REVIEW

SCHONWALD „Abstraction“ (Cold Wave/Dream Pop)

SCHONWALD

„Abstraction“
(Cold Wave/Dream Pop)

Wertung: Gut+

VÖ: 20.11.2020

Label: Manic Depression Records

Webseite: Facebook / Bandcamp

Dem italienischen Duo Alessandra Gismondi und Luca Bandini gelingt es, mit ihrem fünften Album genau ins Mark derer zu treffen, welche sich in einer Melange aus verführerischen Dream Pop und verzwickten Shoegaze ein Zuhause gesucht haben. Eine betörende, meist zwischen Wehmut und Melancholie angesiedelte Melodielinie dient als perfekter, leicht sphärischer Untergrund für eine weibliche Stimme, deren Klang irgendwo zwischen Liz Fraser, Siouxsie und Anja Huwe.

Der instrumentale Opener dient als perfekter Eingang, hat eine kühle Atmosphäre, welche dezent von der Rhythmik negiert wird. Das folgende „no return“ beginnnt sehr dezent. Eine schneidende Eleganz ergibt sich widerwillig harmonischen Melodielinien. Der Gesang ist gesegnet mit einer femininen Euphorie und ist mit reichlich Hall versehen, auch die sphärischen Klangstrukturen weisen diesen Hall-Effekt auf. „Polar“ lässt fast zwangsläufig (bei dem Titel) eine gewisse Kühle aufkommen. Für solche Songs wurde der Begriff Cold Wave erfunden, der Begriff findet hier seine Erklärung.

Während „Inner Sin“ mit einer kristalinen, fast sakralen Eröffnung glänzt, um fortan druckvoll und mit Vehemenz in Richtung Fuzzbox zu mäandern, überzeugt das elektronische, cyberpunkige „Fall Apart“ (erinnert musikalisch ein wenig an Cassandra Complex) durch seine durchdringende Klangeffektivität. Der Bombast lugt um die Ecke. Durch den femininen Gesang erhält der Song aber eine ganz besondere Atmosphäre. Zwischendrin diese geräuschvollen Extravaganzen aus Industrie-Klangspektren. Hier offeriert man/frau eine ungezügelte, eher verworrene Seite.

Schleppend und in Düsternis verpackt, fährt das verschachtelte „Echo’s Dream“ dahin. Wenn man mal Bass und Rhythmik betrachtet, erinnert einiges an Cure 1987 (Kiss). Fast ein Instrumental-Song, da die selten vorhandene Stimme wortlos und doch eher wie ein Instrument integriert wird. Voller Dramatik und mit fast verschwörerischer Rhythmik dargeboten, erinnert „Passion of Lovers“ an Bauhaus. Wobei die Hookline und natürlich der Gesang den Vergleich dezent konterkariert. Nicht nur hier beweist das Duo, dass man die Szenegrößen sehr wohl gehört hat. Man schämt sich auch nicht, in den frühen 80ern zu graben, aber man hat immer eine Idee, eine Komponente aus der Neuzeit, um weit weg zu sein vom Kopieren. So würde ich z.B. „Reflex“ als eher von der Moderne inspirierten Song betrachten. „Violet“ kehrt zunächst die experimentelle Seite nach außen. Alessandra steht einem unterschwelligen „Wall of Sound“ gegenüber, welchen sie meisterhaft benutzt, um auf den Wellen der verworren dargebotenen, dennoch in sich harmonisierenden Klängen zu surfen.

Fazit: Dieses Album bietet viel für Viele. Hörer von Cold Wave, verzwicktem Düster Pop und auch Liebhaber von weiblichem Gesang in Verbindung mit dunkel-melodischen, elektronischen Klangspektren dürfen bedenkenlos zugreifen. Vorhanden sein sollte eine Liebe zur Kühle, welche sich in einem romantischen, kerzenbeleuchteten Herbstabend zu Zweit ja noch entwickeln kann. (andreas)