EMPFEHLUNG, REVIEW

DEAMON’S CHILD „Scherben müssen sein“ (Stoner Noise)

deamons-child-scherben-muessen-seinDEAMON’S CHILD

„Scherben müssen sein“
(Stoner Noise)

Wertung: geil!

: 26.02.2016

Label: Zygmatron Music

Webseite: Homepage, Facebook

Alles neu. Alles auf Anfang. Das fängt schon beim Cover an. Hatten das Demo und ganz besonders das Debüt Deamon’s Child Cover zum Niederknien, reduziert man man die Optik auf ein Minimum und benutzt viel Schwarz, etwas Pink und ein wenig Grau. Fertig ist das Äußere. Im Inneren hingegen hat man alles noch viel bunter gestaltet und das zweite Album der Hannoveraner Band springt dich so quicklebendig an, dass ich glauben möchte, dass man sich einer „Frischzellenkur deluxe“ unterzogen hat. Am Auffälligsten erscheint mir die Gitarrenarbeit von Sven: Ich habe keine Ahnung, was er in der letzten Zeit so für Musik gehört hat, aber seine eigene klingt so frisch und aggressiv, wie bisher noch nie. Monstermäßige Riffs und Licks und Hooks ohne Ende veredeln die Songs, was neben dem geilen „Das Vogellied“ in einer beinahe Speed Metal/Rock’n’Roll-Hochzeit namens „Keine Zeit“ gipfelt und die MELVINS von alten MINISTRY überfahren werden. Für mich, dem ein Großteil seines Herzen dem Metal gehört, bekomme jedenfalls Gänsehaut. Allerdings bleibt man sich auch treu und und hat diese geilen Parts in Petto, die man schon seit Anbeginn der DEAMON’S CHILDschen Zeitrechnung zelebriert. In jedem Song kann man irgendwas geiles an der Klampfe bestaunen (checkt mal unbedingt „Schweinehund, komm tanz mit mir!“) und auch wenn ich das Album sicherlich schon fuffzehn Mal gehört habe, findet sich immer wieder etwas, was mir vorher nicht auffiel… und je nach eigener Stimmung liebe ich die harschen Riffs oder die groovigen Parts… also ehrlich… Hut ab. Daneben fällt mir auf, dass die Songs strukturierter erscheinen, aber niemals ihre Kraft verlieren oder im Vorfeld kaputtgedacht wurden. „Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein“, heißt es schon bei „Metropolis“.

Die bezaubernde Ana Muhi verzaubert einmal mehr mit ihrer wunderbaren Stimme, holt aber diesmal auch viel mehr aus sich heraus, als bei den vorangegangenen Veröffentlichungen. Sie singt, schreit, spricht so leidenschaftlich und echt, dass man sich mit Lust den Texten hingibt, die, wie immer, herrlich surreal erscheinen; eines Kontextes beraubt, den du beim Hören selber schaffen darfst und musst. Da ich die realistisch-existentialistisch-nihilistische Ausrichtung durchaus zu schätzen weiß, kann ich die Texte genießen und mir auf Zeilen wie „Wir brennen alle in der Hölle. Wo denkst du hin?“ („Monster“) oder „Die Toten hörn dir nicht mehr zu und ab morgen gehörst auch du dazu“ („Das Vogellied“) meinen eigenen Reim machen.

Da ich schon Sven und Ana hervorgehoben habe, fällt es mir auch nicht sonderlich schwer, Schlagzeuger Tim zu erwähnen, denn nur ganz selten gibt es Bands, bei denen alle Mitglieder über das gewisse Extra verfügen und für sich allein etwas Besonderes sind. Oder funktionieren die Talente der drei nur im gemeinsamen Kontext? Das wäre ja wie bei THE DOORS… gemeinsam Legende, allein eine Randnotiz; von Morrisons lyrischer Großartigkeit mal abgesehen. Egal, denn zusammen kreieren Sven, Ana und Tim einen unglaublichen Sound, was zu einem großen Teil an dem großartigen Schlagzeugspiel von Tim liegt, der alles ist, aber kein normaler Drummer. Er bringt mit seinen Rhythmen so viel Energie ins Spiel, treibt an oder schafft rituelle Ruheräume. Wahnsinn. Durch seine Art zu spielen werde ich auch zukünftig nicht müde, allen vor den Gigs zu erzählen, dass sie unbedingt auf diesen wahnsinnigen Schlagzeuger achten müssen.

Welchen Song sollte ich euch bloß als Einstiegshilfe offerieren? Ich denke, „Das Vogellied“ (einer der geilsten Tracks der letzten Zeit!), „Keine Zeit“ oder das zehnminütige „Nichts“ machen sich gut; allerdings genauso wie alle anderen Tracks. Aber die grundsätzliche Frage lautet: „Ist es wichtig?“ Ja! (chris)