ANY MIRACLE
„A Greater Monster“
(Dark Wave)
Wertung: Gut+
VÖ: 02.05.25
Label: MobuRec
Die Band ANY MIRACLE gründete sich Anfang 2022. Das Trio besteht zu dreiviertel aus der damaligen Dark Wave-Kultcombo FORTHCOMING FIRE, welche Anfang der 90er für reichlich Furore sorgte. Somit gibt es hier gestandene Musiker, deren Faible für dunkle Musik ins „Alter“ gerettet wurde und die heuer eine galante Melange aus Tradition und Moderne spielen. Während man geschickt die damaligen 90er als vergangene Gegenwart betrachtet und auch mit einem Liebäugeln in die 80er schielt, kommt ihr Düstersound reichlich frisch daher, ohne den legendären Staub zu negieren. „A Greater Monster“ ist das Debüt, deren Teile bereits 2023 veröffentlicht wurden.
„Sweet fire“ beginnt wie ein gestockter Kuchen der 80er. Die Gitarren schleichen sich heran, die Melodie legt sich ins gemachte Bett und dennoch klingt eine enorme Frische aus den Boxen, deren verschämter Blick in den Rückspiegel durchaus beim Britpop der Marke Pulp stechend die Pupille liebkost. Dazwischen agiert reichlich destruktive Energie und eine galante Verspieltheit. Wilder und mit roher Vehemenz wird das folgende „Storm of Monsters“ dargeboten, welches im Mark ein wenig WIPERS versprüht. Die Stimme als eleganter Ruhepol, welche sich anschmiegsam der Melancholie hingibt, gleichwohl betörend den Refrain in durchdringendes Chaos versetzt. „The Select“ beschäftigt sich kritisch mit manche Eliten, welche hier ihren Abgesang zugesprochen bekommen. Das musikalische Konstrukt ist latent fragil, erinnert musikalisch an 4AD Bands wie COCTEAU TWINS und beinhaltet eine verwegene „Shoegaze-Atmosphäre“, während die Stimme von unterschwelliger Aggression geprägt, dennoch emotional-liebreizend daherkommt. Das folgende „Supertonic“ ist ein getragenes Zwischenspiel, geprägt von samtener Ruhe. „Careless“ ist ein experimenteller Song, der sich elektronisch in die 84er Nische von DEPECHE MODE versteckt und gar krachtechnisch ein wenig NEUBAUTEN integriert.
„Submachine“ frönt dann wieder der glänzend-dunklen Schönheit, versehen mit leicht hardrockigen Saiten. „Revenants“ besticht mit einer in sich geborgenen Ruhe, welche sich dann und wann in ein chaotisch-schräges Wirrwarr verwandelt und dadurch eine besondere Atmosphäre heraufbeschwört, wie sie evtl. von SLOWDIVE oder den SWANS bekannt wären. Zum Schluss gibt es das theatralische, dennoch fast versöhnliche Instrumental „Undone“.
Fazit: Insgesamt ein interessantes Album, welches mal nicht gradlinig auf den Punkt gebrachte, moderne Düstersounds offeriert, sondern verspielt, teils experimentell die verschiedensten Soundkosmen verziert in die Gehörgänge träufelt. Ein gefühlvoller Gesang, dessen emotionale Energie eher latent verzweifelt, als druckvoll daherkommt und so perfekt die Texte um Achtlosigkeit, zerbrochenen Idealen und dem Zerfall von Empathie – aber auch von Widerstandskraft und der Möglichkeit, eine neue Richtung einzuschlagen darbietet. (andreas)