EMPFEHLUNG, REVIEW

ABGLANZ „Dawn Of Eternal Existence“ (Black Metal)

ABGLANZ

„Dawn Of Eternal Existence“
(Black Metal)

Wertung: Empfehlenswert!

VÖs: CD (DIY) 07.09.2024 / LP 30.03.2025

Label: Vendetta Records

Webseite: Instagram / Facebook / Bandcamp

Gastbeitrag von „Rudi von Hotel666.de„:
Die Raunächte sind schon seit Monaten vorüber, aber jenen, die am und im Harz wohnen oder löblicherweise zum Urlaub zu dieser Zeit hier verweilten, ist sicherlich aufgefallen, dass die Wilde Jagd in diesen Zeitraum besonders häufig voller Unrast und mit einem Heidenlärm über unsere Berge hinwegzog. Gab es so viele Seelen zu holen? Sicherlich, aber der Grund war dann doch ein anderer, denn nachdem der Einäuige von den Harzer Black Metallern ABGLANZ und ihrem ersten musikalischen Lebenszeichen, der EP „Call Of The Woods“, sehr angetan war, konnte er sein Glück gar nicht fassen, als ihm Gedanke und Erinnerung die Kunde brachten, dass die Band bereits im September einen Longplayer namens „Dawn Of Eternal Existence“ als CD in Eigenregie veröffentlicht hat. Als dann endlich die ersten Töne dieser Scheibe Valaskjálf durchzogen und ihm, auf Hlidskjalf sitzend, sein Herz erwärmten, beschloss er diese heidnischen Barden persönlich zu besuchen. Zu Recht, wie ich finde, denn B.L. (Gitarre/Gesang), K.B. (Gitarre), A.V. (Drums) und Mara (Wandar/Gateway To Selfdestruction/Gorleben), die H.S. am Bass ersetzte, haben wahrlich ein prächtiges Stück Schwarzmetall auf uns losgelassen, das es echt in sich hat…

… und nicht nur nahtlos an ihre umwerfende EP anknüpft, sondern diese für meine moosbehangenen Ohren auch noch toppt! Ich war ja auf ihre erste Langrille echt gespannt, da ich wissen wollte, ob sie die hohe Qualität und Intensität auch über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten könnten und es ist ihnen wirklich auf prächtige Art und Weise gelungen :). Da spitzen nicht nur die einheimische Luchse und Wildkatzen ihre feinen Hörorgane bei dem was Betino, Karsten, André und Mara hier erschaffen haben. Angetrieben durch ein inneres heidnisches Feuer, welches ihr Herzblut zum Kochen bringt, ergießt sich dieses über ihre Notenblätter und es entsteht wirklich packendes und intensives Schwarzmetall, welches auch spieltechnisch keine Wünsche übrig lässt! Auf „Dawn Of Eternal Existence“ schreiten sie auf ihrem Pfad durch das knorrige Unterholz, welchen sie bereits auf ihrer EP einschlugen, weiterhin voran, sind sich aber nun mehr ihrer Kraft, Fähigkeiten und Kreativität bewusst, weshalb das zu Hörende variabler, mutiger, griffiger und intensiver erklingt, sodass es mir eine große Freude ist, den neuen Songs zuzuhören. ABGLANZ‘ Sound wurzelt weiterhin in der modrigen und unheilvollen Erde Skandinaviens, welche den Black Metal-Spirit der früher 90er in sich konserviert hat. Aus dieser und z.B. dem modrigen Torf einer auch daraus resultierenden Band wie HELRUNAR und ihren Frühwerken oder den Klängen von SUN OF THE SLEEPLESS beziehen sie ihre Kraft und Inspiration und lassen daraus Songs wachsen und gedeihen, die es echt in sich haben. Mitreißende Hymnen voll melancholisch-epischer Melodien, rasender Wut, ruhige Momente des in sich Kehrens, auch mal mit einem Sample versehen, sphärisches Entrücken und mächtige, sich auftürmende, im walzigen Midtempo gehaltene Riffgebirge, angetrieben von wuchtigen Drums, bahnen sich, gleich einem kräftigen, aber herrlichen Unwetter, wahrlich kraftvoll und intensiv ihren Weg durch alte, verlassende Stollen, über Berge, Moore und durch Täler und peitschen dir wie ein heftiger, vom Wind getriebener Regen in dein Gesicht, während der herrliche Duft von nasser Erde und Wald in deine Nase zieht.

„Dawn Of Eternal Existence“ ist von einer packenden Emotionalität durchzogen, der ihr euch nicht widersetzen könnt und wollt und so gleitet ihr weiter in einen flimmernden Rausch hinein. Dazu passt auch das Ende dieses Album, denn nachdem der vorletzte Song langsam durch eine entschleunigte Variante der rasenden Hauptmelodie seinen Ausklang findet, übernehmen ein Cello (Lestaya von Ferndal) und eine Violine (Carmen Busch u.a. von Eluveitie) die Regie und bauen dadurch eine herrliche Atmosphäre auf. Dem ist aber nicht genug, denn Nils Johan, der für die musikalischen Arrangements der klassischen Instrumente verantwortlich ist, nimmt die Melodie beim abschließenden Instrumental wieder auf, spannt die Fäden der Nornen weiter und lässt mittels selbst gespielten Pianos und der Saiteninstrumenten von Lestaya und Carmen ein ergreifendes Szenario aufleben, in dem in ihr euch träumend auf einer Wanderung nicht nur im Geiste immer weiter im herrlichen Dickicht alter Bäume verliert und verloren geht…

Aus diesem knorrigen Dickicht heraus, bricht dann Betinos kraftvolle Stimme hervor, und diese klingt dabei einer der düsteren Kreaturen aus alten Sagen gleich, vor der sich die Menschen einst fürchteten und deshalb der Harz gerne gemieden wurde. Denn sie wussten, wer solche Klänge von sich gibt, kann nur mit dem Teufel im Bunde sein und würde ihnen das Fleisch von den Knochen fressen, nachdem die Bestie ihre Seele in die tiefe Schwärze eines Mundlochs hineingerissen hat. Und so intoniert er die gelungenen und zu den vielen Stimmungen der Musik sehr stimmigen Texte voller Inbrunst und infernalischem Feuer! Wirklich garstiges und hasserfülltes Krächzen, intensives Schreien und bösartiges Keifen entrinnen seinem Munde und ihr könnt beim Hören förmlich spüren, mit welcher Hingabe er die Worte zelebriert, in sie eintaucht, durchlebt und entsprechend mitreißend erklingen lässt. Wie bei der EP schwingt in seiner Stimme auch wieder diese herrliche melancholische Sehnsucht mit, die sich ja auch in der Musik wiederfindet, und in Kombination miteinander intensivieren sich beide gegenseitig. Klasse!

Natürlich ist ein prächtiger Sound für diese Songs ein Muss und ABGLANZ haben sich dafür abermals in ein regionales, aber renommiertes Studio begeben, nämlich in das Pure Sonic Studio in Langelsheim bei Goslar, betrieben von Jost Schlüter, in dem bereits HEADSHOT, DENY THE URGE, FINAL CRY, DIVINE NOISE ATTACK oder IRON FATE ihren Stahl veredeln ließen. Kam mir beim Review zur EP der Gedanke, wie die Songs mit einem weniger modernen und etwas natürlicherem Sound klingen würden, eine Überlegung, die ich auch mit Betino teilte, wurde dieses dann durch die Tape-Version welche einen old schooligeren Mix beinhaltete, beantwortet. Es klingt wirklich nochmal etwas besser, weshalb ich nun sehr auf die neue Produktion gespannt war, da Josts Arbeit immer einen angenehm natürlich Klang beinhaltet. Und es ist eindeutig ein positiver Unterschied zu vernehmen, wie ich finde :). Insgesamt ist der Sound auf alle Fälle schon mal dichter, kompakter, voluminöser, lauter und baut ordentlich Druck auf, was dem Songmaterial doch sehr gut tut und dessen Kraft und Intensität so um einiges besser transportiert als zuvor. Die Produktion ist dann tatsächlich auch, wie von mir erwartet, kerniger und natürlicher ausgefallen, ist aber gleichzeitig auf der Höhe der Zeit. Eiskalt sägende und garstig verzerrte Gitarren, ein angenehm knarziger und wummernder Bass, ein schön wuchtiger und satter Drumsound und dazu der gut vernehmbare Gesang. Insgesamt stellt die differenzierte Produktion auch allen genug Raum zur Verfügung, der auch gut genutzt wird, um den komponierten Stahl pechschwarz glühen zu lassen. Mich treibt aber abermals wieder, wie bei der EP, der Gedanke um, wie die Scheibe mit einem noch natürlicherem und noch ein wenig erdigerem Sound, wie ihn z.B. SUN OF THE SLEEPLESS auf ihrer Split mit CAVERNOUS GATE haben, klingen und wirken würde. Wie gesagt, bin ich mit dem Sound und vor allem mit der Entwicklung dessen sehr zufrieden, aber interessieren würde es mich doch trotzdem sehr. So oder so gibt es an der Produktion von Jost wirklich nichts zu meckern :).

Gar prächtig ist auch die Aufmachung geworden, welche die umwerfende Musik glanzvoll abrundet :)! Das beeindruckende Artwork von Redamaut zeigt ein an einen Kupferstich aus dem 15.-17. Jahrhundert erinnerndes Bild, welches mich durch seinen detailreichen Stil sehr zu begeistern weiß und durch seine Opulenz sehr gut zu „Dawn Of Eternal Existence“ passt. Was gibt es zu sehen? Ein sich mächtig auftürmendes Gebirge mit alten Nadelbäumen im Vordergrund, welches als Hintergrund für einen sich bereits im Zerfall befindlichen, menschlichen Körper dient, der sich gerade selber mit einem Schwert geköpft hat und das abgetrennte Haupt stolz empor hält. An der Stelle, an dem jener bis eben sein Leben lang verweilte, entspringt nun sonnengleich ein güldenes Licht, welches seine Strahlen kräftig in die Welt trägt. Eine Szenerie, die für mich den Albumtitel wirklich sehr gut und vor allem nicht so 08/15 darstellt und dabei sehr ehrwürdig wirkt. Klasse! Umrandet wird dieses Bild von einem edlen Rahmen, der unten vom Albumtitel und oben vom von Diana Roth (Ex Inferis Art) geschaffenen tollen Bandlogo abgerundet wird. Der komplett schwarze Untergrund als Fundament des Ganzen wirkt dabei als hervorragender Kontrast. Ein tolles Layout, abermals von Wappenschmied (auch für die restlichen Graphiken verantwortlich) erschaffen, was sich im Digipack an sich und auch im Booklet zeigt. Im Digipack findet sich auch das feine ABGLANZ-Monogramm (Diana Roth) wieder, genauso wie die Credits und tolle Livebilder der Band geschossen von CC’n’G (Braunschweig), Carsten Brand (Brandlicht) und Lyna Fotographie. Die Bookletvorderseite ziert das Artwork, Teile davon auch auf der CD zu sehen, und im Inneren und auf der Rückseite befinden sich gut leserlich alle Texte mit Ausschnitten des Covers als Untergrund, verziert von eleganten Rahmen, welche jeweils mit einer individuellen Wappenschmied-Graphik verziert wurden. Ihr seht, dass sich hier wirklich sehr viel Mühe gegeben wurde, um euch nicht nur musikalisch etwas Prächtiges zu bieten. Das ist ja leider nicht immer Standard und wenn ich bedenke, dass die CD als DIY-Release erschien und der Vertrag mit Vendetta Records erst danach zustande kam, finde ich es umso beeindruckender und passionierter :). Spricht auch für die Band, dass für sie nicht nur die Musik, sondern das Gesamtprodukt im Ganzen sehr wichtig ist.

Einen Vorteil hat es aber doch, dass ich so spät mit meinem Review dran bin, denn so kann ich euch die just via Vendetta Records, wo die Band mittlerweile unter Vertrag steht, erschienene Vinylversion schmackhaft machen. Und diese ist wirklich umwerfend geworden und ich bin aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen, als ich sie endlich in meinem Händen hielt. Alleine schon das Artwork mit allen seinen Details im Großformat zu sehen, ist schon klasse, aber nur der Anfang! „Dawn Of Eternal Existence“ kommt nämlich als Doppel-LP im Gatefold, welches aus hochwertigem Karton mit angenehmer Haptik besteht, daher :)! Auf der Hüllenrückseite gibt es wie bei der CD das Logo plus die Songtitel. Klappt ihr die Hülle auf, erscheint ein sich auf beide Seiten erstreckendes, leicht unscharfes SW-Livephotos, welches die Stimmung ihrer Konzerte sehr gut einfängt. Oft ist dem Vinyl ja ein Inlay als Hochglanz-Booklet hinzugefügt, aber hier gibt es wirklich ein Buch dazu und zwar im DIN A5-Format :)! Geschmückt wird die Front vom Geköpften und die Rückseite vom ABGLANZ-Monogramm. Im Heft könnt ihr euch dann auch noch mal die bereits erwähnten Artworkfragmente noch genauer angucken. In der Mitte erwarten euch die einzelnen Liveshots aus dem CD-Booklet künstlerisch überarbeitet mit Komponenten der Aufmachung als Untergrund. Sehr schick. Dann mal zu den Rundlingen an sich, die entweder klassisch schwarz oder in durchsichtig mit schwarz-rauchiger Marmorierung daherkommen. Ich habe letztere Variante und sie sieht echt klasse aus. Genauso wie die unbespielte D-Seite, welche einen gezeichneten Schädel umrandet von Strahlen und diversen Mondphasen ziert. Umwerfend! Sieht beim schwarzen Vinyl durch den Kontrast auch toll aus. Da ist nicht nur die Band zu Recht aus dem Häuschen und es freut mich sehr, dass so tolle Musik auch eine entsprechend hochwertige Präsentation, egal ob CD oder Doppel-LP, bekommen hat.

Mit ihrem ersten Longplayer „Dawn Of Eternal Existence“ haben ABGLANZ ein wahrlich prächtiges Stück Schwarzmetall geschmiedet, geboren aus düsteren Erzen alter, verlassener Stollen des Harzes, dessen Kraft, emotionale Intensität und Atmosphäre euch einfach nicht kalt lassen wird, wenn epischer, sich auftürmender, wie auch nach vorne preschender Black Metal voller Passion und Herzblut genau euer Ding ist!

Songs:
1. Ruins 05:10
2. From The Depth 05:09
3. The Ride Of The Witches 07:12
4. The Deepest Throne (feat. Niklas – Horn) 04:49
5. Enter The Gates 06.46
6. Pale Shadows 07:41
7. I Am Their Ordeal 08:46
8. Their Light 04:41

Spielzeit: 50:14