INTERVIEW

HEKATE :: Dort wo die Sehnsucht, Trauer und Vergänglichkeit wartet

„Die Welt der dunklen Gärten“ hat dem langen Warten auf ein neues Album der Koblenzer Folk Band endlich ein Ende gesetzt. Meine Meinung zum Resultat könnt ihr unter der Reviews Rubrik erlesen. Was es über den Entstehungsprozess und die Einflüsse zu erzählen gibt, bzw. was sich sonst noch so alles in der Folk Szene tut, haben mir die fünf überaus sympathischen Musiker Rede und Antwort gestanden. Nehmt euch die Zeit und lest, es lohnt sich (michi)

Review: „Die Welt der dunklen Gärten“ (Folk / Neofolk)

 

Könnt ihr euch und HEKATE bitte kurz vorstellen für diejenigen, die euch noch nicht kennen?
Axel: Hekate gibt es jetzt seit 1992. Wir haben eine längere Entwicklung hinter uns. Waren unsere ersten Alben noch sehr dem Neofolk verbunden so gab es seit unserem Album „Goddess“ 2004 eine stilistische Änderung. Wir verwenden eine unterschiedliche Instrumentierung und experimentieren sehr gerne mit Sounds. Wir beschäftigen uns mit Legenden, Mythen und Sagen. Musikalisch bewegen wir uns auf den Spuren einer Folkcombo mit mittelalterlichen und elektronischen Einflüssen darüber hinaus verleugnen wir unsere Gothic-Wurzeln nicht. „Hekate“ lebt durch seinen percussiven Stil. Jörg Schwickerath und Dirk Diederich kreieren unsere typischen Hekate Drumsounds. Achim Weiler spielt die Mittelalterlichen Instrumente und entwickelt die Synthysounds. Susanne Grosche und ich steuern den Gesang dazu. Jedoch obliegt beim neuem Album der kreative Entstehungssprosses bei allen Bandmitgliedern.

Wie ist das Gefühl, nach sieben Jahren wieder ein Album zu veröffentlich? Wieso hat es so lange gedauert und was ist in der Zwischenzeit geschehen?
Achim: Wir waren die letzten sieben Jahre nicht untätig, sondern haben, neben einigen Liveauftritten, viel Zeit in das aktuelle Album und unsere musikalische Weiterentwicklung gesteckt. Wir haben uns mit verschiedenen technischen und theoretischen Dingen beschäftigt; stilistische Arbeiten, Auseinandersetzung mit verschiedenen musikalischen Kulturen, die Arbeit mit Samplern und Softwaresynths, hin zu einer Feinabstimmung unseres bisherigen Musikstiles, weg von brachialen „Hau Drauf“ Schlagwerk hin zu ausgefeilten Percussionlinien. Was für andere anscheinend zu lange gedauert hat, war für uns die passende Zeitspanne für die Produktion des neuen Albums.

 

Was steckt hinter dem Titel „Die Welt der dunklen Gärten?
Axel: Der Titel ist eine Metapher für die Welt, die zwischen Traum und Wirklichkeit entsteht. Dort wo die Sehnsucht, Trauer und Vergänglichkeit wartet.

 

Auf dem Album findet man neben euren eigenen Kompositionen auch Lyriks von klassischen Dichtern wie Lord Byron, Joseph von Eichendorff oder Hermann Löns. Was hat euch so berührt, dass diese in euren Liedern Platz gefunden haben?
Axel: Das Leben Lord Byrons hat mich schon immer fasziniert. Ein Exzentriker, Abenteurer und fantastischer Poet. Ich liebe seine Gedichte und es ist einfach fantastisch, wie sie sich auch in die heutige Zeit übertragen lassen. Joseph von Eichendorf ist für mich persönlich der Heimatdichter überhaupt. Seine Novellen und Gedichte treffen ins Herz jeden Romantikers. Die Freiheit in der Natur wird angestrebt und in der Wanderung erfahren. Das Ende der „Mondnacht“ sagt alles: „Und meine Seele spannte, weit ihre Flügel aus flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus“. Hermann Löns wurde eher wegen dem von uns vertonten Gedicht verwendet.

 

Welches Stück ist euer persönlicher Favorit auf dem Album?
Jörg: Haha, frage 5 Hekate Mitglieder und Du wirst 5 verschiedene Antworten erhalten (oder mehr!!!). Jetzt im Ernst, die Frage ist so nicht zu beantworten, da der Musikgeschmack von uns fünfen doch recht unterschiedlich ist und zudem eine sehr große Bandbreite aufweist, auch im musikalischen Schaffen bei Hekate. Ich sehe jedenfalls keinen gemeinsamen Favoriten der Cd in der Band, wenn wir live spielen ist das nochmal was anderes……..!

 

Eure Musik wandelt sehr stark durch die Genres, vom Folk, Mittelalter über Klassik bis hin zu Orientalen mystischen Klängen, was inspiriert oder bestimmt die Auswahl der Instrumente oder Musik im Allgemeinen?
Jörg: Auch auf die Gefahr hin abgehoben zu klingen, würde ich sagen: die Inspiration selbst. Ich glaube, Fragen des Musikstils oder der Instrumentierung folgen ganz natürlich der musikalischen Idee, die dem werdenden Stück zugrunde liegt. Unabhängig vom Stil oder Genre muss die Musik inhaltlich der Natur von Hekate entsprechen, dann wird der momentan von uns praktizierte Stilmix (wenn man so will!!!) möglich und im Idealfall sogar zum eigenen Stil. Natürlich lassen wir uns aber auch gerne von guter Musik inspirieren……..

 

Was würdet ihr sagen, ist die perfekte Stimmung oder Situation, um eure Musik richtig genießen zu können? Ist ja nicht die typische Musik zum Autofahren, was bei mir fast die einzige Zeit ist, in der ich es noch schaffe, Musik zu hören? Da braucht man schon mehr Ruhe und Aufmerksamkeit, oder?
Susi: Im Auto höre ich unsere Platte – aus von Dir geschilderten Gründen – auch am meisten. Je nach Jahreszeit, Wetterstimmung oder landschaftlicher Kulisse kann dabei eine sehr treffende Stimmung entstehen! Perfekt? Für mich entweder in der Natur, oder, richtig schön kitschig und klischeehaft bei dramatischen Kerzenlicht vorm Kaminfeuer!

Wonach richtet es sich eigentlich, in welcher Sprache ein Stück letztendlich gesungen wird? Ihr habt dieses Mal ja wieder sehr viele Sprachen verwendet!
Susi: Die Wahl der Sprache hat viel mit der Geschichte und dem Charakter des Liedes zu tun. Für unsere „Anaïs Nin“ liegt Französisch ja irgendwie auf der Hand, elegant, ein bisschen erotisch… Der Klang der Sprache ist also auch entscheidend. Unser irisch anmutendes Stück „The Present Day“ wäre in Italienisch ein bisschen albern geworden. Aber Texte in Schwedisch, Rätoromanisch oder Kisuaheli wird es aufgrund polyglotter Schranken nicht geben!

 

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Patrik von ROME? Was sagt ihr zu seiner eigenen Musik mit ROME?
Dirk: Ich glaube, Axel hat Patrick während einiger Konzerte von ORDO ROSARIO EQUILIBRIO kennen gelernt und dabei erfahren, dass er ein Tonstudio betreibt. Wir haben uns sehr gefreut, dass er Zeit gefunden hat, unsere fertig aufgenommenen Stück zu mixen. Somit waren wir eine Woche bei ihm und ich kann mich nur nochmal für seine tolle Arbeit bedanken. Patrick wird im Internet manchmal als Produzent erwähnt. Das ist natürlich falsch.

 

Was sagt ihr zu seiner eigenen Musik mit ROME?
Dirk: Für mich ist die Musik von ROME sehr gefühlvoll und technisch perfekt umgesetzt. Die beiden Künstler haben nicht ohne Grund diesen Stellenwert in der Szene.
Achim: Wir haben Patrick bei einem Konzert in Bukarest kennen gelernt und Axel kannte einige der ROME Produktionen. Nachdem wir unsere Aufnahmen in meinem Studio beendet hatten, sind wir ein paar Tage zu Patrick ins Studio eingezogen. Er hat die Lieder in erster Linie abgemischt. Unabhängig von seiner Mitwirkung in diversen bekannten Projekten, schätzen wir in erster Linie sein musikalisches Gespür für Details und sein Verständnis, eine Produktion wie unsere technisch zu verfeinern. Das war für uns ausschlaggebend für die Zusammenarbeit in der dieser letzten Phase.

 

Was gibt es zu dem Layout vom neuen Album zu erzählen?
Axel: Dirk und ich haben uns ja um die Gestaltung gekümmert. Zu Karl Wilhelm Diefenbach (1851-1913) haben wir ja schon einen Bezug, da er in der Nähe von Koblenz aufgewachsen ist, in Hadamar. Wir verwenden Ausschnitte aus seinem Schatten Fries „Per aspera ad astra“ im Booklet inneren. Erst einmal war ich auf der Suche nach einer Alternative zu den grenzenlos überladen Bildern der „Präraffaeliten Epoche“, die wir auch bei der „Goddess“ verwendet haben. Gerade Karl Diefenbach´s Bilder erscheinen mir verträumter, sehnsuchtsvoller, wesentlicher. Als ich, nachdem wir den Schattenfries verwendet hatten, das Cover Motiv gefunden haben, hat mich dieses Bild sofort verzaubert, Ich habe es Dirk gezeigt, der auch sofort begeistert war. Dieser Elfentanz am Meer verkörpert diese Nebelhafte, verzauberte Welt, die man sich wohl auch bei dunklen Gärten vorstellt, nicht greifbar.

 

Ihr werdet ja unter anderem auch als Neofolk Band bezeichnet. Wie geht ihr mit der Tatsache um, dass sich viele Bands dieses Genres oft zweifelhaften politischen Vorwürfen aussetzen lassen müssen? Wieso wird Naturverbundenheit und Heimatliebe in Deutschland immer kritisch gesehen?
Axel: Ich habe mir in all den Jahren sehr den Kopf darum zerbrochen und bin oftmals nicht weitergekommen mit möglichen Erklärungen. Ich denke heute ganz klar, dass es etwas mit unserer Erziehung und der Entwicklung in unserem Land zu tun hat. Leider scheinen Künstler, die sich mit Mythen und Legenden auseinandersetzen, für viele suspekt und anachronistisch. Sehr schade und traurig, nichts desto trotz finde ich es wichtig, da gerade diese Aspekte so wichtig sind und nicht in Vergessenheit geraten sollten. Dennoch kann ich teilweise die Aufregung verstehen, es gibt immer wieder Bands des Genres, die immer noch mit zweifelhaften Symbolen, martialischen gehabe und platten Botschaften spielen, die gibt es zwar übergreifend in der gesamten Gothic-Szene, aber gerade im Neofolk Bereich fallen diese besonders auf, da dieser Bereich doch sehr unter Beobachtung steht. In den 80er Jahren bei verschiedenen Industrial Combos war das vielleicht noch nachvollziehbar, heute wirkt es stark albern und pubertär. Aber ehrlich juckt es mich nicht mehr. Mittlerweile machen wir unser Kunst sehr frei, ohne uns an ein bestimmtes Genre zu halten. Unsere Musik sollte etwas haben, was Menschen verbindet und anspricht, vielleicht verbindet es Menschen mit der gleichen freiheitlichen Geisteshaltung und regt den einzelnen zum Nachdenken an, dabei spielt es nun wirklich keine Rolle aus welchem Kulturkreis der einzelne kommt, welche Hautfarbe oder Religion der einzelne Hörer hat, das ist wichtig, alles andere Nonsens!

 

Nach so einer schwierigen Frage noch Mal was einfacheres… habt ihr ein paar Künstler oder Bands, die ihr uns empfehlen könnt? Wen müssen wir uns unbedingt mal anhören?
Dirk: Porcupine Tree,
Axel: Das letzte Agalloch Album „Marrow of the spirit“ und Popul Vuh „Letzte Tage und Letzte Nächte“ ein sehr geniales Album von 1976,
Jörg: Triangulation by Scuba (ich liebe es!!!) und alles von Shackleton

 

Was können wir von euch live in der nächsten Zeit erwarten?
Dirk: Genau, jetzt ist die Arbeit im Studio vorbei, somit geht’s zurück in den Proberaum. Wir freuen uns sehr auf zukünftige Konzerte. Es gibt auch schon einige Anfragen aus den In- und Ausland. Was Konkretes können wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Wir werden euch aber über unsere Website (www.hekate.info) auf dem Laufenden halten.

Ok, vielen Dank für eure lieben Antworten, viel Erfolg mit dem neuen Album und darauf dass es in dieser schnelllebigen Zeit immer Menschen wie euch gibt ,die solch musikalische Kunstwerke erschaffen!
Wir haben zu danken, viele liebe Grüße von den Hekate´s..