H.P.Lovecrafts Novellen gelten allgemein als nur sehr schwer zu verfilmen. In der Vergangenheit hat sich so mancher Filmemacher mit den Werken des Amerikaners sehr schwer getan. Um so verwunderlicher ist es, dass gerade einem Hochschulprojekt zu der Geschichte „The Colour Out Of Space“ eine so gute Verfilmung mit DIE FARBE gelungen ist. Über dies sollte gesprochen werden und dafür haben wir folgendes Interview mit dem Regisseur Huan Vu geführt. (michi)
Huan, bevor wir über deinen letzten Film „DIE FARBE“ sprechen, erzähl kurz etwas über deine Person und deinen Weg zum Filmregisseur?
Hallo, ich kam 1982 in Stuttgart zur Welt und hatte zunächst gar nicht so sehr vor in Richtung Film zu gehen, der Fokus in den Jugendjahren war viel mehr auf Internet, Programmierung und Grafik ausgerichtet. Damit verdiene ich aber bis heute mein Geld, das Filmemachen kam dann nur als sehr teures und zeitintensives Hobby dazu. Nach einigen Kurzfilmen hatte ich die verrückte Idee, den ersten Warhammer 40.000 Fanfilm zu drehen, basierend auf der SciFi-Gothic Welt des Tabletop-Spiels von Games Workshop. Nach drei Jahren Arbeit an „Damnatus“, währenddessen begann ich an der Hochschule der Medien in Stuttgart-Vaihingen zu studieren, konnte ich den fertigen Film leider aber nicht im Internet veröffentlichen, da es rechtliche Bedenken seitens von GW gab, und die britische Firma generell sehr konservativ bezüglich ihres Markenschutzes vorgeht, so wie auch anfangs George Lucas bzgl. StarWars- und Paramount bzgl. StarTrek-Fanfilmen. Unsere Soundtrack-CD konnten wir aber veröffentlichen, auf ihr finden sich zum Film passende Songs aus den Bereichen Rock-Metal-Industrial.
Bei der gedanklichen Suche nach einem Nachfolgeprojekt und einem potenziellen Diplomfilm entstand dann „Die Farbe“. Am Ende mussten wir den Film aber schließlich auf eigene Faust umsetzen, da die ganze Produktion zu groß für die Hochschule und den engen zeitlichen Rahmen der Diplomarbeit war.
Einen Filmemacher fragt man ja immer gern nach seinen Inspirationen und Vorbildern,… also welche Filme und welche Regisseure dahinter haben deine Arbeit geprägt?
In der Kunst weiß man ja nie so ganz genau wo jetzt die Inspiration herkam. Die Bildsprache von „Nosferatu“, welcher oft genannt wird, wenn man von unserem Film spricht, ist z.B. von vielen anderen nachgeahmt worden – es ist ergo sehr wahrscheinlich, dass wir über zwei drei andere Filme davon beeinflusst wurden, aber ich hab ihn noch nie gesehen.
Vorbilder im Sinne von guten intelligenten Genrefilmen sind für mich z.B. „Twelve Monkeys“, „A Tale of Two Sisters“ und „The Machinist“. Alle drei sind sehr stimmungsvoll und beschäftigen einen gedanklich auch noch lange nach dem Ende. Ich hoffe uns ist mit „Die Farbe“ etwas ähnliches gelungen.
Die FARBE basiert auf einer Geschichte von H.P. Lovecraft, dessen Geschichten eher als nicht leicht verfilmbar gelten. Wie bist du trotzdem darauf gekommen ein solch anspruchsvolles Projekt anzugehen?
Naja, man sucht ja nach Herausforderungen, und wenn die Leidenschaft groß genug ist, und man an das eigene Konzept glaubt… Sicher gehört auch etwas Naivität dazu, nach dem Motto „das kriegen wir schon irgendwie hin“ 😉
Mit „Damnatus“ war es genauso, es hat gereizt den ersten Fanfilm überhaupt zu drehen, und alle waren Feuer und Flamme für das Thema. Wir sind zwar einerseits damit auf die Nase gefallen, auf der anderen Seite haben wir aber viel dabei gelernt und dieser Erfahrungsschatz half natürlich dann auch bei „Die Farbe“. Wir wussten, wir würden es hinbekommen, nur Zeit und Geld waren offene Faktoren.
Was hat dich gerade an dieser Story von H.P.L. fasziniert?
Dass dieses Wesen, das uns H.P. Lovecraft da beschreibt, weder böse noch gut ist. Kein Monster, sondern einfach eine Lebensform ist, die das tut, was alle Lebensformen tun – sich ernähren und vermehren. Und dass sie so unglaublich andersartig ist, dass sie unser aktuelles wissenschaftliches Verständnis sprengt. Außerirdische werden ja meist als humanoid dargestellt, und wenn es Gegner sind, dann auch so, dass wir intuitiv verstehen, dass sie böse sind – durch ihr Aussehen, ihre Sprache, ihr Verhalten. Das sind eigentlich keine Außerirdischen, das sind Zerrbilder von uns selbst. Die Farbe bei H.P. Lovecraft ist dagegen wirklich fremd, nichts an ihr ist so wie wir sind.
Das Thema „Falsche Wahrnehmung“ hast du in diese Geschichte mit eingebunden, wieso passte gerade das so gut in den Verlauf des Geschehens?
Farbe hat zum einen mit Wahrnehmung zu tun und zum anderen wird in der Originalgeschichte ja beschrieben, dass die Farbe irgendwie Einfluss auf ihre Opfer hat. Und da bei Lovecraft sehr vieles über mehrere Erzählebenen abläuft, und das Medium Film sehr gut geeignet ist, um mit Fehlwahrnehmung zu spielen, hat es sich angeboten, das alles zusammenzubringen. Das Ende im Original ist auch ziemlich vage gehalten, das wollten wir in filmischer Form unbedingt ebenfalls erhalten.
Auch das Thema „manipulative Parasiten“ hat dich sehr inspiriert wie du schon in den Specials auf der DVD erzählst. Ist es eher die Natur die dich da inspiriert hat oder sind es auch Filme wie „Body Snatchers“ die deine Phantasie angeregt haben?
Hier auf jeden Fall eher die reale Natur als andere Filmkreaturen. Es ist einfach unglaublich, was für Parasiten es da draußen gibt, und dass die Wissenschaft über viele Kontroll- und Manipulationsmethoden noch immer rätselt. Da diese Parasiten über kein Bewusstsein oder eine erkennbare Intelligenz in unserem Sinne verfügen, hat das gut gepasst.
Entgegen dem Filmnamen zeigt sich der Film fast ausschließlich in Schwarz Weiß. Ist das ein Gegenpol zum Filmtitel, passt das gut in die Zeit, in der dieser Film spielt oder wie hast du dich für diese Optik entschieden?
Das hat primär mit dem Konzept zu tun – wir mussten ja die unerklärliche unbeschreibliche Farbe irgendwie im Film visualisieren. Und entschieden daher das ganze Schwarz-Weiß zu halten und nur der Kreatur eine Farbe zu geben. Ohne diese Grundidee hätte ich nicht gewusst, wie wir das ganze hätten umsetzen sollen. Ansonsten passt dass schwarz-weiße Bild natürlich auch ganz gut zu einem historischen Setting und eignet sich gut für eine düstere Stimmung.
Wie schwer oder wie einfach ist es als Deutscher Nachwuchsfilmer so ein Projekt zu realisieren. Wie konntest du deine Unterstützer und letztendlich auch die Schauspieler von deiner Vision überzeugen?
Filmförderung gab es leider keine, aber das ist mit Genrefilmen generell sehr schwierig in Deutschland, und als kleiner unbekannter Independent-Filmemacher sowieso. Bei den Darstellern war es weniger schwierig, viele deutsche Schauspieler freuen sich ja, wenn sie mal ausbrechen können aus den üblichen Produktionen und bei so etwas mitmachen können.
Lovecraft gilt als ein sehr „Adjektiv-lastiger“ Schriftsteller. Du hast es geschafft mit sehr ausdrucksstarken Bildern ähnlich viel zu transportieren und auch die Phantasien der Zuschauer anzuregen. War das dein Ziel oder kam das wie von selbst anhand der Storyvorlage?
Als Lovecraft-Fans wollten wir natürlich so viel wie möglich davon beibehalten. Heutzutage, wo fast alles mittels digitalen Effekten machbar ist, ist es auch viel effektiver geworden, Dinge nicht zu zeigen und der Phantasie des Zuschauers zu überlassen. Einige meinten sogar, dass wir auch locker die Farbe gar nicht hätten zeigen brauchen. Das wäre natürlich sehr mutig gewesen, aber ich denke wir sind einen guten Mittelweg gegangen. Die Farbe überhaupt nicht zu zeigen, da würden sich andere wiederum veräppelt fühlen.
Wieso ist die Szene „Die Laterne“ entfallen? Hatte diese Szene eben jener Phantasiebildung schon zu viel Energie genommen weil zu viel Information in dieser Szene floss?
Wir mussten leider kürzen, damit der Film nicht zu sehr an Tempo verliert, und da die Laterne nicht essentiell fürs Verständnis ist, konnten wir auf diese Szene verzichten. Der Film hat ja bewusst einen langsamen Spannungsaufbau, was man heutzutage ja leider kaum noch sieht, aber wir wollten es damit auch nicht übertreiben.
Wie schaut die Zukunft des Filmemachers Huan Vu aus? Gibt es schon Folgepläne?
Es gibt einige Ideen, aber noch nichts Konkretes. Wenn es nochmal Lovecraft sein soll, muss es jedoch eine Geschichte sein, die mich genauso fasziniert wie „The Colour Out of Space“ und das wird nicht einfach, denn diese sticht aus seinen Werken schon sehr stark heraus.
Du hast sicherlich auch einen regen Austausch zu anderen Independent Filmern, was wäre dein Geheimtipp welchem Nachwuchsregisseur wir mal unbedingt unsere Aufmerksamkeit zuteil lassen sollten?
„Viva Berlin!“ ist ein tolles Zombie-Serienprojekt von Filmstudenten aus Ludwigsburg, die ersten paar Folgen sollen glaube ich bald im Internet veröffentlicht werden. Ansonsten läuft hier auf dem Sci-Fi Film Festival in Athen auch noch „Lys“ von Krystof Zlatnik, ebenfalls Absolvent der Filmakademie in Ludwigsburg.
Und zum Ende noch ein paar Worte an die Welt…
Tod dem Tatort! Unterstützt den unabhängigen deutschen Genrefilm! 😉