EMPFEHLUNG, REVIEW

DIORAMA „Zero Soldier Army“ (Experimental Dark Pop/Elektro)

dioramaDIORAMA

„Zero Soldier Army“
(Experimental Dark Pop/Elektro)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 09.09.2016

Label: Accession Records

Webseite: Homepage / Facebook / Wikipedia

Mittlerweile bereits das neunte Studioalbum der Formation um Mastermind Tobias Wendt, der auch gleich ein wenig über Entstehung/Hintergründes von „Zero Soldier Army“ zu berichten weiß: „Die Songs sind in einer Zeit immer vertrackter werdender globaler Krisen bei gleichzeitigem Erstarken zunehmend fanatischer Nationalismen und anderer Wahnvorstellungen entstanden“. Gut, da dürfte ja dann ein aggressives Gitarrengewitter mit elektronischen düster Industrial und wilden Shouts herausgekommen sein. Teilweise ja, meistens nein, denn der typische Diorama Sound (inkl. Gesang) ist eher ein dunkel-melancholischer Moloch, dessen darkwavige Ausrichtung immer wieder mit harmonischen Melodielinien glänzen kann. Ohrwurm und Eingängigkeit seziert in Torbens Laboratorium. Herausgekommen ist ein Werk mit reichlichen Feinheiten, reichlich Überraschungen, aber auch ein Album, auf dem sich Songs zwischen „Gefällt gleich“, „da hör ich später noch mal rein“ und „Wendt at his best“ abwechseln.

Der Opener beginnt wie eine klangliche Unterwassermassage für die Elektronik. Blubbernd schleicht der Song in tragischer Ruhe dahin. Torbens dunkle Stimmbänder nehmen einen erzählerischen Ton ein. Versteckte orchestrale Strukturen und galante Sakralität nehmen dezent Fahrt auf.

„OFF“ ist ein über siebenminutiger Moloch, dessen energiegeladener Beat auf dem ersten Ohr den Dark Industrial moderner Maschinen mit den analogen Reminiszenzen an den 80er EBM kombiniert. Wobei das Ouvre als cineastische Untermalung einer verödeten Landschaft dienen könnte. Danach nimmt der Hörer ein Bad in „Defcon“. Eingeflochtene Future-Pop Vaganzen paaren sich mit verwirrender Elektronik, wobei der Refrain derart betörend die Ohrhärchen streichelt, das man fast in Trance verfällt. Dann aber das Messer, leise schneidend und mit Gewalt hetzend. Die Einzelteile fügt Torben dann zusammen, zu einem schweißnassen Tanzangebot. Wabernde Elektronik, wilde Eruption, Breaks und dann wieder dieser Ohrgasmus erster Güte. Wilde Klangspektren kontern in „beta“ die zerbrechliche Trauer im Gesang. Aber Torben kann auch den Shouter mimen. Hier trifft 80er Pop auf Sisterhood meets Sisters und das Tagebuch der Träume hat auch noch eine Seite frei. Das Ganze mit bombastischen Soundkreation angereichert, dessen Wesen zwischen Krach und tief gefühlvoller Melodie pendelt. Und ein Gefühl für Orchestralität ist auch immer gegeben. Wild und ungezügelt, teils absolut kompromisslos. Ein bißchen Invincible Spirit leitet „smolik“ ein. „Comfort Zone“ beherrscht das Spiel mit der Elektronik. Unglaublich tanzbar. Dazu verwirrende Tonagen und dann….Eingängigkeit. Hingebungsvoll das lalala und auch sonst…Die Stimme…wunderschön. Das instrumentale „Nebulus“ ist eher ein Füller und auch das (sicherlich) gefühlvolle Endstück kann nicht mit dem vorher gehörten mithalten.

Fazit: Fassungsloses Staunen angesichts der Klangvielfalt. Man könnte fast jeden Song als perfektes Beispiel für die Verschmelzung von Gefühl und Härte an die Wand beamen. Auch das balladeske Piano rollt mal den roten Teppich aus, über den Torbens Stimmbänder dann schreiten, bzw. schweben. Das Gesamtbild ist geprägt von einer unterschwelligen Aggression, welche schnellstens umschlagen kann, entweder in Verzweiflung oder in Wut. Für eine „Normal CD“ hat das Ganze auch vom Cover her etwas mehr zu bieten. (andreas)