INTERVIEW

DIE PRÄSENZ :: Man wird vom deutschen Film noch viel hören

Mit „DIE PRÄSENZ“ wurde kürzlich ein deutscher FOUND FOOTAGE Film in ausgewählten Kinos gezeigt, der diesem Filmgenre wieder ein bisschen von dem einhauchen konnte, was es einst ausmachte und Filme wie „Blair With Project“ so erfolgreich machte. Spannung, Grusel, Angst, alle diese Tribute vermittelt dieser Film eindrucksvoll. Grund genug ein Interview mit Regisseur Daniele Grieco hier zu präsentieren der einige interessante Fakten zu diesem Projekt preiszugeben hat. (michi)

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http://www.stellamarisfilm.com/
http://thelastgiants.com/

 

Hallo Daniele Grieco, stell dich bitte kurz vor

Ich wurde in Köln als Kind eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren und habe mir schon von klein auf Geschichten und teilweise ganze Filme ausgedacht. Bei einem vierjährigen Filmstudium in New York lernte ich die Grundlagen des Filmemachens. Danach hat es aber noch fast zehn weitere Jahre bis zu meinem ersten Kinofilm „The Last Giants“ gedauert – Jahre, in denen ich als Regisseur und Drehbuchautor für andere Projekte arbeitete. „Die Präsenz“ ist mein zweiter Kinofilm. Der dritte Film ist auch bereits gedreht und wird gegen Ende des Jahres folgen.

Wie ist die Idee zum Film „Die Präsenz entstanden?

So merkwürdig dies auch klingen mag, aber die Hauptinspiration sind unheimliche Vorfälle, die mir selbst passiert sind – insbesondere in Verbindung mit Freunden und Bekannten, die besondere „Antennen“ für das Jenseitige haben. Ich hatte zunächst auch etwas Sorge, aus diesen Geschichten einen Film zu machen und mich mit Dingen auseinander zu setzen, von denen wir alle viel zu wenig verstehen.

War von Beginn an klar, dass im Found Footage Stil gedreht werden wird?

Ja – das schien mir die gruseligste Möglichkeit, die Geschichte umzusetzen. Und natürlich auch die kostengünstigste.

Ist aber schon mutig einen solchen Film zu drehen in Zeiten wo das Genre allgemein als ausgereizt gilt…

Das Stilmittel, das man heute als Found Footage kennt, ist ja sehr alt, und es ist meine feste Überzeugung, dass es niemals ausgereizt sein wird. Das älteste scheindokumentarische Werk, das ich kenne, ist Orson Welles Hörspiel „Krieg der Welten“ von 1938. Damals dachten die Radiohörer, dass die Welt wirklich von Außerirdischen attackiert wird, und Panik brach aus. Eine solch durchschlagende Wirkung hat seitdem kein scheindokumentarisches Werk mehr erzielt. Nach anderen Found Footage Filmen wie Deodatos „Cannibal Holocaust“ und dem belgischen „Mann beißt Hund“ kam dann „The Blair Witch Project“ – und alle glaubten danach, das Found Footage Genre hätte nun alles erzählt, was es zu erzählen gäbe. Natürlich wissen wir seit „Paranormal Activity“, „REC“, „Cloverfield“, und den vielen, vielen anderen Found Footage Filmen, die seit dem erschienen sind, dass dem nicht so ist. Das Scheindokumentarische vermag es immer wieder, den Zuschauer auf eine ganz besondere Weise zu fesseln. Daher haben wir sogar vor, im Spätjahr 2015 noch einen weiteren Found Footage Fim zu veröffentlichen. Diesmal geht es um Außerirdische – wie in Orson Welles „Krieg der Welten“.

Wie schafft man es einen solchen Film auf die Beine zu stellen? Gab es Crowdfunding um die Finanzierung zu gewährleisten?

Unglaublich aber wahr: Die Filmstiftung NRW war mutig genug, unseren Film zu fördern! Außerdem gab es Koproduzenten. Vor allem aber gab es drei sehr engagierte Schauspieler und ein sehr engagiertes Team, die alle praktisch kostenlos mitgearbeitet haben für einen Film, den sie als etwas Besonderes betrachteten.

Wieso hat der Film den Zusatztitel „Der deutsche Horrorfilm“ bekommen? Welche Aussage möchtest du damit tätigen?

Der Zusatztitel sollte ein Ausrufezeichen sein: Wir wollten damit betonen, dass hier endlich mal ein deutscher Horrorfilm kommt – eine Seltenheit heutzutage, wo deutsche Filme fast immer komisch oder künstlerisch anspruchsvoll sein müssen. Außerdem war der außergewöhnliche Titel auch eine Werbemaßnahme, um auf den Film aufmerksam zu machen.

Wie konntest du Liv Lisa Fries für das Projekt gewinnen, die ja bereits bei „Die Welle“ zu sehen war?

Liv ist eine bewundernswert ernsthafte Schauspielerin, daher ging es für sie vor allem um den Inhalt des Films, nicht um die Größe des Budgets. Sie wollte ursprünglich keinen Horrorfilm drehen, u.a., weil sie sehr stark in ihre Rollen schlüpft und Sorge hatte, dass sie das Thema zu sehr belasten könnte. Nach einigen Treffen mit mir sagte sie dann zu – vor allem, weil ihr das Drehbuch gefiel.

Du hast sicherlich mit Bedacht sehr stimmungsvolle Drehorte für den Film verwendet, wie wichtig war es einen solch authentischen Drehort zu bekommen?

Extrem wichtig. Uns war daran gelegen, dass sich unsere Schauspieler so fühlen, wie die Protagonisten in dem Film, jedenfalls so weit das möglich war. Daher haben wir mit einem ganz kleinen Team gedreht bzw. die Schauspieler teilweise komplett alleine drehen lassen, und das in einer dunklen, vollkommen verlassenen mittelalterlichen Burg – perfekt! Außerdem haben wir die Schauspieler darauf vorbereitet, dass wir sie hier und da tatsächlich erschrecken würden. Das hat dafür gesorgt, dass Liv, Matthias und Henning ständig angespannt waren, wenn sie sich durch das düstere Gemäuer bewegten.

Die grausame Geschichte ist erfunden oder gibt es diese wirklich?

Ja, sie ist erfunden. Die meisten Geschichten und Ereignisse in dem Film sind allerdings von wahren Berichten und Überlieferungen inspiriert – und diese sind meist erschreckender und unglaublicher, als alles, was man sich selbst ausdenken könnte.

Wo liegt in Deutschland das Problem. Obwohl wir bis einschließlich der 60er Jahre so starke Filme produziert haben, gibt es eigentlich bis auf einige Ausnahmen immer nur noch die TV Produktionen, die International aber niemals Konkurrenzfähig sind… Weniger finanzstarke Länder wie Frankreich oder vor allem auch Spanien erleben ja grad einen Boom an guten Filmprojekten.

Waren die deutschen Filme bis in die 60er Jahre wirklich so stark? Zu meinen Lieblingsfilmen gehören nur zwei deutsche Filme – Murnaus „Nosferatu“ und „Es geschah am hellichten Tag“ – und bei letzterem war der Regisseur Ungar und der Autor (Dürrenmatt) Schweizer. Heute haben deutsche Kinofilme jedenfalls das Problem, dass sie in Wirklichkeit Fernsehfilme sind, da sie nur durch die Koproduktion mit einem TV-Sender die nötigen Mittel bekommen. Deutsche TV-Redakteure sind aber selten besonders risikofreudig. Während es in anderen Ländern primär darum geht, dass Formate „cutting edge“ sein müssen, also neuartig, sind viele deutsche TV-Erfolge Imitationen von Sendungen, die bereits im Ausland Erfolg hatten. Viele, teilweise sogar kleinere, Länder machen das besser. Eine so gewagte Serie wie Lars von Triers „Das Reich“ ist jedenfalls in nächster Zukunft nicht vom deutschen Fernsehen zu erwarten und folgerichtig auch nicht vom deutschen etablierten Kino.

Gibt es aus deiner Sicht lohnende deutsche Independent Projekte die man kennen und unterstützen sollte?

Ich habe das Gefühl, dass sich momentan vieles regt: Die jüngeren deutschen Filmemacher sind wie die jungen deutschen Musiker vor 20 Jahren: Sie haben genug von den landestypischen Konventionen. Ich denke und hoffe, dass man vom deutschen Film noch viel hören wird, und dass die spannendsten Zeiten vor uns liegen.

Was können wir als Konsumenten denn tun, um ein Umdenken zu schaffen hinsichtlich der Gewichtung der Aufmerksamkeit?

Ich glaube, die Konsumenten haben schon lange damit begonnen, etwas zu tun: Film- und Medienkonsum ist länderübergreifend geworden. Damit meine ich, dass heute niemand mehr davon abhängig ist, was in Deutschland im Kino oder im Fernsehen läuft: Per Youtube, Streaming, DVD etc. suchen sich die deutschen Konsumenten weltweit das Beste aus. Das beeinflusst den Geschmack und die Nachfrage des Publikums. Deswegen sind die übervorsichtigen deutschen Produktionen heutzutage nur noch etwas für die ältere Generation oder für das typische RTL-Publikum, das sich noch nicht beim internationalen Markt bedient.

Ihr habt zum Film aktuell auch eine Kinoaktion laufen, das begann zu Halloween mit der „Nighttown Tour“. Wie kann man es schaffen, dass euer Film in einem Kino um die Ecke läuft?

Unsere Kampagne heißt ja „Hol ihn in deine Stadt!“ Auf unserer Facebook Fanseite kann man das Kino nennen, in dem der Film als nächstes spielen soll. Wenn wir sehen, dass dies in einer Stadt oft gefordert wird, setzen wir uns dort mit den Kinobetreibern in Verbindung. Oft kann es dann allerdings noch etwas dauern, bis uns ein Kino einen Platz einräumt, denn die Kinos sind heutzutage ziemlich dicht und oft lange im voraus mit Blockbustern gebucht.

Ein recht großer Erfolg war auch der Film „The Last Giants“ der unter deiner Regie entstanden ist. Warst du über die Resonanzen überrascht?

Für mich war der größte Erfolg, dass der Film die Menschen, die ihn gesehen haben, bewegte. Dass dies mehr und mehr Menschen wurden hat mich überrascht, natürlich, denn zunächst mal macht man einen Film mehr oder weniger für sich selbst und kann nur schwer sagen, ob er irgend einem anderen Menschen etwas bedeuten wird. Um so überwältigender war der Erfolg dann.

Wie bist du zu diesem aufwändigen und auch sicherlich extrem wichtigen Thema dem Meeresschutz gekommen?

Ungefähr so wie zum Horrorfilm: Die Tiefe des Meeres wie auch die Tiefe der Nacht – beides hat mich als Kind sowohl geängstigt als auch fasziniert. Diese Faszination habe ich in diesen Filmen ausgedrückt so gut ich konnte.

Und was bringt die Zukunft? Gibt es schon neue Projekte, die in Planung sind?

Bei unserem nächsten Film landet etwas auf der Erde, und es wird ziemlich blutig! Diesen Film haben wir bereits gedreht, er wird gerade geschnitten. Kinostart ist entweder Ende 2015 oder Anfang 2016 – man kann sich drauf freuen, es wird echt spannend!

Gibt es noch irgendetwas was dir auf dem Herzen liegt und du uns mitteilen möchtest?

Sowohl das Publikum als auch die Filmemacher sollten niemals glauben, dass nur die Filme wertvoll sind, die einen Oscar oder eine Palme in Cannes bekommen. Die Filme, die mich seit meiner Kindheit am meisten bewegt haben, sind oft die, zu deren Herstellung die Macher nicht viel mehr als ihre Ideen hatten, und in denen es nicht um  gesellschaftlich relevante Probleme geht, sondern um das Traumhafte, das so typisch für das Kino ist: Das Monster im Dunkeln, der unendliche Weltraum und alles Übrige, das in der Welt und in der menschlichen Phantasie möglich ist.