REVIEW

JOANNA GEMMA AUGURI „11“ (Folk / Klassik / Tragik-Wave / Trauer-Pop)

JOANNA GEMMA AUGURI

„11“
(Folk / Klassik / Tragik-Wave / Trauer-Pop)

Wertung: Gut+

VÖ: 23.04.2021

Label: Lavender Music/Tracks United

Webseite: Facebook / Bandcamp

JOANNA GEMMA AUGURI nahm zwei Alben in Zusammenarbeit mit Antonii Maovvii für ihre Funeral-Folk-Band The Cold Hand auf und wirkte als Sängerin und Co-Autorin bei der Produktion von zwei Alben der populären deutschen Band Poems For Laila. In den letzten 10 Jahren spielte sie Shows in ganz Europa und Neuseeland. Ihre Debüt-EP „Green Water“ kam 2016 heraus und nun arbeitet sie weiter an ihrer Solokarriere. Ihre in tiefer Melancholie versunkenen, ruhigen Tracks werden in sehnsuchtsvolle Melodien gekleidet, wobei der sphärische Untergrund als perfektes Transportmedium für das wundervolle, leicht dunkel-erotische Timbre von Joanna funktioniert. Das Aufwachsen zwischen zwei Ländern und Kulturen formte sie zu einer Künstlerin mit polnischen Wurzeln, die durch ihre ungewöhnlichen Instrumente und ihre einzigartige Stimme auffällt. Die Erzählweise und Zeitlosigkeit ihrer Songs erinnern an Scott Walkers oder Nick Caves außerweltliche Intensität.

Besonderes Merkmal ihrer Musik ist das Akkordeon, welches hier als durchdringendes und der Tragik hingewandtes Instrument verstanden wird. Nicht bunte Kirmesmusikanten, eher Begleitmusik für ein Requiem. Dabei geht die Künstlerin auch mal experimentell zu Werke, wie im verstörend knarzenden und latent phobisch wirkenden „Moja usta“. „The Snow“ glänzt hingegen voller Liebreiz. Hier ist es eher die verspielte Zither, die Akzente setzt. Neben diesen beiden Instrumenten wirft ihr künstlerisches Gegenüber Sebastian Selke bei ausgewählten Songs das klagende Cello in die Szenerie. Die elegant eingeflochtenen Cellolinien ergänzen perfekt das Repertoire dieses Albums.

Das wehmütige „Confession To A Future Lover“ eröffnet den Reigen von 11 (daher der Titel) dunkel-tragischen Singer/Songwriter Darkpop-Songs voller Hingabe. Ein Kleinod, bei dem die Harmonie mit einer gewissen Cabaret-Schräge intoniert wird.

Die dritte Single-Auskoppelung „Molecules of Light“ glänzt mit einer verführerischen Dramatik, welche durch das, hier mal verstörend monoton dargebotene Akkordeon und die hier etwas heller dargebotene Stimme gefühlvolle Schauer über den Körper jagt.

Voller Gefühl und mit einer betörenden, innewohnenden Ruhe schleicht das verführerische „Childhood Days“ dahin. Die Zither sanft gezupft, dezente Saiten und dann dieser Gesang, in seiner Ausdrucksstärke eher demütiger Begleiter, als bestimmender Klanggeber. Dezent eingestreute Backings lassen das Dahinschmelzen zum wohligen Ausklang generieren. Sanft und mit leicht fragiler Stimmbandakrobatik dargeboten, liefert „On the Beach“ ein wunderschönes Klangerlebnis der Langsamkeit. Ein morgendlicher Herbstspaziergang durch die nebelverhangenen Wälder ist nichts dagegen. Die gefühlvoll, leicht aufbauenden Klangspielereien sind erneut geschickt Glanz- bzw. Lichtpunkte in der ansonsten bittersüß dahingleitenden Eleganz.

Fazit: JOANNA GEMMA AUGURI erinnert mich ein wenig an Alwa Glebe, während die Ausstrahlung der Musik (Ruhe, Tragik, Harmonie, Psychodrama) durchaus Fans von Nick Cave gefallen dürfte. Insgesamt ein Werk voller Schönheit, welche kunstvoll im Gefängnis der Tragik gefangen gehalten wird. (andreas)