EMPFEHLUNG, REVIEW

AEON SABLE „Hypaerion“ (Goth Rock)

AEON SABLE

„Hypaerion“
(Goth Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 11.03.2016

Label: Solar Lodge

Webseite: Homepage / Facebook / Bandcamp

„Hallo Andreas – deinem Beitrag „ANDREAS‘ fast unpolitischer Rückblick 2016 „entnehme ich, dass du allem Anschein nach nicht unser letztes Album erhalten hast. Wenn du möchtes,t lasse ich dir gerne Aeon Sable’s Hypaerion (03.2016) zukommen.
Das nenne ich mal gesundes Selbstbewusstsein. Allerdings fußt dieses auf dem Wissen, dass man ein geniales, in sich stimmiges Gothic Rock Werk in Petto hat.

Die Formation aus Essen könnte man als einzig legitimen Nachfolger von Garden of Delight bezeichnen, na klar, der Rezensent wird früher später bei dem Label diesen Vergleich empor holen. Aber nebenbei ist es nicht nur die Musik, teilweise der Stil des Gesanges, sondern auch die magische Sieben, so beherbergen alle Alben nur 7 Songs. Ob Aeon Sable sich dann auch nach sieben Alben auflösen wollen? Ich werde mal fragen.

Traditioneller Goth Rock, der geschickt die beiden Teilaspekte verbindet. Da ist die gitarrenbetonte, rockige Seite, mal kristallin, mal schneidend gerifft. Dann diese romantische, düstere Atmosphäre, welche die mystische Eleganz alter britischer Gruselfilme beherbergt.

Der Opener und Titelsong „hypearion“ könnte auch als Link zum „Saturn return“ Album verstanden werden, ist doch Hypearion ein Mond des Saturns. Der Song funktioniert zudem wie ein perfektes Intro, mit seinen „verschwörerischen“ Text(fragmenten) und der durch und durch dunklen Klangskulptur. Angesichts der leichtgängigen Melodielinie geht man im folgenden „Elysion“ verspielter zur Sache. Gefühlvolle Elegie trifft auf gothrockige Saiten und einen Gesang, der dezent klagend in eine durchdringende Hookline führt. Perfektes Zusammenspiel von Strophe und Refrain und die stilistische Ausdrucksstärke der Stimme, mit ihren Zwischenatmungen sorgen für ein düsteres Vergnügen. DJ’s in den den einschlägigen Kellerdiskos dürften zudem für freudige Erregungen im Auditorium sorgen.

Eine gelungene Rhythmik beherrscht „Laylah“. Hier agiert die Klangfolge sehr lieblich, die Saiten sezieren ab und zu die Szenerie, während der Gesang dunkler intoniert wird. Diese, dem Song immanente, wiederkehrende Melodielinie erinnert mich komischerweise ein wenig an Phillip Boa. Der Song huldigt den „Engel der Nacht“ des Talmuds. In „Garden of Light“ geht es um einen Reisenden, der sich Crowleys „tu, was du willst“ einverleibt (hat). Goth Rock kann durchaus ein Bad in der Harmonie nehmen. Schwarzer Schaum, Weihrauchgeruch, Nebel und im Kopf der Spaziergang durch einen Wald in der Dämmerung ohne Angst, nur allein mit seinen Gedanken und einem wohligen Gefühl der Freiheit. Ein kleiner, ebenso überraschender Geniestreich gelingt mit „of cats and mice“, wobei Aeon Sable eine feminine Seite integriert, welche sich gesanglich mit Nino duettiert und dem Song eine gefühlvolle, sentimentale Richtung verleiht. Für die weibliche Stimme konnte man Aeleth Kaven von der Band „La scaltra“ gewinnen.

Fast 15 Minuten zelebriert der Schlusssong „Procession“ eine dicht konzeptionierte Schwere, deren Trauerflor als musikalisches Denkmal unter den, der Verzweiflung nahen Vocals von Nino thront. Dieses Songwriting, dass ein Spannungsbogen über lange Zeit aufbaut und erhält wird leider immer seltener. Dabei sind derartige Songs fast ein Spielzeugladen für Ideen. Die Essener liefern hier schwarzes autogenes Training, dessen Introvertiertheit sich einem opulenten, gothischen Mahl öffnet.

Fazit: Eine betörende Ménage à trois aus Melancholie, Melodie und traditionellen Goth Rock. Ein musikalischer Genuss nicht nur für Fans von Garden of Delight oder Sisters, denn angesichts der feinsinnigen Klangfarben mit ihrer dargelegten Verletzlichkeit dürften auch Fans von Saviour Machine das Reinhören nicht bereuen. Gelungen auch, dass man sich seiner weichen Seite bewusst ist und diese nicht mit allzu überbordender Straightness negiert. Das wundervoll gestaltete 6 Panel Digi Pack gibt es bei Bandcamp für 11 Euro. Und dann noch eine kleine (heutzutage sehr wichtige) Anmerkung: Aeon Sable versteht es, sowohl die Atmosphäre, als auch die musikalische Qualität auf die Bühne zu bringen, davon konnte ich mich letztes Jahr überzeugen. Ein Konzertbesuch lohnt sich, auch wenn er mittags auf’m Amphi stattfindet. (andreas)