REVIEW

ENGELSSTAUB „The 4 Horsemen Of The Apokalypse“ (Dark Ritual/ Ambient)

engelsstaubENGELSSTAUB

„The 4 Horsemen Of The Apokalypse“
(Dark Ritual/ Ambient)

Wertung: Gut

VÖ: 30.04.2015

Label: Apollyon /Broken Silence

Webseite: bandcamp

Die Kasseler Formation lieferte vor allen in den 90ern ihren Beitrag zur Dark Wave/Gothic Szene, mit Alben wie „Malleus Maleficarum“, meinem Favoriten „Ignis Fatuus: Irrlichter“ und dem neoklassisch angehauchten „Anderswelt“. Nach der 2011er VÖ „nachtwärts“ gibt es nun ein Konzept-Mini-Album, welches ursprünglich in anderer Aufmachung und Darstellung geplant war. Leider entschied man sich für diese 8 Track CD, anstatt, die vier ursprünglich geplanten Songs als 10″ zu veröffentlichen.

Bevor wir uns dem Rahmen zuwenden, betrachten wir zunächst das verstörende Gemälde, dessen Fokussierung auf die vier Reiter der Apokalypse gerichtet ist. Jedem dieser vier Reiter ist ein Song zugedacht, diese Stücke werden in polnischer Sprache und mit päpstlicher Stimme zum passenden Bibelabsatz angekündigt.

Nachdem das Lamm das Buch mit den sieben Siegeln geöffnet hat, begegnen wir zunächst „The First Seal- Victory“. Das weiße Pferd steht für Reinheit, Sieg und so ist der cineastischen Eruption trotz aller schweren Klangstrukturen ein dezenter Lichtblick zu entlocken. Die ambientartigen Strukturen verbinden sakrale Elegie mit einem folkigen, leicht orientalischen Touch. Liebliche Backings treffen auf bedrohlich tiefe Stimmbandzerrungen. Wie auch bei den anderen Stücken ist die stimmliche Zufuhr fast wie ein zusätzliches Instrument zu bezeichnen. Es folgt der Reiter mit dem rotem Pferd („The Second Seal-War“). Hier sticht deutlich das Percussing in den Vordergrund. Die Trommelarien symbolisieren Krieg, Blut und Zerstörung, wobei die wagnereske, klassische Untermalung, aufgrund der Dissonanzen ein wenig an „Das Rheingold“ erinnert. Die Flöte und das Klingelspiel führen in sphärische Gefilde. Aufgrund der innewohnenden Ruhe wirkt dieses Stück noch bedrohlicher, wobei die weibliche Stimme im Mittelteil ein wenig in Richtung Dead can Dance tendiert. Kommen wir zum Reiter mit dem schwarzen Pferd („The Third Seal-Famine“), welches Tod und Zerstörung symbolisiert. Musikalisch umgesetzt als bedrückende Drone-Attacke. Atonale Soundcapes und Ritual-Ambient verschmelzen zur kühlen Ästethik. Ein-und ausgeleitet von Glockenklängen bleibt dem Hörer die Bitterkeit als zersetzendes Kleinod. Furcht und Krankheit bringt das vierte, fahle Pferd („The Fourth Seal-Death“). Zwar ist der Zugang auch bei den ersten Stücken nicht leicht, aber hier setzt man noch eins drauf. Eine Atmosphäre, die sich wie ein Krebsgeschwür ausbreitet, passend dazu auch eine dezente Temposteigerung mit verwirrenden Soundstrukturen. Die Opernarien verführen, der tiefe Ton konterkariert die Eleganz. Musikalisch verliert sich das Gehör mal in einem langgezogen einzelnen Ton, dessen Dehnbarkeit auch durch unterschiedliche Instrumente dargestellt wird, wobei die Noten eher fragmentiert in die Szenerie dringen. 4 Schlachtrosse der Apokalypse, womit Albrecht Dürers Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert seine perfekte Vertonung findet.

Wie gesagt, geplant als 10″ mit diesen vier Songs war die Ausgangsbasis, und bis hier würde ich eine Empfehlung mit dicken Ausrufezeichen geben. Der Rahmen mit vier weiteren Songs tendiert aber nur zu einem „gut“, wobei besonders das Johnny Cash Cover zur Abwertung führt. „The Beginning Of The End“ leitet das Werk ein. Männliche Choräle, eingeflochtener Bombast und sphärische Eleganz bestimmen diesen Song, der durch die wiederholte Titelzeile wie ein Intro fungiert. Das Johnny Cash Cover „The Man Comes Around“ wirkt wie eine Persiflage. Auch wenn ich denke, die Band wollte hier eher einem alten Recken huldigen, bleibt der Eindruck einer Karikatur. Wie eine Kurzmelange aus den 4 Siegeln erscheint „God’s Mercy“, bevor „The Awakening“ einen schon fast eingängigen Abschluss bildet. (andreas)