außer „Lunar Colony“) philosophisch dem Geist des Nihilismus hingeben. Nietzsche unterschrieb sein „Zarathustra“ mit „ein Buch für alle und keinen“. Dem mit wundervollen Coverartwork im Digi-Pack daherkommenden Album von Ephemere dürfte ein ähnlicher Untertitel angemessen sein. (andreas)